Nur noch kurz die Welt retten: Luxemburgs Einsatz im All könnte sich nicht nur finanziell lohnen

Nur noch kurz die Welt retten: Luxemburgs Einsatz im All könnte sich nicht nur finanziell lohnen

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Asteroiden haben keinen allzu guten Ruf – nicht nur unter Dinosauriern: Ihre Zerstörungskraft hat auch schon den modernen Menschen erschreckt – zum Beispiel vor 101 Jahren über dem sibirischen Fluss Tunguska. Zum Jahrestag wird auch in Luxemburg wieder der Asteroid Day begangen.

Triff einen Astronauten!

Anlässlich des Asteroid Day gibt es heute (29.6.) die Möglichkeit, waschechte Astronauten (und einen Kosmonauten) zu treffen: Von 13.30 bis 15.30 Uhr dürfen Kinder und natürlich auch Erwachsene im Cercle Cité in Luxemburg-Stadt den Weltraumforschern Löcher in den Raumanzug fragen.

Außerdem gibt es einen Workshop, bei dem man ein Teleskop bauen kann, ein Planetarium des Luxembourg Science Center bringt die Sterne ins Haus und die Satellitenfirma SES ist ebenfalls mit einem Stand für Kinder vertreten. Der Eintritt ist frei.

(Im Foto: Apollo-9-Astronaut Rusty Schweikhart mit Hayden, dem Botschafter der esa für die HERA-Mission.)

Die mutmaßliche Explosion eines wohl um die 50 Meter großen Asteroiden in etwa 10 Kilometern Höhe wurde zwar nur von wenigen Augenzeugen beobachtet – doch noch in 500 Kilometern Entfernung war ein Feuerschein zu sehen und auf einem Gebiet von über 2.000 Quadratmetern Größe sind geschätzte 60 Millionen Bäume umgeknickt. Noch in der 65 Kilometer entfernten Siedlung Wanawara wurden Fenster und Türen eingedrückt, die Druckwelle raste mehrfach um die Erde und war 30 Stunden später noch messbar. Nur die Abgeschiedenheit des Ereignisorts – erste Expeditionen erreichten ihn erst Jahre später – hat wohl dafür gesorgt, dass es wahrscheinlich keine menschlichen Opfer gegeben hat.

Doch es hätte auch ganz anders kommen können: „Wäre das nur ein paar Stunden später passiert, hätte auch Mitteleuropa betroffen sein können“, sagt der deutsche Astronaut Reinhold Ewald am Donnerstag im Arendt House auf Kirchberg. Dort läutet er zusammen mit anderen Raumfahrern, Wissenschaftlern und weiteren Experten die Veranstaltungsreihe zum diesjährigen, fünften „Asteroid Day“ ein. Dieser soll wieder weltweit auf die Gefahr aus dem All aufmerksam machen – und auf die Notwendigkeit, sich langfristig dagegen zu wappnen.

Nicht nur schwarzsehen

Weil aber die Beschäftigung mit der ständig drohenden Apokalypse aus dem All wenig erbaulich wäre, verbindet der Asteroid Day diese Thematik mit der allgemeinen Faszination für Raumfahrt und Wissenschaft: Weltweit gibt es Vorträge und Workshops zum Thema. Dass Luxemburg das Hauptquartier der weltweiten Aktivitäten ist, ist naheliegend: Schließlich hat man hier „gelernt, Asteroiden auch als etwas Positives zu sehen, nämlich als Träger von Ressourcen, die man bei der weiteren Erforschung des Weltraums nutzen könnte“, wie Georges Schmit von der Luxemburger Asteroid Foundation am Donnerstag in Luxemburg erklärt.

Und auch Marc Serres, Chef der Luxemburger Weltraumagentur, wirbt dafür, Asteroiden nicht nur als brutale Zerstörer zu sehen: Schließlich fielen jedes Jahr 20.000-80.000 Meteorite, die schwerer als zehn Gramm sind, auf die Erde – und brächten so enormen Ressourcenreichtum auf die Oberfläche.

Die notwendigen Techniken, um auf Asteroiden zu schürfen, also etwa die genaue Beobachtung und die Fähigkeit zur Landung, sind auch nützlich, wenn man etwa vorhat, einen solchen Brocken von einem fatalen Kurs abzubringen. Auf Kirchberg skizziert ESA-Astronaut Ewald das Projekt AIDA, das gemeinsam mit der NASA durchgeführt wird: Dabei soll zunächst eine amerikanische Sonde („Dart“) auf dem Doppel-Asteroiden Didymos einschlagen, wonach eine europäische Sonde („Hera“) den entstandenen Krater erkundet – und prüft, wie sehr das Asteroiden-Gespann aus seiner Bahn gedrückt wurde.

