PorträtNathalie Morgenthaler (CSV) will sich für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung einsetzen

Porträt / Nathalie Morgenthaler (CSV) will sich für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung einsetzen
Der Kampf gegen Ungerechtigkeit und Diskriminierung sei ihr Hauptanliegen, sagt Nathalie Morgenthaler. Das Foto zeigt sie bei ihrer Vereidigung am 21. November vergangenen Jahres in der Chamber. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Nathalie Morgenthaler ist frischgebackene CSV-Abgeordnete. Natürlich sei sie froh über ihren Sitz im Parlament, aber eigentlich fühle sie sich wie immer. So wirkt sie auch. Unaufgeregt, konzentriert und freundlich. „Es geht jetzt einfach darum, einer neuen Herausforderung in meinem Leben gerecht zu werden“, erzählt die Finanzschöffin der Südgemeinde Sanem. Aus einem Gespräch in ihrem Büro.

Nathalie Morgenthalers Büro im Rathaus der Gemeinde Sanem ist eher spärlich eingerichtet. Es ist auch nicht sehr groß. Eine kleine Renovierung würde bestimmt nicht schaden. Zu den Prioritäten der Politikerin scheint das aber nicht zu gehören. An der Wand hängt ein von ihrer Mutter gemaltes Bild. „Wir haben ein gutes Verhältnis.“ Zudem gibt es einige Fotos: „Reisesouvenirs“. Der Blick durchs Fenster ist weniger erbaulich. Hinterhof ohne Romantik. Die Rückseite eines Restaurants ist zu sehen. Unschwer zu erkennen, dass es seit einiger Zeit geschlossen hat.

Nathalie Morgenthaler trägt einen dezent dunkelblauen Anzug mit einem passenden Foulard. Am Nachmittag ist Chamber-Sitzung. Die 44-Jährige lebt in Beles, nicht weit vom Rathaus entfernt, „aber zu weit, um täglich zu Fuß zu kommen, besonders dann, wenn ich nachher noch irgendwo hin muss“.

„Nein, Haustiere habe sie keine“, beantwortet sie die bei Porträts nicht unübliche Frage. Ohne weitere Erläuterungen. Small Talk scheint in der Tat nicht so ihr Ding zu sein. Wer etwas erfahren möchte, muss bohren. Und stößt dabei mitunter auf Granit. Privates sei privat, sagt Morgenthaler charmant und deutlich.

Politik durch die „Revue“ 

Doch wer ist eigentlich Nathalie Morgenthaler? Was macht sie so? Diese Fragen hört man öfters. Aber lassen wir sie doch selbst antworten: „Ich arbeite, ich muss nicht vor ein Mikrofon oder eine Kamera.“ Das Scheinwerferlicht suche sie nicht unbedingt. Im Auftreten wirkt sie bescheiden. Einen bekannten Familiennamen trägt sie auch nicht. „Ich werde oft gefragt, ob ich mit dem Musiker verwandt bin. Dann sage ich, ich heiße Morgenthaler und er heißt Mergenthaler und obendrein ist das sein Künstlername.“ Nicht wenige sind der Überzeugung, dass die CSV-Politikerin ihre Karriere gerade ihrer unaufgeregten und dezenten Art zu verdanken habe.

Geboren wurde Nathalie Morgenthaler 1979 in Esch. Ein ruhiges Kind sei sie gewesen und eine fleißige Schülerin. „Nein, ein Kind von Traurigkeit bin ich nicht“, betont sie. Na ja, aber einen eher ernsten Gesichtsausdruck macht sie doch öfters, oder? Sie lacht. „Menschen, die mich kennen, wissen, wie ich bin. Durchaus jovial. Aber ja, wenn es sein muss, bin ich ernsthaft.“ Die Grundschule hat sie in Beles besucht. Dann ging’s nach Esch ins „Lycée Hubert Clément“ und anschließend nach Louvain und Liège zum Studium der Politikwissenschaften.

Und jetzt die große Frage, auf die alle warten: Wie kam Nathalie Morgenthaler zur Politik? „Also Interesse bestand bereits in jungen Jahren. Ich war im zweiten oder dritten Schuljahr. Mit meinen Eltern bin ich ins Theater gegangen. Auf dem Programm stand die ‚Lëtzebuerger Revue‘. Die politische Satire habe ich nicht auf Anhieb verstanden, aber sie machte mich neugierig. So habe ich dann begonnen, mich für Politik und Politiker zu interessieren.“

Vorbild Juncker

Zur CSV sei sie 1995 gekommen. Als Jacques Santer Präsident der Europäischen Kommission wurde und Jean-Claude Juncker aus Beles als junger Premierminister Luxemburgs seine Nachfolge antrat. „Damals wuchs mein Interesse.“ Bis heute sei Juncker ihr Vorbild. 1997 ist Nathalie Morgenthaler bei der Gründung der Sektion der christlich-sozialen Jugend (CSJ) in Sanem mit dabei. 1999 geht sie ein erstes Mal mit in die Kommunalwahlen. Da ist sie noch an der Uni und noch keine 20. Eine sehr junge Kandidatin, „eine von sehr wenigen“. 2003 rückt sie in den Gemeinderat von Sanem nach. „Auch fast schon eine Ausnahme, als Frau im Gemeinderat zu sitzen.“ Waren andere Parteien damals keine Option? „Nein!“

