KulturhauptstadtEsch2022 in Rümelingen: kleine Stadt mit großen Vorhaben 

Kulturhauptstadt / Esch2022 in Rümelingen: kleine Stadt mit großen Vorhaben 
Das Gonner-Haus, ein ehemaliges administratives Gebäude, das in eine Unterkunft für Wanderer auf dem Minett-Trail umfunktioniert wird Foto: Lucien Montebrusco/Editpress

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Wer Rümelingen sagt, denkt an das gemütliche, kleine Städtchen am Südzipfel des Landes mit seiner reichen industriellen Vergangenheit, heute vor allem durch sein nationales Bergbaumuseum symbolisiert. Wer von außerhalb den Weg nach Rümelingen sucht, tut dies, um sich dort in den schweren Arbeitsalltag der Bergleute unter Tage zu vertiefen. Es sei denn, er schlägt einen der zahlreichen Wanderwege ein, die von Spuren ehemaliger industrieller Größe gesäumt sind.

Das vergangenheitsbezogene Image abzuschütteln, ist nicht einfach. Die Chance, eine Brücke zwischen gestern, heute und morgen zu schlagen, bietet Esch2022. Und die Stadt ist gewillt, sie zu ergreifen – mit innovativen Projekten, die sie für das Jahr der Kulturhauptstadt Esch2022 entwickelt hat. Leitprojekt ist „Raum Spektrum“, mit dem Rümelingen zum Experimentierfeld für eine bisher im Land nicht gekannte Form von Tourismus wird: Kreativtourismus.

Spektrum artikuliert sich um das Wohnhaus und Atelier des 1989 verstorbenen Rümelinger Bildhauers Albert Hames. Die Stadt hatte die Immobilien, die als Nationalmonument klassiert wurden, vor einigen Jahren erworben. Hames’ Werkstatt ist so erhalten geblieben, wie sie der Künstler hinterließ.

Pionier des Kreativtourismus

Im Atelier, im Wohnbereich und in einem derzeit noch im Bau befindlichen Nebengebäude werden Kunstprojekte initiiert, mit denen Rümelingen seiner Pionierrolle im Kreativtourismus gerecht werden soll. Ziel ist es nicht, Massen von Eintagesbesuchern anzuziehen. Kreativtourismus sei ein Nischenprodukt, sagte Giny Laroche, die das Projekt am Freitag in Anwesenheit des Rümelinger Schöffenrats und der Generaldirektorin von Esch2022, Nancy Braun, vorstellte.

Das im Bau befindliche Nebengebäude des Albert-Hames-Hauses in der Rümelinger rue de la Bruyère
Das im Bau befindliche Nebengebäude des Albert-Hames-Hauses in der Rümelinger rue de la Bruyère Foto: Editpress/Lucien Montebrusco

Wer im Spektrum ankommt, will Kunst hautnah erleben, sei es, weil er das Schaffen von Künstlern vor Ort verfolgen und ihnen beim kreativen Prozess über die Schulter schauen will, oder weil er sich selbst kreativ einzubringen gedenkt. Dazu werden Künstler in Residenz eine Reihe Workshops initiieren und dank immersiver Technologien wie Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) künstlerische Projekte anstoßen, an denen sich die Gäste des Hauses und andere Besucher aus der Ortschaft oder von außerhalb beteiligen können.

Das Albert-Hames-Haus ist derzeit noch eine riesige Baustelle. Das alte Gebäude samt Wohnbereich und Werkstätte wird instandgesetzt. Nicht zu übersehen ist der neue Annexbau, der hinter dem Haus in Beton gegossen aus dem Boden sprießt. Einmal fertiggestellt, werden mehrere Gästezimmer für Künstler in Residenz und andere, sowie Ateliers für kreatives Schaffen bereitstehen. In einer zweiten Phase wird aus dem Elternhaus von Albert Hames ein Gästehaus.

