Parlamentarische Arbeit„Déi Lénk“ zieht Bilanz: „Unsere politischen Antworten sind vielleicht zu kompliziert“

Parlamentarische Arbeit / „Déi Lénk“ zieht Bilanz: „Unsere politischen Antworten sind vielleicht zu kompliziert“
„déi Lénk“ zieht parlamentarische Bilanz. Im Independent Café, um die Unabhängigkeit der Partei zu verdeutlichen. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Myriam Cecchetti und Nathalie Oberweis, die beiden Vertreterinnen von „déi Lénk“ in der Chamber, ziehen parlamentarische Bilanz und üben Kritik an der Regierung. Das Grundübel in der Dreierkoalition sei die DP.  Ihr Kompass gelte dem Kapital und den Betrieben, nicht den Menschen. Wer mehr soziale Gerechtigkeit wolle, würde an „déi Lénk“ nicht vorbeikommen, geben beide zu verstehen. Die Partei sei am Überlegen, wie man besser kommunizieren könne.

Für ihre parlamentarische Jahresbilanz hatte „déi Lénk“ ins Independent Café, kurz Indie’s, eingeladen. Aus gutem Grund. „So sehen wir uns – nämlich unabhängig“, erklärt Myriam Cecchetti.

Cecchetti und ihre Abgeordnetenkollegin Nathalie Oberweis lassen in ihren Ausführungen am Freitag aber auch klar erkennen, dass sie „déi Lénk“ als einzig wahre Alternative für eine sozial gerechtere Politik im Land ansehen. Zumindest ist die Partei die einzige, die noch das Rotationsprinzip beherzigt. Deshalb sitzen im Indie’s, neben etlichen Gemeinderatsvertretern, auch noch Marc Baum und David Wagner, welche die erste Hälfte der Legislaturperiode für die Partei in der Chamber saßen.

„Negative Symptome“

Ein Ständchen für die Regierung gibt es während des traditionellen Pressetermins vor den Sommerferien nicht, wohl aber eine Standpauke. Wirklich neu ist die nicht, nicht für „déi Lénk“ und schon gar nicht für eine Oppositionspartei.

Die Dreierkoalition komme noch so gerade eben über die Runden. Myriam Cecchetti redet von vielen „negativen Symptomen“. Mit dem Gießkannenprinzip werde viel in Betriebe investiert, kaum in den Menschen. Schlimm dabei sei eigentlich, dass jene Menschen diese Politik durch ihre Steuern selber finanzieren würden. „Et gëtt gepléischtert“, statt den Index beizubehalten und Kollektivverträge zu stärken, sagt die Abgeordnete.

Der Regierung würde es an langfristigen Projekten und Ideen fehlen, um bei strukturellen Problemen Lösungen herbeizuführen. Das liege daran, dass es an Konsens fehle. Die drei Parteien der Koalition würden sich gegenseitig im Wege stehen. Ein gutes Beispiel sei die Steuerdebatte, die eben nicht zu einer wahren Steuerreform führen werde. Dies vor allem „dank der DP“, daran lässt Myriam Cecchetti keinen Zweifel, genauso wenig wie daran, dass die Demokratische Partei mit ihrer kapitalfreundlichen Politik das eigentliche Grundübel dieser Koalition sei. Das wirke sich auch auf die Schulpolitik aus, der es an echten Reformvorhaben fehle. Talente würden nicht mehr gefördert: „D’Matière grise hëlt of.“

„Augenwischerei der Grünen“

Auch die Grünen bekommen ihr Fett weg: „Sie mögen den Tankrabatt nicht, finden ihn sogar kontraproduktiv, tragen ihn aber mit – was soll das?“ „Was ist denn Umweltpolitik?“, fragt sie. „Begrünung, öffentlicher Transport, Windräder?“ Alles Augenwischerei, kann man die Abgeordnete verstehen. Und was die Energieversorgung anbelangt, würde man im Winter sehen, was Grünen-Politik könne.

