Gender Pay GapLohngleichheit ist erreicht: In Luxemburg verdienen Frauen sogar etwas mehr als Männer

Gender Pay Gap / Lohngleichheit ist erreicht: In Luxemburg verdienen Frauen sogar etwas mehr als Männer
Bisher ist Luxemburg der einzige EU-Mitgliedstaat, in dem die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern erreicht ist Foto: Editpress/Julien Garroy

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Im Gegensatz zu allen anderen Ländern Europas verdienen Frauen in Luxemburg seit 2021 im Schnitt leicht mehr als ihre männlichen Kollegen. Hintergrund sind, neben den vielen politischen Anstrengungen, vor allem die wachsenden Veränderungen auf dem Niveau der Ausbildung zwischen den Geschlechtern.

„Während der Indikator für das geschlechtsspezifische Lohngefälle (bekannt als Gender Pay Gap, GPG) in der Vergangenheit stets zu Ungunsten der Frauen ausfiel, hat sich die Situation in Luxemburg 2021 zum ersten Mal geändert“, erinnert Statec am Montag in einer Pressemeldung anlässlich des bevorstehenden Internationalen Frauentages. In der Gesamtwirtschaft (ohne öffentliche Verwaltung) war der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen im Jahr 2021 erstmals höher als der von Männern, so die Statistiker weiter.

Während die Gehaltsunterschiede zugunsten der Männer seit vielen Jahren in ganz Europa rückläufig sind, so ist Luxemburg doch das einzige Land, in dem der Indikator mittlerweile zugunsten der weiblichen Arbeitnehmer gekippt ist. In der EU wie auch in der Eurozone verdienen Männer im Schnitt weiterhin rund 13 Prozent mehr als Frauen.

Nach Luxemburg, wo Frauen demnach 0,2 Prozent mehr verdienen als Männer, sind es Rumänien, Slowenien und Polen, in denen die Gehaltsunterschiede (mit je weniger als fünf Prozent) zwischen den Geschlechtern am geringsten ausfallen. Die höchsten Unterschiede wurden in Deutschland, Österreich und Estland gemessen.

Der Indikator, der den Lohnunterschied errechnet, basiert auf einer von Eurostat festgelegten gemeinsamen europäischen Berechnungsmethodik. Untersucht wird der Unterschied zwischen den durchschnittlichen Stundenlöhnen von Männern und Frauen, in Prozent des Männerlohns.

In Luxemburg ist der Gender Pay Gap in den letzten Jahren überaus schnell geschrumpft. Im Jahr 2006 lag er noch bei 10,6 Prozent (zugunsten der Männer). 2014 waren es noch 5,4 Prozent; im Jahr 2018 1,4 Prozent.

Die Entwicklung des Gender Pay Gaps in Luxemburg
Die Entwicklung des Gender Pay Gaps in Luxemburg Screenshot: Statec

Laut Statec sind es eine ganze Reihe Faktoren, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben. So etwa die starke Präsenz von Frauen in Branchen mit relativ hohen Löhnen (Bildung, Gesundheit, Finanzen, Forschung, Rechtsdienstleistungen, …), wie auch ihre günstige Positionierung in mittleren und höheren Lohngruppen. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt die atypische Zusammensetzung des luxemburgischen Arbeitsmarktes, mit einem hohen Anteil an hoch qualifizierten Arbeitnehmern, die in spezialisierten Dienstleistungssektoren tätig sind.

Ein entscheidendes Element ist dabei auch, dass das durchschnittliche Bildungsniveau von Frauen mittlerweile höher ist als das von Männern. „Im Jahr 2021 war bei den Frauen der Anteil der 30- bis 34-Jährigen mit einem Hochschuldiplom 10,5 Prozentpunkte höher als bei den Männern“, ergänzte Statec gegenüber dem Tageblatt. Dieser „education gap“ ist sogar dabei – wie bei den jüngeren Generationen ersichtlich –, sich weiter zugunsten der Frauen zu verschieben. In der Folge verdienten Frauen, in der Kategorie zwischen 25 und 35 Jahren, bereits 2018 im Schnitt sieben Prozent mehr als Männer.

Die Statistiker weisen in ihrer Meldung am Montag auch darauf hin, dass ein GPG von nahe 0 sicherlich ein Zeichen für einen großen Fortschritt bei der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen ist, man jedoch auch die Grenzen des Indikators sehen müsse. So wird der GPG-Indikator nicht an die unterschiedlichen Merkmale der von Männern und Frauen besetzten Stellen angepasst. Er untersucht nicht die „Löhne für gleiche Arbeit“, sondern errechnet einfach Durchschnittsgehälter.

