ReiseberichtEin Ende und ein Anfang: Von Kambodscha nach Laos

Reisebericht / Ein Ende und ein Anfang: Von Kambodscha nach Laos
Angkor Wat ist der größte Tempelkomplex der Welt Foto: Laila Bintner

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Es wird Zeit, wieder Abschied zu nehmen und neu anzufangen. Siem Reap ist die letzte Stadt, die ich auf meiner Reise durch Kambodscha besuche. Hier trennen sich die Wege von meiner Freundin M. und mir. Ich reise alleine und ohne viele Erwartungen nach Laos, wo ich meine erste Nacht in Don Det verbringe. Ein Text über zwei Orte und ihre Übergänge.

Ich mag es, durch die Straßen von Siem Reap zu flanieren. Ich versuche, alles aufzunehmen: Die kleinen Seitenstraßen, die großen Bäume, die vorbeifahrenden Tuctucs, die französischen Kolonialbauten, die Motorräder am Straßenrand, die versteckten Tempel. Ich habe das Gefühl, dass die Straßen dieser Stadt in meiner Erinnerung immer merkwürdig real bleiben werden, auch wenn ich sie schon lange verlassen haben werde. Würde ich wieder zurückkehren, denke ich mir, würde es sich so anfühlen, als wäre ich nie wirklich weg gewesen.

Siem Reap ist die zweitgrößte Stadt Kambodschas und die vermutlich beliebteste bei Touristen. Das liegt vor allem an ihrer Nähe zu Angkor Wat, dem größten Tempelkomplex der Welt. Angkor Wat ist ein Teil der archäologischen Stätte von Angkor, der ehemaligen Hauptstadt des Königreiches der Khmer. Die Stätte besteht aus Hunderten von Tempeln, die verteilt im Dschungel liegen.

Es ist unmöglich, die ganze Stätte zu besichtigen. Ich entscheide, an einer Tour teilzunehmen, die mich zu drei der bekanntesten Tempel bringen wird. Um 4 Uhr morgens werde ich von meinem Hostel abgeholt, um den Sonnenaufgang bei Angkor Wat zu sehen. Ich komme bei dem imposanten Tempel an, als das erste Sonnenlicht beginnt, ihn zu erleuchten. Ich stehe in einer großen Gruppe von Menschen und wir schauen alle gebannt, wie die Sonne immer höher aufsteigt.

Laila Bintner im Tempelkomplex von Angkor Wat
Laila Bintner im Tempelkomplex von Angkor Wat Foto: Laila Bintner

Wiederkehrender Smalltalk

Der Guide führt uns danach durch die Tempelanlage und erklärt den historischen und religiösen Hintergrund, aber ich bin zu müde, um sehr viel davon mitnehmen zu können. An unserem letzten Abend in Siem Reap gehen M. und ich in ein hübsches Restaurant essen und reden über die Erinnerungen von unseren gemeinsamen Reisen. Am Tag darauf wird sie nach Malaysia fliegen, während ich nach Laos fahre. Es ist merkwürdig, dass wir jetzt nach so langer Zeit getrennte Wege gehen werden. Ich habe sie vor sechs Wochen in Vietnam an den ersten Tagen meiner Reise kennengelernt. Seitdem sind wir zu großen Teilen gemeinsam gereist und so bin ich, obwohl ich alleine nach Asien gekommen bin, noch kaum tatsächlich alleine gereist. Ich weiß auch, dass ich die Freundschaft mit M. vermissen werde.

Es kann anstrengend sein, in einem fremden Land zu sein und niemanden wirklich zu kennen. Dann muss man immer wieder die gleichen Smalltalk-Konversationen führen. „Where are you from?“, „What countries did you travel so far?“, „Where are you going next?“. Wir umarmen uns zum Abschied, kurz bevor wir schlafen gehen. „Ich kann es gar nicht realisieren, ich habe das Gefühl, dass wir morgen einfach ganz normal weitermachen“, meint M. noch. Aber am nächsten Morgen stehe ich auf, als sie noch schläft. Ich nehme meinen Rucksack und gehe zu dem Tuctuc, der mich zu der Bushaltestelle bringen wird. Während der Fahrt schaue ich, wie Siem Reap ein letztes Mal an mir vorbeizieht. Enden sind merkwürdig, denke ich mir. Im Moment selbst fühlen sie sich oft unspektakulär an. Es ist nicht viel mehr als einen Rucksack packen und in ein Fahrzeug steigen, aber dann gibt es kein Zurück mehr. Etwas ist vorbeigegangen, und es wird nie wieder so sein, wie es war.

