EU-KommissionFür Nicolas Schmit hat Europa „die Krise exzeptionell gut gemeistert“

EU-Kommission / Für Nicolas Schmit hat Europa „die Krise exzeptionell gut gemeistert“
Luxemburgs EU-Kommissar Nicolas Schmit zog gestern eine vorläufige Bilanz seiner Arbeit in Brüssel, während die Direktorin der Kommissionsvertretung in  Luxemburg, Anne Calteux, einen Überblick über die diesjährigen Vorhaben der Behörde gab Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die mit der Corona-Pandemie ausgelöste Krise ist in weiten Teilen auch eine soziale Krise. Wie die vor allem auf dem Arbeitsmarkt abgefedert wurde und was er anderes als EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte auf den Weg gebracht hat und noch angehen will, darüber sprach Nicolas Schmit gestern im Rahmen eines Besuchs in Luxemburg.

Für den luxemburgischen EU-Kommissar hat die Union die Corona-Krise „insgesamt exzeptionell gut gemeistert“. „Das hat man Europa vielleicht nicht zugetraut“, meinte Nicolas Schmit mit einem Verweis auf die vor zehn Jahren noch grassierende Finanz- und Wirtschaftskrise. Die wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen der gegenwärtigen Krise seien von den 27 mit solidarischen Lösungen angegangen worden, wobei vor allem der 750 Milliarden Euro umfassende Wiederaufbauplan im Mittelpunkt steht.

Ein gewichtiges Indiz, warum die EU-Mitgliedstaaten derzeit besser dastünden als in den schwierigen Zeiten vor zehn Jahren, seien die Arbeitslosenzahlen. Nicolas Schmit führt dies auf das sogenannte „Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage“, kurz „Sure“ genannt, zurück. Dieses wurde bereits im April 2020 von der EU-Kommission, also noch während des ersten Lockdowns in der EU, aufgelegt und sollte die EU-Staaten bei der Einführung oder Anwendung von Kurzarbeitsregelungen finanziell unterstützen. 100 Milliarden Euro wurden somit kurzfristig bereitgestellt, um Arbeitnehmer, aber auch Selbstständige zu unterstützen und zu verhindern, dass sie in die Arbeitslosigkeit abrutschen. 89,6 Milliarden Euro wurden auf diesem Weg an 19 EU-Staaten ausgezahlt. Luxemburg musste nicht auf die von Brüssel bereitgestellten Darlehen zurückgreifen, die über Sozialanleihen, die an der Luxemburger Börse notiert sind, finanziert werden.

Bessere Mindestlöhne in der EU

Mit einem seiner größten Richtlinienvorhaben will der EU-Sozialkommissar eine Verbesserung der Mindestlöhne in der EU durchsetzen. Am kommenden Montag werden die Vertreter der EU-Staaten, des Europäischen Parlaments sowie der Kommission in einer zweiten Trilog-Runde über den Kommissionsvorschlag verhandeln. Mit dem unabhängig von der Krise angegangenen Vorhaben sollen nicht nur einheitliche Regeln, sondern auch eine bessere Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten sowie eine Angleichung der Lebensstandards in den einzelnen EU-Staaten erreicht werden, so Nicolas Schmit. Unterschiede werden immer bestehen bleiben. So lag der Mindestlohn laut Angaben des EU-Statistikamtes Eurostat im vorigen Jahr in der EU zwischen 332 Euro in Bulgarien und 2.202 Euro in Luxemburg. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, den Mindestlohn EU-weit auf 60 Prozent des Bruttomedianlohns in einem Mitgliedstaat festzulegen. Einige EU-Staaten wie Deutschland, Spanien und Portugal wollten jetzt bereits ihren Mindestlohn anheben, sagte Nicolas Schmit. Im Rahmen dieser Richtlinie sollen die EU-Staaten sowie die Sozialpartner unter anderem auch darauf festgelegt werden, mindestens 70 Prozent der Arbeitnehmer tarifvertraglich abzudecken.

Erst im vergangenen Monat hat der EU-Sozialkommissar eine Regelung für Beschäftigte bei digitalen Arbeitsplattformen vorgelegt, zu denen etwa der Fahrdienstleister Uber zählt. Den in diesem Bereich Beschäftigten, die Nicolas Schmit als „Scheinselbstständige“ bezeichnet, sollen die gleichen Rechte garantiert werden wie normalen Arbeitnehmern. In manchen Ländern wurden diese Rechte bereits vor den Gerichten eingeklagt. Der Kommissionsvorschlag basiert auf einem Bericht des EU-Parlaments. Doch auch die meisten Mitgliedstaaten dürften damit einverstanden sein, meint Schmit, für den die „Plattform-Wirtschaft nicht außerhalb der sozialen Regeln funktionieren“ könne.

Empfehlungen für bessere Pflegedienste

Die soziale Dimension spiele jedoch ebenfalls im größten Projekt der Kommission, dem „Green Deal“, keine zentrale Rolle. Die Transition zur Klimaneutralität werde Auswirkungen auf viele Beschäftigte etwa in der Automobil-Industrie haben. Hier gehe es vor allem darum, Beschäftigungsverhältnisse zu garantieren, wobei Schmit vor allem auf Investitionen in die Weiterbildung und Umschulung setzt.

Neben neuen Initiativen zur Unterstützung der von der Corona-Krise besonders betroffenen Jugendlichen in Europa sowie der Reduzierung der Armut und des Armutsrisikos in der EU will der luxemburgische EU-Kommissar in diesem Jahr ebenfalls im Bereich der Pflege aktiv werden. Dabei will Nicolas Schmit vor allem die schlechten Arbeitsbedingungen und die geringe Qualität der angebotenen Dienste angehen. Zwar könne die Kommission in diesem Bereich keine Entscheidungen herbeiführen. Doch will der Sozialkommissar den genannten Übeln mit Empfehlungen an die Mitgliedstaaten beikommen.

Grüne Atomenergie, eine „Absurdität“

Eine „Absurdität“ nannte der luxemburgische EU-Kommissar Nicolas Schmit am Freitag die Absicht der EU-Kommission, Investitionen in die Atomindustrie im Rahmen der sogenannten Taxonomie als „nachhaltig“ einzustufen. „Das ist für mich nicht akzeptabel“, sagte er. Es sei klar, dass man insbesondere auf Gas als Transitionsenergie hin zur Klimaneutralität nicht verzichten könne, so der Kommissar. Neben der Atomenergie soll ebenfalls Gas als „nachhaltig“ klassifiziert werden, um Investitionen in diese Energieformen zu begünstigen. Was weitgehend auf Kritik stößt, von einer Reihe von EU-Regierungen jedoch so gefordert wird. Unter anderem Luxemburg, Deutschland und Österreich haben sich dagegen ausgesprochen. Die EU-Staaten haben die Kommission allerdings dazu befugt, eine Entscheidung zu treffen, die im Kollegium per Mehrheit getroffen wird. „Ich weiß, wie die Geschichte ausgeht, leider“, kommentierte Nicolas Schmit.

Würkelbürck
31. Januar 2022 - 22.00

Nie von ihn gehört. Und lese täglich mehrere Zeitungen, auf vier verschiedene Sprachen. Das sagt eigentlich alles darüber, wieviel gutes er eigentlich getan hat.

Charel Hild
29. Januar 2022 - 17.36

Typesch Europagedösel: "Tout est au mieux dans le meilleur des mondes (Europe) possibles". An da kuke mer net op dat wat esou grotteschlecht ass. Et ass d'Philosophie vum den Adelegen.