Escher GastronomieHinein in die nächste Krise: Der Preisdruck wird immer größer

Escher Gastronomie / Hinein in die nächste Krise: Der Preisdruck wird immer größer
Die Zutaten werden immer teurer, was die Restaurants vor große Probleme stellt Foto: Editpress/Julien Garroy

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Seit einiger Zeit schon steigen die Preise für Lebensmittel. Der Krieg in der Ukraine hat die Tendenz  verschärft, indem er die Energiepreise explodieren ließ. Das bekommt momentan neben den Haushalten auch die Gastronomie zu spüren. Sie sieht sich dramatischen Teuerungen beim Einkauf ihrer Waren konfrontiert und schlittert nach Corona in die nächste Krise. Ein Ortsbesuch in Esch.     

„Wenn das so weitergeht, dann machen wir es nicht mehr lange“: Zhang Jun Yu ist in einem Dilemma. Sie könnte die Preise in ihrem Restaurant, das Fujiyama in der Jean-Pierre-Michels-Straße, gar nicht so schnell erhöhen, wie es der Markt eigentlich erfordert. „Vor einem Monat haben wir alle unserer Gerichte um 2 Euro angehoben, das können wir in diesem Jahr nicht nochmal machen, da spielen unsere Kunden nicht mehr mit.“ Dabei müsste sie es, denn die Einkaufspreise ihrer Frischwaren sind explodiert. Erst kam Corona und dann der Krieg. Zhang Jun Yu rechnet vor: „Kostete das Filetstück vom Thunfisch zuvor 22 Euro pro Kilogramm, so sind es heute 45 Euro. Der 20-Kilogramm-Sack Reis kostet 48 Euro anstelle von 20.“  Die Einkaufspreise haben sich also mehr als verdoppelt, was auch für Speiseöl gilt. Das schlägt nun mit 4,50 Euro pro Liter zu Buche, zuvor waren es 2 Euro. Da es zudem Engpässe beim Öl gibt, wird es vom Zulieferer, der „Provençale“ in Leudelingen, rationalisiert. Mehr als 10 Liter gibt es nicht pro Tag, berichtet Zhang Jun Yu.

Zhang Jun Yu (Restaurant Fujiyama)
Zhang Jun Yu (Restaurant Fujiyama) Foto: Editpress/Julien Garroy

„Für mich und meinen Mann wäre es besser, irgendwo für den Mindestlohn arbeiten zu gehen, als weiter das Restaurant zu betreiben“, sagt sie. Am Ende des Monats bliebe nichts übrig, was sie sparen könnten. „Dabei haben wir noch Glück, dass die Miete günstig ist.“ Bei der letzten Preisanpassung zeigten die Kunden Verständnis. Das Fujiyama hat nach 15 Jahren im Viertel viele Stammkunden. „Aber auch bei den Gästen merkt man den Kaufkraftverlust“, sagt Zhang. Dazu kommt, dass in den meisten chinesischen Restaurants das Preis-Leistungs-Verhältnis interessant ist, man also vergleichsweise günstig essen kann. Das teuerste Gericht im Fujiyama ist die Seezunge für 28,90 €. Im Einkauf kostet sie 20 €, was de facto ein Verlustgeschäft für das Restaurant bedeutet. Denn neben den Beilagen und der Zubereitung kommen die laufenden Kosten für den Restaurantbetrieb und natürlich das Personal hinzu. Über kurz oder lang könnte die Seezunge demnach von der Karte verschwinden, genau wie zuvor schon der Hummer. 

„Sind in einem Tornado“

Was für das Fujiyama der Hummer ist, ist für das Ristorante-Pizzeria Carpini in der rue d’Audun die Jakobsmuschel. Sie wurde von der Karte genommen, da man die Teuerung im Einkauf nicht auf die Kunden abwälzen wollte. Bei der Wiedereröffnung nach Corona hatten die fünf Restaurants der Carpini-Gruppe ihre Preise angehoben. „Die Pandemie hat uns durchgeschüttelt“, sagt Peppino Carpini, Leiter des Restaurants in Esch, „nun aber sind wir in einem Tornado. Wenn das in diesem Rhythmus weitergeht, dann explodieren wir.“

Tag um Tag erhöhten sich die Preise beim Einkauf, sagt er. Natürlich hat die Carpini-Gruppe, die in Luxemburg rund 150 Menschen beschäftigt, Grundnahrungsmittel wie Mehl eingelagert. Doch der Großteil der Lebensmittel ist frisch und wird täglich angeliefert. „Das Fleisch zum Beispiel ist in letzter Zeit um 30% teurer geworden, wir können es aber nicht von der Karte nehmen“, sagt Peppino Carpini. An den Portionen sparen kommt nicht infrage, das würden die Kunden nicht verzeihen. Also sei man gezwungen, an der Preisschraube zu drehen. Das tat man unlängst beim Tagesmenü. Das kostet nun 14,90 Euro anstelle von 14,60 Euro. 30 Cent sind zwar nicht viel, in der Summe aber kann sich das schon negativ auf die Kunden auswirken. Zumal das Carpini täglich viele ältere Menschen beliefert, spätestens auf deren Monatsabrechnungen sieht man dann die Differenz. 

