BrüsselHogans Golf-Gate: Rücktritt wegen Corona stürzt EU-Kommission in Krise

Brüssel / Hogans Golf-Gate: Rücktritt wegen Corona stürzt EU-Kommission in Krise
Hogan hatte mit 80 anderen „VIPs“ an einem Essen der parlamentarischen Golfvereinigung teilgenommen und so gegen die irischen Corona-Regeln verstoßen Foto: AFP/Emmanuel Dunand

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Handelskommissar Hogan wirft das Handtuch, weil er gegen nationale Hygieneregeln verstoßen hat. Nun muss Behördenchefin von der Leyen ihr Team umbilden – und die Zügel straffen

Kurz vor dem Ende der Sommerpause ist die EU-Kommission in Brüssel in ihre erste schwere Krise gestürzt. Nach einer tagelangen Hängepartie hat Handelskommissar Phil Hogan am späten Mittwochabend seinen Rücktritt erklärt. Der Ire beugte sich damit dem Druck der irischen Regierung. Sie hatte Hogan das Vertrauen entzogen, nachdem er sich über nationale Corona-Maßnahmen hinweggesetzt hatte.

Der 60-Jährige hatte mit 80 anderen „VIPs“ an einem Essen der parlamentarischen Golfvereinigung teilgenommen. Dieser Kreis war jedoch nach den irischen Hygieneregeln viel zu groß. Zudem reiste er quer durchs Land, um Golf zu spielen und Restaurants zu besuchen. Irland hat mit die strengsten Corona-Vorschriften der EU, sie waren in der fraglichen Zeit noch verschärft worden.

Für die EU-Kommission ist der Rücktritt Hogans ein schwerer Schlag. Der irische Handelskommissar galt als politisches Schwergewicht, Kommissionschefin Ursula von der Leyen sträubte sich bis zuletzt gegen seinen Abgang. Dass sie den Rücktritt nicht verhindern konnte und am Ende nationale irische Corona-Regeln den Ausschlag gaben, wird in Brüssel als Zeichen der Schwäche gewertet.

Irland drängte auf den Rücktritt

Denn normalerweise entscheidet von der Leyen allein über das Schicksal ihrer Kommissare; sie sind nicht von nationalen Weisungen abhängig. „Die Kommissare sind unabhängig von den Regierungen“, betonte von der Leyens Sprecherin gestern. Zugleich betonte sie aber, dass sich alle Kommissare an die nationalen Corona-Regeln zu halten haben – ein Widerspruch, der Hogan zum Verhängnis wurde.

Wie es in der Brüsseler Behörde weitergeht, war zunächst unklar. Von der Leyen beauftragte ihren Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis damit, Hogans Job vorübergehend mit zu übernehmen. Damit sei aber noch keine Entscheidung über den künftigen Handelskommissar oder eine mögliche Umbesetzung der Kommission verbunden, so die Sprecherin. Darüber will von der Leyen erst entscheiden, wenn ein Personalvorschlag aus Irland vorliegt.

Welches Ressort die Kandidatin oder der Kandidat dann tatsächlich erhält, werde sie später entscheiden, erklärte die CDU-Politikerin. Der Ball liege nun wieder in Dublin. Auf Hogans Nachfolger/in kommen schwere Zeiten zu. Auf der Brüsseler Agenda stehen ein Freihandelsdeal mit Großbritannien, der Zollstreit mit den USA und der Streit über das noch nicht ratifizierte Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten.

Alles schwieriger wegen nationaler Corona-Regeln 

Neben der Handelspolitik rückt nun aber auch wieder Corona in den Fokus. Von der Leyen betonte, dass sie während der Pandemie – einer Zeit drastischer Einschnitte und Beschränkungen für die Bürger – auch von ihren Kommissaren die Einhaltung der Corona-Regeln erwarte. Dies war bisher nicht explizit festgeschrieben und könnte zu neuen Problemen führen.

Denn die Corona-Regeln werden von den nationalen Regierungen festgelegt und nicht EU-weit abgestimmt. Dies führt nicht nur in Dublin zu Aufregung – neben Hogan mussten noch andere irische Politiker zurücktreten. Auch die EU-Kapitale Brüssel ist betroffen, nachdem Deutschland eine Reisewarnung für die Stadt ausgesprochen hat. Viele Mitarbeiter der EU-Kommission und anderer Institutionen haben nun Probleme bei der Ein- bzw. Rückreise.

Die Brüsseler Behörde hat jedoch nicht gegen die deutsche Entscheidung protestiert, die auch die Arbeit des deutschen Ratsvorsitzes behindert. Die Corona-Maßnahmen und Reisewarnungen seien eine nationale Kompetenz, sagte eine Sprecherin. Dies kann sich jedoch schnell als Bumerang für die EU erweisen, wie der Fall Hogan zeigt.