KonjunkturHohe Energiepreise drücken Kaufkraft der Verbraucher

Konjunktur / Hohe Energiepreise drücken Kaufkraft der Verbraucher
 Die Energieinflation wird, Volkswirten der ING zufolge, fast das ganze Jahr 2022 über hoch bleiben Foto: dpa/Markus Scholz

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Die hohen Preise für Energie werden nicht ohne Folgen für die Konjunktur in Europa bleiben. Das befürchten Volkswirte der niederländischen ING-Bank. Sie erwarten, dass die Kaufkraft der Verbraucher, und somit der Konsum insgesamt, leiden könnte.

In Europa brummt die Wirtschaft derzeit. Doch gibt es mehr Risiken für die Konjunktur als nur der weitere Verlauf der Pandemie, wie beispielsweise bereits Luxemburgs statistisches Institut Statec vor einigen Tagen hervorgehoben hat. Unter anderem die hohen Preise für Energie beunruhigen die Statistiker. Diese tragen wesentlich zu der aktuell hohen Geldentwertungsrate bei.

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Auch anderen Experten bereitet diese Entwicklung Sorgen. „Die Energieinflation in der Eurozone wird den Verbrauch der Haushalte im Gesamtjahr 2022 belasten“, unterstreichen zwei Volkswirte der ING-Bank in einer am Montag veröffentlichten Analyse

Bert Colijn und Carsten Brzeski sehen keine Beruhigung bei der seit Monaten anhaltenden Situation: „Die Energiekrise in der Eurozone hält an, da die Gaspreise auf dem Markt hoch bleiben und die Brent-Ölpreise weiter nach oben tendieren“, schreiben sie. „Für die Wirtschaft der Eurozone sind dies schlechte Nachrichten“, so die Volkswirte. Die höheren Verbraucher- und Erzeugerpreise führten zu einem negativen Reallohnwachstum sowie zu niedrigeren Gewinnspannen. Dadurch werde der private Verbrauch belastet.

Neue Rekorde bei Spritpreisen

Im Jahr 2020 war der Ölpreis, wegen des Corona-bedingten Einbruchs der Nachfrage, auf historische Tiefststände gefallen. Kurzfristig war der Ölpreis an den Märkten damals sogar unter null gerutscht. Doch die Zeit der niedrigen Preise sollte nicht von Dauer sein. Schnell schossen die Preise wieder nach oben.

Auch zu Beginn dieser Woche hat der Ölpreis erneut zugelegt. Die Sorte Brent aus der Nordsee stieg um 0,7 Prozent und lag mit 90,67 Dollar je Barrel (159 Liter) nur knapp unter ihrem Siebeneinhalb-Jahres-Hoch vom Freitag, präzisierte die Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Die Nachfrage übersteige das Angebot weiterhin, da vor allem in Europa der Verkehr wieder zunehme, zitiert sie Analysten der ANZ Bank. Gleichzeitig seien die Lagerbestände niedrig. Die Furcht vor Lieferausfällen bei einer weiteren Eskalation der Ukraine-Krise oder einer Ausweitung der Kämpfe auf der Arabischen Halbinsel wächst, so Reuters.

Im November 2021 wurden bei den Spritpreisen hierzulande alle Rekorde gebrochen. Nach einer kurzen Beruhigung haben, zum 1. Februar 2022, nun sowohl der Preis für Diesel als auch der für Super-95 und der für Super-98 hierzulande erneut neue historische Rekordhöhen erreicht. 

Die Entwicklung des Ölpreises (WTI, in US-Dollar) in den letzten Jahren: Auf den internationalen Märkten ist Öl aktuell so teuer wie seit sieben Jahren nicht mehr
Die Entwicklung des Ölpreises (WTI, in US-Dollar) in den letzten Jahren: Auf den internationalen Märkten ist Öl aktuell so teuer wie seit sieben Jahren nicht mehr Screenshot: www.finanzen.net

Aus Sicht der Verbraucher bedeute der Anstieg der Energiepreise eine erhebliche Delle in der Kaufkraft, schreiben die beiden ING-Volkswirte. Das Reallohnwachstum im Euroraum sei zuletzt so stark zurückgegangen wie seit Jahrzehnten nicht mehr, zumindest seit den frühen 1970er Jahren. Eine Schlüsselrolle bei dieser Entwicklung spiele dabei die Energieinflation. Ohne sie wäre das Reallohnwachstum im dritten Quartal 2021 in etwa gleich geblieben, so ihre Rechnung.

