Kein negativer Test – keine UntersuchungTrotz Genesung positiv: Patient muss auf wichtige Analysen verzichten

Kein negativer Test – keine Untersuchung / Trotz Genesung positiv: Patient muss auf wichtige Analysen verzichten
Bei invasiver Diagnostik muss der Patient aktuell einen negativen Covid-Test vorlegen. Ansonsten wird der Eingriff verschoben. Das gilt für Operationen und andere invasive Eingriffe wie etwa eine Darmspiegelung. Foto: dpa/Marijan Murat

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Ein positiver Test führt zwangsläufig zur Quarantäne. Der Großteil der Patienten wird nach einer Ansteckung auch wieder vollkommen gesund. In einigen seltenen Fällen aber kann sogar nach der Genesung wieder ein positives Testresultat vorliegen, auch wenn die Person nicht mehr ansteckend ist. Für die Betroffenen höchstens ein kleines Ärgernis. Es sei denn, sie sind auf medizinische Eingriffe angewiesen, die wegen des positiven Testverlaufs ausgesetzt werden.

Nein, Bauchschmerzen hatte er eigentlich nie, sagt L. ganz aufgeregt am Telefon. Diese seien erst Ende August, Anfang September aufgetaucht. Plötzlich habe er auch keinen regelmäßigen Stuhlgang mehr gehabt. „Etwas, das bisher auch noch nie vorgekommen ist“, so der Familienvater weiter. So richtige Sorgen aber habe er sich erst gemacht, als er Blut in seinem Stuhlgang entdeckt habe. „Ich habe sofort den Hausarzt verständigt. Der hat mir unverzüglich eine Darmspiegelung verordnet, mitsamt Blutanalyse“, fährt der Mann fort.

Der Familienvater ist aufgeregt, nervös, „ja, sogar richtig wütend“, wie er selbst im Gespräch mit dem Tageblatt zugibt. Die ersten Probleme nämlich hatte er Ende August festgestellt. Mittlerweile ist fast Weihnachten und zur Darmspiegelung wurde er immer noch nicht zugelassen. Wegen eines erneut positiven Covid-19-Tests. „Und das obschon ich nicht mehr ansteckend bin“, so der aufgebrachte Mann.

Kein negativer Test, keine Analyse

Doch der Reihe nach: Eigentlich sollte L. Ende Oktober zur Koloskopie. Doch war der damit einhergehende Covid-Test kurz zuvor positiv ausgefallen. L. hatte sich womöglich bei einem Mitarbeiter angesteckt, schlimme Symptome hatte er aber keine. „Ich habe mich wie vorgesehen bis zum 7. November in Quarantäne begeben und bin erst danach wieder zur Arbeit gegangen“, erinnert sich der Betroffene. Die Koloskopie war auf den 11. Dezember verlegt worden.

Zwei Tage davor – am 9. Dezember – muss sich L. erneut einem Covid-Test unterziehen. Und der fällt wieder positiv aus. „Ich habe im Krankenhaus angerufen, wo keiner so recht wusste, wie es weitergehen sollte. In der Praxis meines Hausarztes habe ich dann aber erfahren, dass es durchaus möglich sei, dass das Virus noch mehrere Wochen lang nachgewiesen werden kann. Und das obschon man nicht mehr ansteckend ist“, erklärt der Betroffene.

Im Krankenhaus aber winken die Experten ab: kein negatives Test-Ergebnis, keine Darmspiegelung! Die Quarantäne lag zu diesem Zeitpunkt bereits einen Monat zurück. Er sei seit Wochen nicht mehr ansteckend. „Das haben mir mehrere Ärzte und einige Seiten im Internet bestätigt“, erklärt L. Dennoch wurde die Darmspiegelung erneut verschoben, dieses Mal auf den 14. Januar. „Mit einem weiteren Test zwei Tage davor. Was, wenn dieser erneut positiv ausfällt?“, grämt sich der Familienvater jetzt schon. „Dann geht das Ganze wieder von vorne los.“

Er sorge sich um die eigene Gesundheit, könne aber nichts dagegen unternehmen. „Mir sind die Hände gebunden. Was, wenn ich jetzt wirklich krank bin, doch niemand mich behandeln will?“, so L., dessen Sohn einen seltenen Knochenkrebs vor Jahren nur knapp besiegen konnte. „Das ist einfach nicht in Ordnung“, betont der Betroffene. Er habe zwar Verständnis für die aktuelle Situation, doch sei die Wissenschaft auf seiner Seite. „Es müsste doch möglich sein, mich dennoch zu untersuchen. Etwa mit weiteren Sicherheitsmaßnahmen. Ich habe wirklich Angst, dass wertvolle Zeit verstreicht.“

