Koalitionsvertrag„Nichts Gutes“ für die Medien – Journalisten bemängeln fehlende Erwähnung des Informationszugangs

Koalitionsvertrag / „Nichts Gutes“ für die Medien – Journalisten bemängeln fehlende Erwähnung des Informationszugangs
Verschlossene Türen statt offene Fenster: Bei einer Demonstration für den Informationszugang hängten Journalisten 2021 Ketten vor das Tor des Staatsministeriums  Foto: Editpress-Archiv/Hervé Montaigu

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Seit der Ära Juncker kämpfen Luxemburger Journalisten für ein Recht auf Zugang zu Informationen von Behörden. Noch in diesem Sommer sicherte es ihnen der damalige Premier Xavier Bettel erneut zu. Im Koalitionsvertrag findet es jedoch keine Erwähnung.

Der Koalitionsvertrag zwischen CSV und DP verliert über die Presse nicht allzu viele Worte. 216 sind es, um genau zu sein – von insgesamt 66.359. Die neue Regierung wolle die „offene und transparente“ Kommunikation fortführen, heißt es. Es folgt ein Ansatz über die Pressehilfe, die neu evaluiert werden soll, und ein Absatz über den beruflichen Status der Journalisten. Nach zwei Allgemeinplätzen darüber, dass der Journalist an sich eine schützenswerte Art sei, schweift das Papier weiter zu digitalen Radiofrequenzen, barrierefreiem Informationszugang und zur Kinoindustrie.

Wichtiger als das, was in dem Abkommen erwähnt wird, ist für Roger Infalt und Luc Caregari das, was eben nicht drin steht: das in Luxemburg lange geforderte Informationszugangsrecht für Journalisten. Infalt und Caregari engagieren sich beide sowohl beim Luxemburger Presserat als auch beim Journalistenverband ALJP. Ein Informationszugangsrecht fordern sie seit der Regierung Juncker/Asselborn 1.

„Im Abkommen sind zu den Medien ja nur zwei, drei Abschnitte – und eigentlich steht nicht viel drin“, sagt Roger Infalt. „Das ärgert mich ein bisschen.“ Vor allem ärgert er sich eben darüber, dass „keine einzige Zeile über das Informationszugangsrecht verloren wurde“. Das Zugangsrecht bedeutet, dass eine rechtliche Grundlage für Journalisten geschaffen wird, um Informationen von Behörden, Ministerien, Verwaltungen zu erhalten. Zwar gab es mit der Zeit mehrere Rundschreiben von Außen- und Medienministern an die staatlichen Verwaltungen – aber eben kein Gesetz, das eine Auskunftspflicht gegenüber Journalisten klar regelt. – Ein Gesetz, das es in anderen Ländern der Europäischen Union schon lange gibt.

Willkür der Behörden

Roger Infalt ist Präsident des Luxemburger Presserats und hat lange Zeit beim Tageblatt als Journalist gearbeitet
Roger Infalt ist Präsident des Luxemburger Presserats und hat lange Zeit beim Tageblatt als Journalist gearbeitet Foto: Editpress-Archiv/Hervé Montaigu

„Als Journalisten brauchen wir ein gesetzlich verankertes Informationszugangsrecht, damit wir uns auf etwas berufen können“, sagt Infalt. Wenn man Informationen von einer Behörde brauche und diese sich weigere, sie herauszugeben, hätte man dann das Recht, vors Verwaltungsgericht zu ziehen. Derzeit sei man als Journalist dem Beamten ausgesetzt. „Es würde uns der Willkür der Behörden entziehen“, sagt Luc Caregari.

Im vergangenen Sommer schienen Infalt, Caregari und Co. schon kurz davor, ihr Ziel zu erreichen: Der damalige Premier-  und Medienminister Xavier Bettel sagte ihnen zu, dass eine gesetzliche Grundlage für den Zugang auf Informationen geschaffen werden solle. Als „riesengroßen Schritt“ bezeichnete Infalt das damals. Der Regierungsrat verabschiedete das Vorhaben Ende Juli mit einer „note“. Von Anfang an war jedoch klar, dass der entsprechende Gesetzestext nicht mehr vor den Chamberwahlen verabschiedet werden konnte. Die „note“ sollte jedoch den nötigen „Druck“ auf die nächste Regierung aufbauen.

Im Koalitionsvertrag steht davon nichts. „Von dem Gesetzesprojekt ist keine Rede mehr“, sagt Luc Caregari von der ALJP. Das bedeute „nichts Gutes.“ In Richtung Informationszugang stehe „nur ein kryptischer Satz drin“. Caregari fragt sich, wie der einleitende Satz zum Kapitel Medien zu interpretieren sei. „Hier ist nur die Rede von der Reform der Presseförderung und in keinem Satz vom Pressegesetz“, sagt Roger Infalt. „Wenn ich jetzt nicht wüsste, wie viele Jahre wir da dran sind, würde ich sagen, sie haben es vergessen. Aber da ich weiß, wie lange, nehme ich an, dass sie es wissentlich machen.“ Der Text, der im Abkommen stehe, sei eigentlich „alles und nichts.“

Luc Caregari ist Präsident des Journalistenverbandes ALJP und arbeitet als Journalist bei Reporter.lu
Luc Caregari ist Präsident des Journalistenverbandes ALJP und arbeitet als Journalist bei Reporter.lu Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Dabei warben sowohl CSV als auch DP in ihren Wahlprogrammen mit dem Thema Informationszugang. „Es hat mich schon sehr gewundert, dass es nicht im Koalitionsvertrag steht, wenn es im Wahlprogramm steht“, sagt Caregari. Die DP hatte in ihrem Programm angekündigt, zu „analysieren“, inwiefern der Informationszugang für die Presse „nach internationalem Vorbild gesetzlich verankert“ werden könne. Die CSV wollte „den Informationszugang für Journalisten verbessern und ein Informationsrecht gesetzlich verankern“.

Jetzt fürchten die beiden Journalisten sogar um den Zugang zum Eigentümerregister RBE. Der Europäische Gerichtshof hatte im November 2022 veranlasst, dass die breite Öffentlichkeit aus Datenschutzgründen keinen Zugang mehr zu dem Register haben sollte. Journalisten konnten sich seit Anfang 2023 wieder über das LuxTrust-System Zugang beschaffen. Im Abkommen zwischen CSV und DP steht, dass der Rechtsrahmen für das RBE überarbeitet werden soll, um es „mit den Regeln und Vorschriften des Datenschutzes in Einklang zu bringen“. Dieser Satz bereitet Luc Caregari Sorgen. „Wenn man Datenschutz sagt, sagt man meistens keine Transparenz mehr“, gibt er zu bedenken.

„Die alte Regierung hat uns gesagt, dass ein Wille bestehe, uns den Informationszugang zu geben“, sagt Luc Caregari. Infalt erklärt: Die „note“, die der Regierungsrat im Juli verabschiedet hatte, sei wohl bindend – aber eben nicht gesetzlich verankert. „Es war ganz klar ein Manöver, um uns während des Wahlkampfes ruhig zu halten“, sagt Luc Caregari. Man habe das gemacht, weil man keine andere Wahl hatte. „Aber jetzt haben wir das Versprechen. Und wenn die Regierung im Amt ist, dann geben wir Gas.“


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