Kriminalität und SicherheitBürgernahe Polizeiarbeit: Wie sich Luxemburg ein Beispiel am Ausland nehmen könnte

Kriminalität und Sicherheit / Bürgernahe Polizeiarbeit: Wie sich Luxemburg ein Beispiel am Ausland nehmen könnte
Auch wenn sich viele Behörden noch schwertun bei der Umsetzung bürgernahen Polizeiarbeit, können Staaten wie Frankreich, Belgien oder auch die Niederlande mit ersten vielversprechenden Erfolgen punkten Foto: AFP

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Luxemburg will im Kampf gegen das Unsicherheitsgefühl künftig auf mehr Polizeipräsenz setzen. Europaweit sind die Vorteile einer „bürgernahen Polizeiarbeit“ unbestritten. Dennoch verläuft deren Umsetzung eher schleppend, wie das „Europäische Netzwerk für Kriminalprävention“ feststellt.

Jüngste Vorfälle, andauernde Diskussionen um die Sicherheit im öffentlichen Raum und die Kontroverse um den Einsatz privater Sicherheitsdienste in den Luxemburger Städten haben gezeigt, dass trotz deutlicher Fortschritte im Kampf gegen die Kriminalität und regelmäßiger Schläge gegen Drogenbanden das subjektive Sicherheitsgefühl der Luxemburger in den letzten Jahren insgesamt gesunken ist.

Diesem Phänomen wollen die verantwortlichen Kräfte nun mit einer verstärkten Präsenz uniformierter Polizeibeamte im öffentlichen Raum entgegenwirken. Tatsächlich wurde der Aufgabenbereich der Luxemburger Polizei um eine eigens dafür geschaffene Mission erweitert. Mit dem Ziel, deutlich sichtbarer in der Öffentlichkeit aufzutreten, den Bürgern als ständiger Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und möglichen Vergehen rasch und konsequent entgegenzutreten.

„Dialog der Gehörlosen“

So einleuchtend das Konzept einer bürgerorientierten Polizeiarbeit auch sein mag, so schwer aber scheinen sich die Behörden immer noch bei der Umsetzung zu tun. Von einem „Dialog der Gehörlosen“ sprach etwa das „Europäische Netz für Kriminalprävention“ (EUCPN), nachdem es die bürgernahe Polizeiarbeit, kurz BPA, unter dem österreichischen Ratsvorsitz 2018 zu einer Priorität auf europäischer Ebene erkoren hatte.

Auch wenn die Vorteile der BPA zu diesem Zeitpunkt bereits unbestritten waren, so stellt auch heute die Definition des Konzeptes sämtliche Mitgliedstaaten vor eine Herausforderung: Das Konzept sei nämlich bekannt für seine vielfältigen und teilweise divergierenden Definitionen, wie aus dem Umfeld des EUCPN verlautet. Umso wichtiger sei es, zuerst die politischen Entscheidungsträger und polizeilichen Führungskräfte zu überzeugen, da die Umsetzung relevanter Konzepte einen strukturellen und kulturellen Wandel innerhalb der Polizeiorganisation erfordere.

Ein Konsens besteht indessen aufseiten der Experten, was bestimmte Schlüsselprinzipien angeht, denen die unterschiedlichen Projekte entsprechen sollten. Wichtig sei etwa, dass die BPA den Rückhalt der politischen Entscheidungsträger genießt und die Sicherheitsorgane mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Auch müssten die Beamten angemessen ausgebildet und, wenn möglich, auch neue Technologien mit einbezogen werden. Allerdings sollte die Priorität bei der Nutzung dieser Instrumente darin bestehen, die Kommunikation und Interaktion zwischen Polizei und Öffentlichkeit zu verbessern und nicht darin, Informationen zu sammeln.