Wenn alle Stricke reißen

Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums hat durchaus Verständnis für die Sorgen des Betroffenen. Es sei bekannt, dass Tests auch Wochen nach der Genesung noch positiv ausfallen könnten. Aus diesem Grund habe man auch der Praxis mancher Arbeitgeber einen Riegel vorgeschoben, nach der Quarantäne eines Mitarbeiters einen negativen Covid-Test zu verlangen, bevor dieser wieder zur Arbeit zugelassen wird. „Das ergibt keinen Sinn, weil durchaus die Möglichkeit besteht, dass der Test weiter positiv ausfällt“, so die Sprecherin. Dabei sei man nach zehn Tagen in der Regel nicht mehr ansteckend. „Nur das sollte gegenüber dem Arbeitgeber zählen.“

Im Fall des Herrn L. bestehe auch eine Möglichkeit, einzugreifen. Dafür aber müsste sich der Betroffene an den Beschwerdedienst des Gesundheitsministeriums wenden. Dieser wurde ins Leben gerufen, um bei ähnlichen Vorkommnissen zu vermitteln. So wollten etwa nach Schließung der deutschen Grenze verschiedene deutsche Privatkrankenhäuser keine Patienten ohne negativen Covid-Test mehr aufnehmen, die zuvor in Luxemburg behandelt wurden.

Auch wenn der Beschwerdedienst durchaus in der Lage sei, zu vermitteln, rät die Sprecherin des Gesundheitsministeriums den Betroffenen in erster Linie dazu, mit dem behandelnden Arzt zu sprechen oder gegebenenfalls auch mit der Krankenhausdirektion. Im direkten Gespräch lasse sich eher eine Lösung ausarbeiten als über den Weg einer Beschwerdekommission. „Diese muss ja auch erst ein Dossier anlegen und verschiedene Informationen anfragen. In dem Fall geht es vielleicht schneller, direkt mit den Betroffenen zu reden“, so die Sprecherin. Wenn aber alle Stricke reißen, stehe der Beschwerdedienst immer noch zur Verfügung. 

Nach 24 Tagen immer noch positiv

Tatsächlich deuten Erkenntnisse einer Studie, die von chinesischen Wissenschaftlern durchgeführt wurde, darauf hin, dass Covid-19 auch nach einer offiziell bestätigten Genesung noch wochenlang im Körper verbleiben kann. Laut einem Mitte Mai erschienenen Bericht seien alle in der Studie berücksichtigten Covid-19-Patienten noch vor dem 27. Februar aus einem Krankenhaus in der chinesischen Stadt Loudi entlassen worden. Sie galten zu diesem Zeitpunkt als genesen, hatten keine Symptome, keine radiologischen Befunde und wurden bei Schnelltests gleich zweimal negativ getestet. Dennoch wurden zwei dieser Patienten danach wegen typischer Covid-Symptome erneut ins Krankenhaus eingeliefert. Das Testergebnis fiel bei beiden plötzlich wieder positiv aus.

Dass sich die Genesenen zu Hause erneut angesteckt hatten, schlossen die chinesischen Experten aber aus, da sich die Patienten zunächst weiter isolieren sollten und es lokal nur sehr wenige Covid-Fälle gab. Anlass genug, um von weiteren 58 bereits als genesen geltenden Patienten erneut Abstrichproben zu entnehmen. „Um die potenzielle Viruspersistenz zu bewerten“, wie es in der Studie heißt. In anderen Worten: Die Wissenschaftler wollten feststellen, ob der Erreger auch nach dem Ausheilen der Krankheit im Körper des Menschen verweilt und gegebenenfalls noch ausgeschieden wird.

Das Ergebnis: Zehn der 60 Patienten wurden zwischen vier und 24 Tagen nach Entlassung noch positiv auf Covid-19 getestet. Acht von den positiv getesteten Personen verspürten keinerlei klinische Symptome, zwei fielen mit gelegentlichem Husten auf, litten aber auch unter mehreren Grunderkrankungen. Laut Studie sei das Virus bei einem der Patienten mit Husten sogar 56 Tage nach Krankheitsbeginn noch im Magen-Darm-Trakt und im Rachen nachgewiesen worden. Das deute darauf hin, dass der Patient das Virus in diesem Zeitraum auch in der Umwelt freigesetzt haben könnte.