Große Unterschiede bei den Renten

Weiter gilt, dass die niedrigere Beschäftigungsquote und das Mehr an Teilzeitarbeit der Frauen sich negativ auf ihr Einkommen und ihre Altersrenten auswirken. Es ist festzustellen, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Renten in Luxemburg wie auch anderswo tendenziell kleiner werden, aber dennoch zu den höchsten in Europa gehören, so die Statistiker vor einem Jahr. Im Jahr 2020 wiesen hier nur die Niederlande und Malta größere Unterschiede auf als Luxemburg.

Zudem berücksichtigt dieser europäische Indikator nur den Stundenlohn, ignoriert aber Elemente wie den Jahresendbonus, welche weiterhin zugunsten der Männer ausfallen, so die Statistiker. Auch wird in die Rechnung nicht mit einbezogen, dass der Anteil der Frauen unter den Teilzeitbeschäftigten weitaus höher ist als bei den Männern, und die Anzahl der bezahlten Arbeitsstunden somit weiter unter der der Männer liegt.
Auch heben die Statistiker hervor, dass, je nach Sektor, die Unterschiede weiterhin hoch bleiben. So verdienen Männer im Finanzsektor, bei spezialisierten Unternehmensdienstleistungen wie auch im Handel, im Schnitt rund 20 Prozent mehr als Frauen. Auf der anderen Seite erhalten Frauen im Schnitt im Bauwesen und im Bereich Kunst und Freizeit rund 15 Prozent höhere Gehälter als ihre männlichen Kollegen.

In diesem Sinne mag es auf den ersten Blick seltsam erscheinen, dass der GPG insgesamt nahe bei 0 liegt, obwohl er in den meisten Branchen deutlich positiv ist, hatten die Statistiker in der Vergangenheit hervorgehoben. Doch dies sei auf einen Kompositionseffekt zurückzuführen: Da Frauen in einigen Branchen mit hohen Durchschnittslöhnen (z.B. Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen, Erziehung und Unterricht) stärker vertreten sind als Männer, wirke sich dies positiv auf ihren Gesamtdurchschnittslohn aus, auch wenn ihr Durchschnittslohn in diesen Branchen niedriger ist als der von Männern.

Die nun von Statec vorgelegten Zahlen sind eigentlich nicht ganz neu. Sie wurden bereits letztes Jahr, im Rahmen der Vorstellung des „Rapport travail et cohésion sociale“, mehr im Detail vorgestellt. Bereits damals schrieben die Statistiker: „Die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen in Luxemburg ist, im Schnitt, erreicht“.

Der Trend wird sich weiter fortsetzen

Auch der Medianlohn der Frauen übersteige den der Männer, hob Statec damals hervor. Und das bereits seit vielen Jahren. Im Januar 2013 titelte das Luxemburger statistische Institut in einer Pressemitteilung: „Das Gehalt der Männer liegt im Median drei Prozent unter dem der Frauen.“ Es war das allererste Mal, dass die von Statec gesammelten Zahlen ergaben, dass Frauen hierzulande mehr verdienen als Männer. Es geht um Zahlen aus dem Jahr 2010. Für das Jahr 2018 ergab diese Berechnung des Durchschnitts, dass Frauen im Schnitt 8,3 Prozent mehr verdienen als Männer.

In Zukunft wird sich dieser Trend wohl noch weiter in die gleiche Richtung entwickeln, so die Luxemburger Statistiker am Montag. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich das Lohngefälle weiterhin zu Gunsten der Frauen verschiebt.“ Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren als logische Folge des allmählichen Anstiegs des durchschnittlichen Bildungsniveaus von Frauen über das der Männer hinaus fortsetzen wird, so die Statistiker letztes Jahr. Und der Effekt des höheren Bildungsniveaus der Frauen auf ihre Löhne werde zusätzlich dadurch verstärkt, dass Frauen mit höherem Bildungsabschluss tendenziell auch aktiver bleiben und sich seltener für eine Teilzeitbeschäftigung entscheiden. Auch nach der Geburt von Kindern und sogar über 60 Jahre hinaus.

Für das Jahr 2022 wird nun mit einem Ergebnis von 0,4 zugunsten der Frauen gerechnet. Die Sammlung und Analyse dieser Zahlen werden jedoch erst im Laufe dieses Jahres durchgeführt.

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Jemp
7. März 2023 - 10.27

"Lohngleichheit ist erreicht: In Luxemburg verdienen Frauen mehr als Männer" Aha, Lohngleichheit ist, wenn Frauen mehr verdienen als Männer. ->Wat e Blödsinn!

JJ
7. März 2023 - 8.31

Dann müssten wir die DemonstrantInnen ja jetzt von der Straße haben,oder?

Tony
7. März 2023 - 7.29

Eignetlich ne gute Sache, dass die Frauen mehr verdienen als die Männer, allerdings Lohngleichheit hab ich mir immer so vorgestellt “Gleicher Lohn für alle”. Wie naiv ich doch war!