Um Ernst zu machen, habe die Regierung die Mindestlöhne erhöhen müssen, sagt Cecchetti. Nathalie Oberweis haut in dieselbe Kerbe. Sie spricht unter anderem von der Krise am Wohnungsmarkt: „Jeder weiß, dass sie da ist, aber es geschieht nichts.“ Bestenfalls gebe es Symptom-, aber keine Ursachenbekämpfung. „Der Markt regelt eben nicht alles.“ Wohnen sei ein Grundrecht, werde aber nicht so behandelt. Das könne daran liegen, dass jene, die besonders unter dem Wohnungsmangel leiden, nicht wählen dürfen. Die anderen, zu denen auch die Regierungsmitglieder gehören, würden vielleicht die Notwendigkeit noch nicht erkennen, um anders aktiv zu werden.

Das zeige ganz allgemein auch das Demokratiedefizit im Land. Viele, die hier leben, sind politisch ausgeschlossen. Zumindest was die Kommunalwahlen nächstes Jahr anbelangt, will „déi Lénk“ die Teilnahme von nicht-luxemburgischen Bürgern fördern.

Die Teilnahme am lokalen demokratischen Prozess müsse allen Einwohnern, also auch Nicht-EU-Bürgern, möglich sein – sowohl im Sinne des Zusammenhalts einer Gesellschaft, die durch ihren kulturellen Reichtum und ihre Vielfalt geprägt ist, als auch, um die Qualität der Entscheidungen der Bürger zu verbessern. Die Gemeinden seien durch ihre Nähe zum Bürger die geeignete Stelle, um Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen zu entwickeln. Die Kommunen könnten auch sicherstellen, dass die Eintragung in die Wählerlisten effizient erfolgt.

Nathalie Oberweis spricht auch vom Gesundheitswesen. Auch hier würde die Regierung nur Symptome lindern. Nein, das öffentliche Gesundheitssystem sei nicht gestärkt worden, es sei kein Personal rekrutiert worden.

„Regierung hat versagt“

Fazit: Für „déi Lénk“ hat die Regierung versagt. Daran wird sich ihrer Meinung nach auch bis zu den Wahlen nächstes Jahr nichts ändern. Damit sich etwas ändere, müsste der Druck in der Bevölkerung steigen. Die Wähler hätten es in der Hand, einen Wandel herbeizuführen.

Aber warum wählen nicht mehr Menschen „déi Lénk“, fragt ein Journalistenkollege. Überrascht sind die Vertreter der Partei nicht über die Frage. Sie würden sie sich nämlich öfters stellen, sagt Myriam Cecchetti. „Vielleicht müssen wir unsere Aussagen etwas vereinfachen, klarer formulieren …“ Das Problem von „déi Lénk“ sei, dass ihre Antworten und Lösungsvorschläge nicht unkompliziert seien, weil die Fragestellung, die Herausforderung komplex seien. Damit hat die Abgeordnete zweifelsohne recht. Allerdings gilt immer noch der Spruch, dass Politik die Kunst des Möglichen ist. Vielleicht sollten „déi Lénk“ es mal damit versuchen.

Filet de Boeuf
26. Juli 2022 - 15.31

Das Problem ist, dass die Leute immer weniger sozial werden wenn die Mittelschicht langsam an die Unterschicht angepasst wird. Ich muss ein 30 Jahre Darlehen zurück bezahlen für eine Wohnung, die ein Mindestlohnempfänger vom Staat bezahlt kriegt. Wo liegt der Unterschied?

Beobachter
23. Juli 2022 - 16.14

Der Mensch vor dem Kapital! Nur die Nimmersatten wollen davon nichts wissen.Sie werden es lernen müssen!

Jill
23. Juli 2022 - 10.37

Oh Herr lass Hirn regnen, danit wir klug genug werden um die Lösungsvorschläge von „Déi Lenk“ zu verstehen.