Wichtig sei auch, die Projekte lokal zu verankern und an die lokale Situation und den sozialen Kontext anzupassen. Der soziale Kontext habe einen großen Einfluss auf die Bedeutung, Interpretation und Umsetzung der Polizeiarbeit. „In Regionen, in denen ein historisches Misstrauen herrscht, kann die Wiederherstellung des Vertrauens Jahrzehnte dauern“, betont ein Sprecher des EUCPN. Es sei daher unerlässlich, dass der Gemeinschaft ausreichend Zeit eingeräumt wird, um die Polizeibeamten kennenzulernen, und Letztere verstehen, wie die Gemeinschaft funktioniert. Denn: „Begegnungen zwischen Polizei und Öffentlichkeit sind entscheidend für die Qualität der Beziehung.“

Die Polizei sollte sich über die lokalen Bedürfnisse informieren und diesen nachkommen. Eine verstärkte Präsenz trägt den Experten zufolge nicht immer zur Lösung bei. In manchen Situationen sei es vielmehr angebracht, die Ursachen der Kriminalität zu bekämpfen, um auf Dauer Erfolg zu haben: „Obwohl eine gezielte Polizeipräsenz die Kriminalität kurzfristig reduzieren kann, kann die Problemlösung langfristig einen sehr viel stärkeren Effekt haben“, heißt es hierzu vom EUCPN.

Besonders entscheidend für den Erfolg einer bürgernahen Polizeiarbeit sei indessen aber die Kommunikation zwischen Polizei und Öffentlichkeit. Aber aufgepasst: „Zu wenig Kommunikation kann zu einem Anstieg der öffentlichen Ängste führen, zu viel Kommunikation und unvorsichtiger Umgang mit Informationen kann die Einsatzfähigkeit der Polizei beeinträchtigen und unangemessene Kommunikation kann die Gemeinschaft entfremden und die Beziehungen zwischen Polizei und Öffentlichkeit beschädigen“, sagen die Experten.

Deshalb sollte die Polizei nicht nur als Reaktion auf einen bestimmten Vorfall mit der Öffentlichkeit kommunizieren, sondern proaktiv und regelmäßig. Aktuell haben Bürger meist nur in Krisenfällen mit der Polizei zu tun. Es sei aber wichtig, auch entspannte Interaktionen mit der Öffentlichkeit anzustreben. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die gut über Polizeiarbeit informiert sind, tendenziell positivere Meinungen von der Polizei haben.

Mein Nachbar ist der Polizist

Mit dem guten Beispiel voran geht die ungarische Initiative „Mein Nachbar ist der Polizist“, die 2018 den dritten Platz beim „Europäischen Kriminalpräventionspreis“ belegen konnte. Angestrebt wurde eine direkte Kommunikation der Polizei mit der Bevölkerung im Budapester Viertel Zuglo. Daher wurden die Polizisten mit Autos, Fahrrädern und Smartphones ausgestattet, die Bilder von Überwachungskameras anzeigen konnten. Daneben wurden herausragende professionelle Leistungen der Beamten belohnt.

Über Flyer, Karten und Poster mit Fotos und Kontaktinformationen konnten die Bewohner „ihre“ örtlichen Polizeibeamten besser kennenlernen. Außerdem wurde am Beispiel der „World Café“-Methode das „Police Café Zugló“ ins Leben gerufen. Dabei wurden regelmäßig relevante Themen definiert, die in einem ungezwungenen Rahmen durchdiskutiert wurden, um Lösungsansätze zu finden. So wurden in Seniorenclubs etwa Vorträge über Verbrechen an älteren Menschen gehalten oder ein Netzwerk zwischen staatlichen, zivilen und lokalen Institutionen aufgebaut, die sich mit den Kindern des Viertels befassen.

In Belgien kann indessen die „Neighbourhood Conciergerie“ überzeugen. Dabei handelt es sich um einen lokalen Dienst der Gemeinde, der darauf abzielt, die Beziehungen zwischen Bewohnern in einem streng definierten Viertel zu fördern. Ziel ist die Verbesserung der Lebens- und Umweltqualität in der Nachbarschaft mit einer Reduzierung des Unsicherheitsgefühls. Dazu wurde ein sicherer Raum für eine effiziente Kommunikation geschaffen: Die Beteiligten können ihre Beobachtungen und Fragen austauschen und Sicherheitsbedenken melden. Diese können dann von sämtlichen Akteuren in einem bestimmten Areal bearbeitet werden. Beteiligt sind auch Mitarbeiter der örtlichen Behörden, die Fragen selbst beantworten oder an die zuständigen Stellen weiterleiten.