Und dann? Seit 2003, also seit nunmehr rund 20 Jahren, ist Nathalie Morgenthaler ununterbrochen CSV-Ratsmitglied in Sanem. Dort lernt sie auch, was es heißt, die Oppositionsbank zu drücken. Seit 2017 ist sie Schöffin. Erste Schöffin in einer LSAP-CSV-Koalition und zuständig für Finanzen und Chancengleichheit sowie Sport, interkulturelles Zusammenleben und Soziales im Allgemeinen. Alles Themen, mit denen sie sich sehr zu identifizieren scheint.

Als Achtgewählte auf der CSV-Liste im Süden ist sie nach der Regierungsbildung ins Parlament nachgerückt. Natürlich sei sie froh darüber. „Eigentlich hat sich nicht viel verändert, ich fühle mich wie immer. Nur, dass ich jetzt einer neuen Herausforderung gerecht werden muss.“ Das Wort Pflichtbewusstsein klingt im Raum irgendwie mit. Eine Frage kann der Journalist sich nicht verkneifen: Hat die CSV die Wahlen denn nun gewonnen oder haben die anderen verloren? Nathalie Morgenthaler lacht: „Also, wenn ich bedenke, wo wir herkommen …“ Die CSV habe gewonnen, scheint sie sagen zu wollen. Punkt!

Eigene Meinung

Die nächsten fünf Jahre wird sie sich als Abgeordnete auch in einigen Kommissionen engagieren. Es sind alles Themen, die ihr liegen. Vor allem die Familien-Kommission, wo sie Vizepräsidentin ist. Daneben noch: Inneres, Arbeit, Institutionen, Sport, Petitionen und Großregion. Ihr Leitfaden sei dabei stets das Streben nach mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Nach mehr Schutz für Minderheiten. „Ich habe den Wunsch, gute Gesetze zu schaffen, die jedem dienen müssen und die, wenn sie das nicht tun, geändert und angepasst werden müssen. Ich kämpfe für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung. Es geht um die richtige Weichenstellung, darum, die großen Linien aufzuzeichnen.“ Vieles in der Gesetzgebung sei in Ordnung, aber man müsse aufmerksam bleiben. „Nicht alles ist voraussehbar, Unvorhergesehenes kann immer kommen.“

Ihre Arbeit in der Fraktion sieht sie als Teil eines Kollektivs. „Jeder muss seinen Platz finden, seinen Aufgabenbereich.“ Nein, sie sei nicht der Auffassung, dass man sein Recht auf eigene Meinung verliere, wenn man Abgeordnete wird: „Eigentlich legen wir ja bereits in den Kommissionen die Marschrichtung und die großen Linien der Sitzungen im Plenum fest, böse Überraschungen dürfte es da kaum geben, aber durchaus Diskussionen. Also eine gewisse Solidarität ist schon wichtig, aber diskutieren kann man immer.“ Eine klare Vorstellung hat Nathalie Morgenthaler übrigens auch von der Redezeit der Abgeordneten im Parlament: „Kürzer!“ Na dann sind wir gespannt auf ihre Reden im hohen Haus. In ihren Reden in den Gemeinderatssitzungen in Sanem hat sie den Bogen jedenfalls niemals überspannt.

Pause im Gleichstellungszentrum

Wesentliche Auswirkungen ihres Abgeordnetenmandates auf die Arbeit im Gemeinderat seien bisher nicht wirklich erkennbar, Konsequenzen auf ihrem Arbeitsplatz allerdings schon. Weil es nicht vereinbar ist, Abgeordnete zu sein und einen Arbeitsplatz beim Staat zu haben, muss Nathalie Morgenthaler ihren Job als Direktorin des CET (Gleichstellungszentrum) ruhen lassen: „Das tut mir wirklich leid, ich habe das Zentrum mit aufgebaut, die Arbeit hat mir enorm Freude bereitet, auch wenn ich Leuten nicht immer so helfen konnte, wie ich wollte, vor allem auch weil es an finanziellen Mitteln fehlte. Ich versuche, meine Interessen jetzt im Parlament und in den Kommissionen auszuleben.“ Dass sie nicht weiterarbeiten konnte in ihrem Beruf, kann sie aber auch verstehen: „Bei mir wäre es ein echter Interessenkonflikt gewesen, wenn ich Gutachten als Leiterin des CET schreibe und dann an mich als Abgeordnete abschicke, um darüber abzustimmen.“

Letzte Frage: Was ist mit Hobbys? „Verreisen tue ich ganz gerne, das kam aber mit den Kampagnen für Kommunal- und Landeswahlen in der letzten Zeit etwas zu kurz. Also die Freizeit allgemein kam zu kurz.“ Richtig entspannen, so gibt sie zu verstehen, könne sie vor allem beim Spazierengehen, beim Meditieren oder einfach beim Nichtstun. Klar, wie könnte man auch bei italienischen Vorfahren ein wenig „Dolce far niente“ nicht genießen.