Je höher der Ct-Wert …

Inzwischen weist auch das Robert-Koch-Institut (RKI) darauf hin, dass Infizierte „noch Wochen nach dem Symptombeginn“ positiv getestet werden können. Die US-amerikanischen „Centers for Disease Control“ berichten sogar, dass Menschen noch drei Monate nach ihrer Genesung „niedrige Virenlevel“ im Körper haben können. „Dass diese positiven Test-Ergebnisse bei genesenen Patienten nicht mit Ansteckungsfähigkeit gleichzusetzen ist, wurde in mehreren Analysen gezeigt“, schreibt das RKI.

Ein positiver Schnelltest sagt demnach nur bedingt etwas darüber aus, ob der Patient noch ansteckend ist oder nicht. Das zeigt vielmehr der sogenannte Ct-Wert. Dieser Laborwert gibt an, wie viele Zyklen ein sogenannter PCR-Test (der gängige Schnelltest) durchlaufen musste, um ein positives Ergebnis zu zeigen. Je höher dieser Wert, desto weniger Virusmenge ist vorhanden. Bei Proben mit viel Virusmaterial schlägt der Text in der Regel schon nach 15 Ct-Runden ab. Ab etwa 30 Runden findet sich eigentlich kein Virus mehr, das vermehrungsfähig wäre. Der Ct-Wert ist deshalb laut RKI ein Wert, der „für die Verkürzung der Isolierungsdauer“ durchaus von Belang sein könnte.

Im Fall des Herrn L. hätte der Ct-Wert durchaus weiterhelfen können. Je nach Resultat hätte es medizinischen Erkenntnissen zufolge keinen Grund dafür gegeben, L. weiter von den Analysen auszuschließen. Ob der Ct-Wert aber generell bei solchen Fällen in Luxemburg herangezogen wird, konnte das Gesundheitsamt nicht sagen. L. kann es egal sein: Auch wenn Experten nicht davon ausgehen, dass er noch hochinfektiös ist, muss sich der Familienvater weiter in Geduld üben und auf den nächsten Termin warten. „Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass ich unter einer schweren Krankheit leide und jede Hilfe zu spät kommt …“, so L. „Das ist einfach nicht in Ordnung.“

LPM
22. Dezember 2020 - 22.34

@ Dr. Braun: 8 Jahre waren in dem Fall dann wohl nicht ausreichend. Hatte am Telefon von diffusen Symptomen seit nunmehr zwei Monaten geklagt, nachdem ich Mitte Oktober eine ziemlich heftige Episode mit Fieber und Corona-ähnlichen Symptomen hatte. Die Antwort war kurz und knapp. Nein, ich müsse einen PCR-Test machen. Auch wenn das nun zwei Monate zurückliege. Ich könne auf eigene Kosten auch einen Antikörper-Test machen lassen. Gerade eben kam das Resultat des Labo. PCR negativ, Antikörper klar positiv. Frage an den Experten. (Eine Zweitmeinung soll ja nie schaden.) Sind Fälle bekannt von Patienten, die nach einer Coronainfektion noch zwei Monate ansteckend waren?

Dr. Braun
22. Dezember 2020 - 15.12

@LPM "47, 30 EUR für so ein Telefonat von 90-120 Sekunden empfinde ich persönlich als Frechheit und Bereicherung auf Kosten der CNS." Es sind nicht die 2 Minuten für die Sie zahlen, es sind die 8 Jahre Ausbildung um das Richtige am Telefon zu sagen.

LPM
22. Dezember 2020 - 12.01

Es gibt auch Allgemeinärzte die bei der Terminanfrage am Telefon erstmal einen PCR-Test verschreiben und dafür eine "Telekonsultation" verrechnen bevor der Patient - bei negativem Ergebnis - am zweiten oder dritten Tag dann einen "richtigen" Behandlungstermin bekommt. Der wird dann natürlich nochmals verrechnet. 47, 30 EUR für so ein Telefonat von 90-120 Sekunden empfinde ich persönlich als Frechheit und Bereicherung auf Kosten der CNS.

DanV
22. Dezember 2020 - 11.56

Non-assistance à personne en danger ...

Staerchen
22. Dezember 2020 - 9.39

Ech hoffen et liest elo ee Medeziner daat hei an hëlleft dem Mann!!!

titi
22. Dezember 2020 - 9.18

Das sind die berühmt befürchteten Kollateralschäden. Wieviele Patienten wohl dadurch sterben?