EU-StaatenÖlembargo gegen Russland wird konkreter: Minister diskutierten über Versorgungssicherheit

EU-Staaten / Ölembargo gegen Russland wird konkreter: Minister diskutierten über Versorgungssicherheit
Eine Ölraffinerie von Gazprom im Südosten von Moskau Foto: AFP/Natalia Kolesnikova

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Ein Ölembargo der EU-Staaten gegenüber Russland wird immer konkreter. Bei einer Sondertagung der EU-Energieminister hingegen stand vorerst die Gasversorgung in der EU im Mittelpunkt.

Der vergangene Woche von Russland verhängte Gas-Lieferstopp gegenüber Polen und Ungarn hat die EU-Staaten aufgeschreckt. Denn einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien, Tschechien und Ungarn, sind in hohem Maße von Gaslieferungen aus Russland abhängig. Auch wenn derzeit die Bemühungen, Alternativen zu russischen Gas- aber auch Ölimporten zu finden, auf Hochtouren laufen, sind diese Länder auf die Lieferungen aus Russland angewiesen, wenn es zu keinen ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen soll. Parallel dazu wächst jedoch der Druck, sich von russischen Energielieferungen zu befreien und ein Embargo gegen diese zu verhängen, um der Kremlführung Einnahmen zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine zu entziehen.

Im Raum steht vorerst ein Ölembargo, das neben anderen Maßnahmen Teil eines sechsten Sanktionspakets gegen Russland sein soll, welches Medienberichten zufolge an diesem Dienstag von der EU-Kommission vorgeschlagen werden soll. Eine Einigung dazu werde es beim Sondertreffen keine geben, sagte der luxemburgische Energieminister Claude Turmes noch vor der Sitzung. Das Thema stehe nicht einmal zur Debatte, erklärte die französische Ministerin für die ökologische Transition und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Barbara Pompili, die das Treffen kurzfristig wegen des russischen Lieferstopps einberufen hatte.

Dennoch scheint Bewegung in die Diskussionen über ein russisches Ölembargo zu kommen. Deutschland zeigt sich jetzt dazu bereit. Das Land habe seine Ölabhängigkeit von Russland in den vergangenen Wochen „deutlich reduziert“, wie der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck gestern in Brüssel erklärte. Polen und die baltischen Staaten drängen ohnehin auf ein Ende russischer Energielieferungen. Ungarn hingegen droht mit einem Veto gegen ein Embargo. „Um es klar und deutlich zu sagen: Wir werden Sanktionen (in Hinblick auf Öl- und Gaslieferungen) niemals unterstützen“, zitiert die Zeitung Der Tagesspiegel den Stabschef des ungarischen Regierungschefs, Gergely Gulyas, der sich entsprechend am Sonntagabend im regierungsnahen Fernsehsender Hir TV geäußert haben soll. Da die Sanktionen jedoch einstimmig beschlossen werden müssen, werden die Diskussionen dazu in den kommenden Wochen intensiviert werden. Ungarn habe sich bislang „konstruktiv“ gezeigt und beteilige sich an der Diskussion, versuchte Barbara Pompili gestern zu beschwichtigen. Möglicherweise wird der ungarische Regierungschef Viktor Orban das Thema beim kommenden EU-Gipfel Ende Mai besprechen wollen. Der Ungarn steht dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe.

Befürchtet wird allerdings, dass ein Ölembargo der EU gegen Russland die Treibstoffpreise noch weiter in die Höhe treiben und damit, trotz rückläufiger Absätze, die erhofften negativen Auswirkungen auf die Kriegskasse des Kremls ausbleiben würden. Claude Turmes schlug daher gestern in Brüssel eine EU-weite Energiespar-Kampagne vor. Diese könnte dazu beitragen, dass die Ölpreise, wenn auch nicht nach unten revidiert, so doch zumindest stabilisiert werden könnten, meinte der luxemburgische Energieminister.

Derzeit keine Risiken für Versorgungssicherheit

Zwar können sich die EU-Staaten in einem relativ kurzen Zeitraum aus der russischen Ölabhängigkeit befreien, ist das beim Gas schwieriger. Das gestrige Treffen der EU-Energieminister diente denn auch dazu, sich der gegenseitigen Solidarität bei der Energieversorgung zu versichern. Die EU-Botschafter der 27 könnten sich bereits kommende Woche auf neue Regeln für die Speicherung von Gas einigen, sagte Turmes. Diese sehen vor, dass alle EU-Staaten sich dazu verpflichten, ihre Gasspeicher bis zum Ende des Jahres auf 80 Prozent, darüber hinaus auf 90 Prozent ihrer Kapazitäten zu füllen. Derzeit seien die Gasspeicher in Europa bis zu 32 Prozent gefüllt, Tendenz steigend, sagte die EU-Energiekommissarin Kadri Simson.

Sie versicherte, dass es derzeit „keine unmittelbaren Risiken für die europäische Versorgungssicherheit“ gebe. Die Lieferungen für Polen und Bulgarien würden über alternative Wege über Deutschland und Griechenland erfolgen. Am Sonntag sei zudem ein Gas-Interkonnektionsprojekt zwischen Litauen und Polen in Betrieb genommen worden. Allerdings würden die Gaslieferungen über die Ukraine sowie die Jamal-Leitung, über die Polen versorgt wurde, zurückgehen. Alternative Routen seien an ihrer maximalen Kapazität angelangt, so Kadri Simson weiter. LNG-Gas, Flüssiggas also, sei vergangene Woche in einer Rekordmenge von 400 Millionen Kubikmeter pro Tag angeliefert worden. Allerdings könnten die 155 Milliarden Kubikmeter an russischem Erdgas nicht durch andere Lieferungen ersetzt werden, gab Kadri Simson zu bedenken. Sollte auch in den kommenden Wochen ein Ölembargo gegen Russland zustande kommen, von einem Gasembargo sind die EU-Staaten wohl noch weit entfernt.