Lehrerin, Schauspielerin, Mutter, Politikerin: Christiane Brassel-Rausch ist die neue Bürgermeisterin von Differdingen

Lehrerin, Schauspielerin, Mutter, Politikerin: Christiane Brassel-Rausch ist die neue Bürgermeisterin von Differdingen
 Foto: Tania Feller

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Am Freitag ist Differdingens neue Bürgermeisterin Christiane Brassel-Rausch von Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) vereidigt worden. Doch wer ist die Grünen-Politikerin eigentlich – und was macht sie aus? Wir haben uns mit ihr getroffen.

Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar „Unbelastet – Differdingens neue Gemeindechefin“

Der Geruch von frischer Farbe im Büro deutet es an: Differdingen hat seit kurzem eine neue Bürgermeisterin. Derzeit sieht es im neuen Reich von Christiane Brassel-Rausch noch etwas kahl und leer aus, aber sie hat bereits konkrete Vorstellungen davon, wie sie es gestalten möchte – unter anderem mit Bildern der jungen Künstlerin Lisa Junius aus dem Differdinger Creative Hub.

Christiane Brassel-Rausch interessiert sich schon sehr lange für Politik – dank ihrer Familie und ihrer engagierten Lehrer.  Die 61-Jährige gehört zwar selbst nicht zur 68er-Generation, die Nachwehen jener Zeit habe sie aber genau gespürt, sagt sie: „In den 1970er Jahren hatten wir alle das Gefühl, dass es sich lohnt, für etwas zu kämpfen.“ Aufgrund der damaligen Umstände – darunter der Ost-West-Konflikt und die innerpolitische Krise der spanischen Diktatur – gab es genug Möglichkeiten, um sich zu engagieren. Doch nicht nur die Politik hat sie geprägt – auch die Umwelt soll Differdingens neuer Bürgermeisterin seit jeher besonders wichtig gewesen sein. Die Natur fasziniere sie, so die Politikerin. Aus ökologischen Gründen und aus Überzeugung sei sie deshalb den Grünen beigetreten – und bereue es bis heute nicht.

In ihrer neuen Funktion möchte sie dementsprechend auch vorwiegend grüne Themen behandeln. „Wir müssen uns die Frage stellen, ob die Ökologie mit dem wirtschaftlichen System und dem ungezügelten Wachstum vereinbar ist“, sagt sie. Dazu gehört unter anderem der achtsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Christiane Brassel-Rausch begrüßt in diesem Kontext die Entscheidung ihrer Gemeinde, bei öffentlichen Veranstaltungen auf Einweg-Plastikgeschirr zu verzichten. Aber auch der Wohnungsbau liegt der neuen Gemeindemutter am Herzen – ein, wie sie sagt, akutes Problem, das unbedingt angepackt werden müsse.

Ein weiteres Thema, mit dem sich die neue Bürgermeisterin eingehender befassen möchte: zwischenmenschliche Kontakte und sozialer Zusammenhalt. In diesem Zusammenhang will sie unter anderem das Ehrenamt und das Vereinsleben fördern. In den sozialen Netzwerken ist sie selbst übrigens nicht unterwegs. Sie bevorzugt den direkten Kontakt mit den Mitmenschen: „In diesem Amt musst du den Kontakt mit Menschen mögen und auch Humor haben.“

Ein Escher Mädchen

Christiane Brassel-Rausch lebt lange Zeit mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester in Esch/Alzette. Dort besitzt die Familie gegenüber der heutigen Postfiliale  eine Bäckerei. Zu Differdingen hat sie aber bereits im Kindesalter einen besonderen Bezug – so lebten ihre Großeltern in der rue de la Montagne, nicht weit vom Rathaus, in dem sie nun selbst ein Büro bezieht, entfernt. Ihre Schulzeit verbringt sie dort, wo sie lebt, also in Esch. Hier besucht sie die Primärschule und dann das Lyzeum. In der Abschlussklasse verliebt sie sich zum ersten Mal – in einen jungen Mann aus Differdingen. Nach der Sekundarschule studiert sie „in ganz Europa“, wie sie selbst sagt. Damit gemeint sind Österreich,  Frankreich und Spanien. Ihre Studienfächer: Romanistik, Slawistik, Theaterwissenschaften und als Hauptfach Spanisch.

