TürkeiErdogan will bei Kommunalwahlen Istanbul für seine Partei zurückerobern

Türkei / Erdogan will bei Kommunalwahlen Istanbul für seine Partei zurückerobern
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan während einer Wahlkampfveranstaltung in Istanbul  Foto: AFP

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Bei den türkischen Kommunalwahlen am Sonntag hofft Präsident Recep Tayyip Erdogan auf die Rückeroberung der Stadt Istanbul durch einen Kandidaten seiner AKP-Partei. Allerdings lag der regierende Bürgermeister Ekrem Imamoglu von der Oppositionspartei CHP in den Umfragen zuletzt knapp vorn. Vor Imamoglus überraschendem Wahlsieg 2019 war Istanbul 25 Jahre lang in der Hand der AKP und deren Vorgängerparteien gewesen.

Der 70 Jahre alte Erdogan hatte die Kommunalwahlen kürzlich als „meine letzten Wahlen“ bezeichnet. Seine jetzige Amtszeit als Präsident endet im Jahr 2028, danach kann er laut Verfassung nicht mehr kandidieren. Kritiker befürchten aber, dass er noch einen Weg suchen könnte, um sich eine weitere Amtszeit zu ermöglichen.

Der Verlust des Rathauses in der Wirtschaftsmetropole Istanbul 2019 gilt als einer seiner schlimmsten Wahlniederlagen. Erdogan war selber in den 90er Jahren Bürgermeister der Millionenstadt, bevor er 2003 national an die Macht kam, zunächst als Ministerpräsident und seit 2014 als Präsident. Im vergangenen Jahr wurde Erdogan für ein drittes und nach aktuellem Recht letztes Mandat im Amt bestätigt.

Erdogan schickt für Istanbul seinen als Technokraten geltenden ehemaligen Umweltminister Murat Kurum ins Rennen. Der Präsident hofft außerdem auf den Sieg seiner Partei in den bislang ebenfalls von der Opposition geführten Großstädten Ankara, Istanbul und Izmir. „Die Wiedereroberung von Istanbul ist enorm wichtig für Erdogan“, meint der Politologe Berk Esen von der Universität Sabanci in Istanbul. Er verweist auf das enorme Budget, über das Istanbul verfüge, um die etwa 16 Millionen Einwohner zu versorgen.

Gespaltene Opposition

Der Wahlkampf von Erdogans Partei wird im staatlichen Fernsehen massiv ausgestrahlt, die Opposition weicht daher auf die Onlinemedien aus. Eine der größten Herausforderungen für Erdogans Partei ist die Inflation, die zuletzt bei 67 Prozent lag. Die Opposition ist seit der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr allerdings gespaltener als 2019. So hat die pro-kurdische Partei DEM in allen großen Städten eigene Kandidaten aufgestellt. Es wird damit gerechnet, dass DEM vor allem in den kurdisch geprägten Gebieten im Südosten der Türkei Erfolg hat, unter anderem in der mehrheitlich kurdischen Stadt Diyarbakir.

In der Region hatten auch 2019 zahlreiche Kandidaten der pro-kurdischen Partei gewonnen. Etwa 50 Bürgermeister wurden dann aber durch von der Regierung ernannte Verwalter ersetzt. Diese Erfahrung könnte die Wahlbeteiligung senken. „Manche Wähler könnten sich fragen, ob es sich überhaupt lohne, zur Wahl zu gehen“, meinte der Politik-Experte Eren Aksoyoglu.

Die pro-kurdische Partei, die im Parlament die drittstärkste Kraft ist, ist die einzige, die einen zweistelligen Anteil weiblicher Kandidatinnen hat, nämlich 31 Prozent. Die AKP stellt gerade mal zwei Prozent Frauen auf, bei der CHP sind es neun Prozent. Die Regierung wirft der DEM Verbindungen zu der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor, was diese jedoch zurückweist. (AFP)