Siem Reap war die letzte Stadt, die Laila Bintner auf ihrer Reise durch Kambodscha besuchte
Siem Reap war die letzte Stadt, die Laila Bintner auf ihrer Reise durch Kambodscha besuchte Foto: Laila Bintner

Im Minivan nach Laos fühle ich die Aufregung, die neue Anfänge mit sich bringen. Ich fahre nach Don Det, einer der sogenannten 2.000 Inseln im Mekong-Fluss ganz im Süden des Landes. Im großen Ganzen weiß ich nur wenig über Laos. Es ist im Vergleich mit seinen Nachbarländern wenig touristisch und wird von den meisten Backpackern, die durch Südostasien reisen, übersprungen. Da es als einziges Land in Südostasien keinen Zugang zum Meer hat, ist es für viele, die Urlaub machen wollen, wenig interessant.

Einsamkeit

Es wird ein anstrengender Reisetag. Nach einigen Stunden Fahrt müssen wir kurz vor der Grenze in einen anderen Van einsteigen. Dieser ist alt und außen sehr schmutzig, denn die Straße zum Grenzübergang ist holprig und schlammig. „Kaum zu glauben, dass diese Straße zu einer internationalen Grenze führen soll“, meint ein Reisender im Bus.

Nach acht Stunden kommen wir endlich in einem kleinen Hafen am Fluss an. Von hier legen die Boote nach Don Det ab. Die Landschaft, die ich bei der Überfahrt in einem kleinen Holzboot sehe, ist unglaublich schön. Von Don Det selbst bin ich allerdings am Anfang nicht so überzeugt. Das liegt vor allem daran, dass ich ankomme, als es schon so langsam dunkel wird. Bei Nacht wirkt die Insel etwas unheimlich, weil es kaum Beleuchtung gibt und fast niemand unterwegs ist. Ich habe einen Bungalow für eine Nacht gemietet, da es hier keine Hostels gibt. In der Nacht fühle ich mich seltsam alleine: Ich sitze in meinem Bungalow und realisiere, dass ich niemanden hier kenne. Ich habe das Gefühl, ich könnte verschwinden und es würde niemandem auffallen.

Am nächsten Morgen geht es mir wieder besser. Ich setze mich in eins der vielen Cafés am Fluss und lasse meine Gedanken mit dem Strom des braungrünen Wassers treiben. Mein Leben gerade ist nicht mehr als das Zirpen einiger Vögel, die Geräusche eines Bootmotors und die Holzhäuser, die das Wasser säumen. In diesen Einzelteilen kommt mir die Welt tragbar vor.

Laila Bintner in Don Det
Laila Bintner in Don Det Foto: Laila Bintner

Zur Person

Laila Bintner wurde im November 2002 geboren und ist in Lintgen aufgewachsen. Sie ist am Fieldgen zur Schule gegangen und hat während ihrer Schulzeit ein Praktikum beim Tageblatt absolviert. In Berlin hat sie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Politikwissenschaft als Nebenfach studiert. Von April bis August ist sie auf eigene Faust durch Südostasien gereist und berichtet über ihre Erfahrungen. 

Von ihrer Reise sind bisher folgende Artikel erschienen: 
– One-Way-Ticket ins große Abenteuer (18. Juli 2023)
– Spaziergänge durch Hanoi (24. Juli 2023)
– Vollmond in Nordvietnam: Weiterreisen in den Bergen Vietnams (31. Juli)
– Zwei Wochen, 1.600 Kilometer: Vietnam von oben nach unten (7. August)
– Kultur und Geschichte Kamdoschas (16. August)
– Das Ende der Erde: Eine Woche auf einer einsamen Insel (22. August)