Insgesamt zehn Jahre verbringt sie im Ausland, danach kommt sie zurück – nach Differdingen. Weitere zehn Jahre ist sie dann am Lycée Vauban und Lycée des arts et métiers tätig, wo sie Spanisch und Französisch unterrichtet. Parallel hierzu spielt sie Theater – eine große Leidenschaft von ihr. So ist sie auch Mitglied der Theatergruppe im „Arts et métiers“. 2001 gibt sie ihren Lehrerberuf auf – und widmet sich fortan dem Theater und der Familie. Später stürzt sie sich in die aktive Politik. 1993 ist sie zum ersten Mal Kandidatin bei den Gemeindewahlen. Beim letzten Urnengang 2017 zieht sie als Fünftgewählte in den Gemeinderat ein.

Neue Richtung

Ende November nun gibt sie in Rumänien ihr letztes Gastspiel auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Danach sollen nur noch Lesungen möglich sein – das stellt für die frisch gebackene Bürgermeisterin kein Problem dar: „Ich habe eine Entscheidung getroffen und zu der stehe ich auch.“ Angst vor der neuen Herausforderung habe sie jedenfalls nicht. Durch ihre Erfahrung als Mitglied der konsultativen Gemeindeausschüsse habe sie sich viel Hintergrundwissen angeeignet. Das komme ihr jetzt zugute.

Ihre Familie, darunter auch ihre zwei Kinder, die sie aus Peru adoptiert hat, freut sich über ihren neuen Job. „Es ist schon was Besonderes, die erste Frau im Differdinger Bürgermeistersessel zu sein“, so die Gemeindechefin.  Einige Freunde waren aber erstaunt – und fragten: „Was tust du dir da an?!“ Und die Reaktionen aus der Bevölkerung? „Bisher kannte man mich ja nicht so gut. Ich merke aber, dass man mich inzwischen öfter grüßt“, sagt die sympathische Politikerin mit einem Lachen.

Keine nationale politische Karriere

Bei der Bewältigung ihrer neuen Aufgaben hilft ihr ihre Schauspielerfahrung: „Jeden Abend wirst du auf der Bühne ins kalte Wasser geschmissen. Du weißt nie, was passiert. Dasselbe passiert hier auch.“ Jetzt gelte es, sich in die Dossiers einzuarbeiten. Sie freue sich schon auf den Alltag im Rathaus.

„Ich werde meinen Weg gehen. Die Zeit wird zeigen, ob er richtig ist. Von meinen Kollegen im Gemeinderat wurde ich mit offenen Armen aufgenommen – und zusammen mit ihnen möchte ich Differdingen in die Zukunft führen.“ Eine nationale politische Karriere strebt Christiane Brassel-Rausch aber nicht an: „Das können andere sich antun. Ich habe genug hier zu tun.“

Und wie sieht es mit einer Wiederwahl in drei Jahren aus? „Prinzipiell bin ich der Meinung, dass die älteren Politiker nach einiger Zeit Platz für den Nachwuchs machen sollen.  Ich habe aber  jetzt erst angefangen. Wer weiß, was in drei Jahren ist?“

 

Unbelastet – Differdingens neue Gemeindechefin

spëtzbouf
31. Oktober 2019 - 18.07

Als Schauspielerin, erfüllt Christiane Brassel-Rausch schon mal eine Bedingung für ein politisches Amt. :)

de Pinktchen
31. Oktober 2019 - 10.44

Zwischen beiden Tätigkeiten gibt es einen grossen Unterschied. Mutter ist effektiv kein Beruf als solches. Mutter ist frau mit Herz, das Muttersein ist in erster Linie eine Herzensangelegenheit. Lehrer oder Lehrerin ist ein Beruf aber vor allem auch eine Berufung.

Jangeli
31. Oktober 2019 - 8.44

Diese Dame hat die besten Voraussetzungen als regierende Bürgermeisterin. Viel Glück.

lucilinburhuc
28. Oktober 2019 - 14.35

Erfrischend :)

Lehrer
28. Oktober 2019 - 9.15

"Mutter" ass kee Beruff à la "Lehrerin"