In Frankreich wurde indessen die „territoriale Kontaktbrigade“ als Teil der täglichen Sicherheitspolizei gegründet, um die Verbindung zwischen der Gendarmerie, der Bevölkerung und den gewählten Vertretern des öffentlichen Sektors zu stärken. Das für diese Mission eingesetzte Personal ist ständig vor Ort und trägt dazu bei, gute Beziehungen zu den Gendarmen zu gewährleisten, wenn die Situation es erfordert. Dieses Projekt, das an die Bedürfnisse und die Erwartungen und Besonderheiten einer Nachbarschaft angepasst ist, wird sowohl von der Bevölkerung als auch den gewählten Beamten geschätzt.

Breda macht es vor

Luxemburg dürfte vor allem aber die „Neighbourhood Prevention Breda“ interessieren: Seit elf Jahren schon arbeiten Einwohner, Polizei und Gemeinde in der Kooperative zusammen, um die Sicherheit und Lebensqualität in der niederländischen Gemeinde zu verbessern. Dabei tragen Bewohner, Polizei und Regierung gemeinsam die Verantwortung für die Sicherheit in den Vierteln. Dadurch sind sie Partner in Sachen Sicherheit, wobei die Bewohner eine führende Rolle einnehmen. Gemeinsam tauschen sie Informationen aus und verfolgen Kriminalitätstendenzen. Jeder Partner ist ein wichtiger Teil des Systems der Kriminalprävention und gemeinsam sorgen sie für die Sicherheit der Stadt.

Die Politik der Kooperative wird von einer Kontrollgruppe festgelegt. Diese besteht aus vier Bewohnern und je einem Vertreter der Polizei und einem der Gemeinde. Die Bewohner sind somit Besitzer eines Problems. Die Polizei und die Gemeinde haben eine hauptsächlich moderierende Rolle. Auf diesem Weg konnten bereits 100 Nachbarschaftspräventions-, Wohnungsalarm- und WhatsApp-Gruppen mit 3.300 Kontaktpersonen auf der Straße und mehr als 18.000 Adressen miteinander verbunden werden.

In der Regel machen Bürger nur in Notfällen Bekanntschaft mit der Polizei. Ziel einer bürgernahen Polizeiarbeit ist es jedoch, einen ständigen Dialog aufzubauen und das Bild des repressiven Machtorgans abzuschwächen.
In der Regel machen Bürger nur in Notfällen Bekanntschaft mit der Polizei. Ziel einer bürgernahen Polizeiarbeit ist es jedoch, einen ständigen Dialog aufzubauen und das Bild des repressiven Machtorgans abzuschwächen. Foto: dpa/Marius Becker
Realist
8. Oktober 2021 - 13.50

Bürgernahe Polizeiarbeit im Ausland: Zahlreiche Fusspatrouillen, allem voran in Kriminalitäts-Hotspots. Dasselbe in Luxemburg: Mehr Verkehrskontrollen.

Ënnert Ons
8. Oktober 2021 - 10.27

An enger Demokratie mat Präsident oder anderen Staatskapp hun d‘Ministeren fun deenen verschidenen Ressoren duerfir ze suergen an garantéiren dass sie daat Richtegt maachen. Wann se eppes falsch maachen gin si direkt ersaat. De Kap fum Staat bekëmmert sech jo ëm Staatsangeléienheeten. Dass deen a Froo kommenden Minister punkto Polizei een Polizeidirekter huet deen all néidech Entschéidungen richteg huelen oder seng kaap huelen muss ass folglech dann och normaal, oder ? Anerschters geet ët ewéi elo monter weider mat deem Resultat waat mir reichlech kennen an eis zum Hals ersus hängt , oder?