Realität gegen Statistik

Manche mögen solche Unternehmungen für Geldverschwendung halten – schließlich soll ein Ereignis wie das von Tunguska nur etwa alle 1.000 Jahre passieren. Aber leider hält sich die Realität nicht immer an Statistiken. In einem Impulsvortrag erklärt der US-Physiker Mark Boslough etwa aktuelle Theorien, nach denen jährlich (und aktuell sehr stark) auftretende Schwärme von Meteoren („Tauriden“) die Wahrscheinlichkeit für einen großen Einschlag kurzzeitig enorm in die Höhe schrauben könnten. Boslough hat auch dazu geforscht, wie heftig sich sogar ein kleinerer „Airburst“ eines Asteroiden über einer Metropole wie New York auswirken würde: Millionen Tote wären dann leicht denkbar.

Der Forscher Patrick Michel (Foto) kann zwar beruhigen: Fast alle „erdnahen Objekte“, die größer als einen Kilometer sind, seien auf absehbare Zeit identifiziert. Doch jetzt müssten alle Brocken gefunden werden, die größer als 140 Meter sind – und das sei immerhin erst die Schwelle, ab der eine globale Katastrophe zu befürchten ist. „Das dürften etwa 10.000 Stück sein“, sagt der Franzose – und dass eine Suche vom Boden aus Jahrzehnte dauern würde. Sinnvoller sei es darum, aus dem All danach zu schauen: Dann sei man wohl „nach mehreren Jahren“ damit fertig.

Die Technik, die dazu notwendig ist, muss nicht zwangsläufig von den großen Weltraumnationen wie den USA oder Russland stammen: Auch Luxemburg kann einen großen Beitrag dazu leisten – und könnte so vielleicht gar das Überleben der Menschheit sichern.


Der Rockstar und der Aktivist

Der Asteroidentag, an dem jährlich über Asteroiden, mögliche Risiken und mögliche Abwehrmaßnahmen informiert wird, ist von einem recht ungewöhnlichen Duo ins Leben gerufen worden: Der deutsche Filmemacher und Aktivist Grigorij Richters hat sich hierfür mit dem Queen-Gitarristen Brian May zusammengetan, der nach 35 Jahren Karriere als Musiker wieder zur Uni gegangen ist, um seine Doktorarbeit zu beenden – erfolgreich. Der frisch gebackene Astrophysiker Dr. May und der 32-jährige deutsche Aktivist haben dann erst mehr als 100 Astronauten, Wissenschaftler, Ingenieure und Künstler für ihre Idee des Asteroid Day begeistert und ihn 2015 etabliert. Letztlich überzeugte der rumänische Astronaut Dorin Prunariu als Vertreter der Association of Space Explorers auch die Vollversammlung der UNO: Seit 2017 ist der 30. Juni, der Jahrestag des Tunguska-Ereignisses, ganz offiziell ein weltweiter Aktionstag.

(Foto: Grigorij87, 51 Degrees Composer and Queen guitarist Brian May with director Grigorij Richters outside Sarm Studios after a recording session., CC BY-SA 3.0)

Welche Folgen der Einschlag eines Asteroiden in eine Großstadt haben würde, zeigt der Film „51 Degrees North“ von Grigorij Richters, zu dem Brian May die Musik beigesteuert hat:

51 Degrees North – Full movie, free. from Asteroid Day on Vimeo.

 


Frank Goebel
30. Juni 2019 - 15.08

Genau genommen nutzen wir das "kaputt gegangene" trotzdem – zum Beispiel Iridium, das etwa in Zündkerzen genutzt wird. Wahrscheinlich stammt fast alles Iridium, das es auf der Erde gibt, aus dem Asteroideneinschlag, der auch die Dinosaurier ausgerottet hat. Beste Grüße Frank Goebel

Jacques Zeyen
29. Juni 2019 - 12.17

Schade dass die Dinger kaputt gehen wenn sie hier landen.Dann bräuchten wir nicht kostspielige Einsätze zu fliegen um ein paar Kilo von "Irgendwas" zur Erde zu bringen.