Peppino Carpini (Ristorante-Pizzeria Carpini)
Peppino Carpini (Ristorante-Pizzeria Carpini) Foto: Editpress/Julien Garroy

„Auch wenn das natürlich nicht der Fall ist und alle Menschen unter der Inflation leiden, hat man doch das Gefühl, dass es immer die Gastronomie trifft“, sagt Peppino Carpini. Man habe mit der Pandemie schon genug zu kämpfen gehabt. Er meint damit nicht nur die Zwangsschließung während der Lockdowns, sondern auch die veränderten Gewohnheiten der Menschen. „Viele bleiben zu Hause und lassen sich beliefern, anstelle ins Restaurant zu gehen. Dann können sie auch ein Glas Wein mehr trinken. Sie verbringen den Abend vor dem Fernseher, gucken Netflix, während sie früher ins Restaurant und ins Kino gegangen sind.“ Im Hinterkopf bleibt zudem, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. Dazu kommt nun die Preisexplosion bei den Lebensmitteln und der Energie. Die Inflation führt zudem zur Indexierung der Löhne. Zusammen mit dem Kaufkraftverlust der Kunden ergibt das eine explosive Mischung, nicht nur für die Gastronomie. „Ce n’est pas la belle époque“, sagt Peppino Carpini, „aber es hilft ja nichts. Auch wenn es schwer ist, man muss optimistisch bleiben. Eine andere Wahl haben wir nicht.“ 

Veränderte Gewohnheiten

Ihren Optimismus zu erhalten, fällt Sanda Kiefer auf der anderen Seite der Bahnschranke momentan ab und an schwer. Die Chefin des „Café op der Grenz“ in der Jean-Pierre-Bausch-Straße berichtet ebenfalls von veränderten Gewohnheiten der Gäste. „Vor allem die Jüngeren feiern seit der Pandemie eher zu Hause“, sagt sie. Da die Brauerei ihre Preise erhöht hatte, verteuerte sich bei ihr im Januar das Glas Bier von 2,60 auf 2,80 Euro. Da gab es noch keinen Krieg in der Ukraine und von höheren Kosten bei der Beschaffung von Energie und Rohstoffen redete niemand. Nun hat die Brauerei erneut angekündigt, ihre Preise zu erhöhen. „Wir probieren, Energie zu sparen, wo es nur geht. Die Küche wird zum Beispiel erst im letzten Moment angemacht, zudem haben wir LEDs installiert.“

Trotzdem ist auch sie nicht drumherum gekommen, die Preise für das Tagesmenü zu erhöhen. Vorspeise, Hauptgericht und Dessert kosten nun 15,60 anstelle von 13,80 €, das Hauptgericht 11,80 statt 10,60 €. Die Kunden reagieren darauf, sagt Sanda. Sie kommen weniger oft oder beschränken sich aufs Hauptgericht. Ihre Mittagskarte hat sich verändert, dort steht nur noch ein Fischgericht drauf. „Corona und nun die Preisexplosion. Da denkt man durchaus darüber nach, das Café dichtzumachen und abzuhauen“, sagt Sanda Kiefer zum Abschluss ein wenig resigniert, um kurz darauf ihren Optimismus wiederzufinden: „Keine Angst, Schließen ist keine Option.“

Sanda Kiefer („Café op der Grenz“)
Sanda Kiefer („Café op der Grenz“) Foto: Editpress/Julien Garroy
DanV
14. Juni 2022 - 12.13

@ Jean-marie Es scheint einfach, auf den Schwächeren zu zeigen. Dadurch wird es trotzdem nicht wahrer. Nicht Selenskyj, sondern Putin hat die EU im Griff. Und nicht nur die EU ... Putins "après moi le déluge" gepaart mit Cäsarenwahn reißt die Welt in einen Tsunami. Im russischen Staatsfernsehen wird nun Litauen als nächstes Ziel angedeutet. Wird dann Nauseda zum "Schuldigen"?

Grober J-P.
13. Juni 2022 - 9.31

Wusste nicht, dass in der Ukraine Thunfisch gezüchtet wird. Dieser Krieg kommt so manchem gerade recht. Seit wann kriegen wir Battin aus Kiew?

lupus-canis
12. Juni 2022 - 19.06

@jean-marie a wéi recht hues Du: Beispill : ëch war de Moien do wo ëch ëmmer gin, ee Brout kaafen, dat huet soos, 2,80€ kascht, elo 4,20 asw villmools merci dem Jéinegen mër kommen rëm an d`Zäite vu menge Grousselteren déi hun hiirt Brout selwer gebaak, an haten och hiirt Geméis am Gaart keen Auto, Alles zu Fouss ..

Jean-marie
12. Juni 2022 - 16.25

Tja Selenskyj hat die EU im Griff.