Das von Rümelingen und der Asbl. Esch2022 finanzierte Projekt „Spektrum“ wird in der ersten Novemberwoche starten. Erste Programmdetails werden bereits Mitte April auf spektrum.lu veröffentlicht.

Im August geht Radio CDLR-76 auf Sendung. Ein richtiges Radio ist es nicht, sondern eine „geheimnisvolle akustische Installation“. Der Geisterrundfunk, von Laura Mannelli konzipiert, wird künstliche und Naturklänge an verschiedenen Orten des Rümelinger Minett-Trail-Abschnitts ausstrahlen. Zu hören sein wird CDLR-76 in der Nähe des Gonner-Hauses, präzisierte Bürgermeister Henri Haine. Die Bezeichnung setzt sich aus den Initialen von Cédric, Damiano, Laura und Ruth zusammen, die bei einem Spaziergang in der Nähe eines ehemaligen Bergwerkstollens bei Rümelingen seltsame Klänge gehört haben wollen. 76 ist eine Referenz auf einen geheimnisvollen Sender aus Russland, UVB-76, ein Kurzwellensignal, das den dortigen Streitkräften zugerechnet wird.

An diesem Ort könnte in wenigen Monaten das geheimnisvolle Radio CDLR-76 zu hören sein
An diesem Ort könnte in wenigen Monaten das geheimnisvolle Radio CDLR-76 zu hören sein Foto: Editpress/Lucien Montebrusco

Vier weitere Projekte wird Rümelingen mit den Nachbargemeinden Esch und Kayl sowie der Partnerstadt Thionville realisieren. Am 26. März, dem Tag der Tag-und-Nacht-Gleiche, Äquinoktium, verwandelt sich die Stadt in ein Theater unter freiem Himmel, mit Handwerksmarkt, Yoga-Ateliers, Videoinstallationen, Kinovorstellungen und Workshops zur Schlafverbesserung. Denn bei EKINOX und seiner „Foire au sommeil“, so die Bezeichnung des Projekts, dreht sich alles ums Schlafen und Entspannen. Am 24. September, anlässlich der Tag-und-Nacht-Gleiche im Herbst, findet das EKINOX-Festival dann in Thionville statt.

Stilisierte Standpfeiler in Richtung Esch

Eine der beiden Koproduktionen mit Kayl-Tetingen nennt sich „Landscapes“. Künstler aus den Bereichen Fotografie, Tanz, Architektur, Musik, bildende Künste und Design werden im ehemaligen Tagebaugebiet, den heutigen Naturschutzzonen „Léiffrächen“ und „Hutbierg“, in den Sommermonaten den Besuchern ihre Projekte zum Thema Minette-Landschaft vorführen. Die Vocal-Band „Minetter Buggis“ vereint junge Sänger und Sängerinnen aus Kayl-Tetingen und Rümelingen und wird von der Jazzsängerin Claire Parsons begleitet. Ihren Jungfernauftritt feierten die „Minetter Buggis“ beim letzten Weihnachtsmarkt in Rümelingen.

Das Projekt „Seelebunn“ wird Rümelingen und Esch miteinander verbinden. Die ehemals 12,7 km lange Seilbahn diente bis 1980 dazu, Eisenerz aus Ottange nach Differdingen zu transportieren. Überreste der Pylone sind noch heute zu sehen. Auf vier von ihnen, jeweils zwei auf Rümelinger und zwei auf Escher Gebiet, wird der Holzbildhauer Wouter van der Vlugt stilisierte Standpfeiler aufbauen.

Die Projekte für Esch2022, insbesondere „Raum Spektrum“, werden den Rümelingern so manches abverlangen. Generaldirektorin Nancy Braun lobte denn auch den Innovationsmut der Gemeindeführung. Die Menschen seien allgemein Neuerungen gegenüber oftmals abgeneigt, sagte sie.

Leila
15. März 2022 - 11.32

Am Sonntag kam eine tolle Reportage über die "Kulturhauptstadt Esch sur Alzette" auf arte, so anziehend, dass man sofort dort wohnen möchte - würde man es nicht auch anders kennen...