EditorialDer Weg ist noch weit

Editorial / Der Weg ist noch weit
In Spanien gingen die Frauen auf die Straße, um das Verhalten von Rubiales anzuprangern Foto: AFP/Pau Barrena

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Ein Mann hat es geschafft, dass auch noch Monate nach dem Finale der Frauen-Weltmeisterschaft im Fußball fast nur über ihn geredet wird. Es handelt sich dabei nicht um Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo, sondern um Luis Rubiales. Der ehemalige spanische Verbandspräsident hatte Jennifer Hermosa nach dem gewonnenen Endspiel ohne deren Einwilligung auf den Mund geküsst und damit einen riesigen Skandal ausgelöst. Am Dienstag hat der internationale Fußballverband FIFA endlich reagiert und den Spanier für drei Jahre von allen Fußball-Aktivitäten ausgeschlossen.

Die Strafe ist mehr als angemessen, kommt aber auch etwas zu spät. Der Weltverband beruft sich auf Artikel 13 des Disziplinarreglements. In Absatz 1 und Absatz 2 geht es um „herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder Handlungen“. Warum bei einem solch eindeutigen Fall, der auf der Weltbühne stattfand und einen Sturm der Entrüstung auslöste, drei Monate vergehen müssen, um eine Entscheidung zu fällen, ist nur sehr schwer verständlich.

Eigentlich müsste Rubiales lebenslang gesperrt werden. Nicht wegen der Schwere des Delikts, sondern wegen seiner fehlenden Reue. Der spanische Macho ist zwar von seinem Amt als Verbandspräsident zurückgetreten – allerdings nur, weil der Druck aus der Gesellschaft und Politik zu groß wurde. Der 46-Jährige wird gegen das FIFA-Urteil in Berufung gehen und will „die Wahrheit ans Licht bringen“. Rubiales ist sich keiner Schuld bewusst und greift nach dem letzten Rettungsanker, der ihm wahrscheinlich sein Grab schaufeln wird.

In dieses könnten in Zukunft auch noch andere spanische Entscheidungsträger fallen. Rubiales ist nur die Spitze des Eisberges. Im spanischen Verband hat er weiterhin viele Verbündete. Die Reaktionen nach der Kuss-Affäre machten es deutlich. Bei einem Kongress im August wurde Rubiales zugejubelt. Es ist schwer vorstellbar, dass diese „Granden“ des iberischen Fußballs wenige Monate später ihre Meinung revidiert haben.

Die Welt ist noch weit davon entfernt, dass Sexismus und Gleichstellung kein Thema mehr sind. Der Fall Rubiales zeigt, dass Fortschritte gemacht wurden, zeigt aber auch gleichzeitig, dass es noch sehr viel Nachholbedarf in dieser sehr wichtigen Thematik gibt.

Der Fußball ist mit gigantischem Abstand die größte Sportart unseres Planeten. Etwa vier Milliarden Menschen – rund die Hälfte der Weltbevölkerung – interessieren sich mehreren Studien zufolge für das Spiel mit dem runden Leder. Fußball ist aber auch die am meisten von Männern dominierte Sportart. Genau aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Verbände, Vereine und auch die männlichen Fußballkollegen sich in Zukunft noch deutlicher und stärker für die Rechte der Frauen und gegen chauvinistisches Verhalten engagieren.

gerhard442
3. November 2023 - 11.56

Gut dass die FIFA sich so stark für Menschenrechte einsetzt. Deshalb fand die Fussball-WM der Männer ja auch letztes Jahr im Katar statt und 2034 sehr wahrscheinlich in Saudi-Arabien. In beiden Ländern ist öffentliches Küssen zwischen Frau und Mann streng verboten.. 2 Frauen bzw. 2 Männer die sich gegenseitig küssen, riskieren dort sogar sehr lange Haftstrafen. Ein Kuss ist tatsächlich ein sehr schlimmes Vergehen.