Verzögerte Weitergabe der Preissteigerungen

Und auch wenn Bert Colijn und Carsten Brzeski davon ausgehen, dass die Nominallöhne aktuell wieder am Steigen sind, so „erwarten wir doch, dass das Reallohnwachstum zumindest in der ersten Hälfte des Jahres 2022 negativ bleiben wird.“ Dies wiederum werde zu einem beträchtlichen Kaufkraftverlust für die Verbraucher führen und die Wachstumsaussichten der gesamten Wirtschaft dämpfen, erwarten sie.

Gegen eine schnelle Beruhigung der Lage spreche, dass die hohen Erdgaspreise noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben wurden, so die Volkswirte weiter. Dieser Effekt verzögere sich in der Regel um etwa fünf Monate, was bedeute, dass auch Anfang 2022 eine erhöhte Energieinflation zu verzeichnen sein werde. Auch wenn man erwarte, dass die Höchststände an den Terminmärkten im vierten Quartal des vergangenen Jahres erreicht wurden und dass die Preise im Laufe des Jahres 2022 zurückgehen werden, so bedeute dies „noch lange nicht, dass sie auf ein normales Niveau zurückgehen“, fügen sie hinzu.

Unzureichende staatliche Hilfsmaßnahmen

Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben eine Reihe Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen für die Verbraucher abzumildern, so die ING-Experten weiter. Diese konzentrierten sich hauptsächlich auf den Schutz einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen und auf zeitlich begrenzte Steuersenkungen. Frankreich beispielsweise hat die Gaspreise für Verbraucher bis Ende des Jahres gedeckelt und zahlreichen Haushalten eine Entschädigung von 100 Euro gewährt. Italien und Spanien haben eine breite Palette von Maßnahmen eingeführt, darunter eine Senkung der Mehrwertsteuersätze auf Energie.

Die Maßnahmen zur Abmilderung der Inflation seien zwar hilfreich, scheinen aber nicht auszureichen, um die Auswirkungen abzumildern, fügen die beiden Volkswirte hinzu. Abgesehen von den Maßnahmen zum Schutz schwächerer Bevölkerungsgruppen seien die meisten Verbraucher derzeit relativ ungeschützt vor den Auswirkungen der steigenden Energiekosten. Und in der Vergangenheit haben die Verbraucher dazu geneigt, höhere Energiepreise durch geringere Ausgaben für andere Dienstleistungen oder Waren auszugleichen, so Bert Colijn und Carsten Brzeski weiter.

Anlass zur Hoffnung gebe derweil, dass die Verbraucher aufgrund der Corona-Lockdowns viel gespart haben. Es könnte durchaus sein, dass die Verbraucher ihre überschüssigen Ersparnisse aufbrauchen, um zumindest eine Periode mit höheren Energiepreisen zu bezahlen. Doch spätestens wenn die überschüssigen Ersparnisse aufgezehrt sind, werde der private Verbrauch von der Lage beeinträchtigt werden, warnen sie. „So oder so, die hohen Energie Energiepreise werden den privaten Verbrauch belasten.“

Luxemburg: ULC und CSV fordern Gegensteuern

Auch hierzulande gibt es seit einigen Wochen wiederkehrende Rufe nach weiteren Maßnahmen. Am Mittwoch legte beispielsweise die Oppositionspartei CSV ein „Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Energiepreiskrise“ vor und forderte unter anderem, dass die „Gehaltsschwelle für den Bezug der Teuerungszulage“ erhöht werden sollte, damit die Hilfen „bis in die Mittelschicht“ hinein zu spüren seien.

Letzte Woche hatte bereits auch die ULC („Union luxembourgeoise des consommateurs“) erneute weitere Maßnahmen gefordert. „Die drastisch gestiegenen Energiekosten belasten die Haushalte in zunehmendem Maße“, so die Verbraucherschutz-Vereinigung. Hinzu komme die Index-neutralisierte, deutlich erhöhte CO2-Steuer. Die Verbraucherschützer wünschen, dass insbesondere einkommensschwache Haushalte kurzfristig durch Energiesonderbeihilfen finanziell unterstützt werden. Darüber hinaus fordert die ULC die Regierung auf, eine Deckelung der Energiepreise ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Grober J-P.
3. Februar 2022 - 9.44

Werde wieder mit Strom heizen, soll ja so billig sein, im Gegensatz zu Gas. Oder mache es wie die Nachbarn, Allesbrenner installiert, heizen jetzt teilweise mit Pampers, riecht sehr angenehm, vorallem bei Niederdruck.