Thierry HoscheitBettelverbot: Der Präsident des Obersten Gerichtshofs hat ein Problem mit der Politik

Thierry Hoscheit / Bettelverbot: Der Präsident des Obersten Gerichtshofs hat ein Problem mit der Politik
Magistrat Thierry Hoscheit: „Wenn die Politik das Betteln verbieten möchte, dann soll sie ein Gesetz machen. Sie hat alle nötigen Instrumente in der Hand. Aber die Politik soll bitte aufhören, über eine Säule unseres Rechtsstaates herzufallen.“ Foto: Editpress/Julien Garroy

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Magistrat Thierry Hoscheit ist neuer Präsident des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichts. Am 18. Januar wurde er feierlich in sein Amt eingeführt. Vereidigt wurde er im Oktober 2023. Ein Gespräch über seine neuen Aufgaben, Platzmangel, Rekrutierungsprobleme und Künstliche Intelligenz. Über die Justiz im Allgemeinen und über Vertrauen in den Rechtsstaat sowie die Diskussion ums Bettelverbot im Besonderen.

Es ist Dienstag. Kurz nach halb zwei. Der Magistrat hat eben sein Fahrrad auf dem Vorplatz der „Cité judiciaire“ geparkt.

Tageblatt: Sportlich?

Thierry Hoscheit: Ja! (er lacht und wirkt zufrieden) Lassen Sie uns doch gleich in mein Büro gehen.

(Hoscheits Arbeitszimmer ist dezent eingerichtet, nicht gerade riesengroß, bietet aber eine gute Sicht auf die Gerichtsgebäude zu der einen Seite hin. Auf der anderen blickt man in den Grund, über die Alzette bis hin zum Rham-Plateau.)

Jura-Studenten kennen ihren „Hoscheit“. In Justizkreisen und darüber hinaus sind Sie und Ihre Publikationen geschätzt und bekannt. Wie aber erklären Sie Ihren neuen Job jemandem, der Sie nicht kennt? Was machen Sie als Präsident des Obersten Gerichtshofes und des Verfassungsgerichts? Worüber richten Sie? Was entscheiden Sie?

Meine Arbeit besteht eigentlich aus drei Teilen. Zum einen geht es um Urteile und Fragen, mit denen wir als Oberstes Gericht in Kassations- oder Verfassungssachen befasst werden. Damit muss ich mich beschäftigen, mich mit meinen Kollegen beraten und zu einer Entscheidung kommen. Zweitens geht es um organisatorische Aufgaben. Ich bin damit beauftragt, den Obersten Gerichtshof, beinhaltend Berufungs- und Kassationsgericht, und den Verfassungshof zu leiten. Der Betrieb muss funktionieren, die Zusammensetzung der Richterkammern muss geplant werden. Konkretes Beispiel dafür ist ein größerer Berufungsprozess, der im Frühjahr an einer Strafgerichtskammer vorgesehen ist. Unter den 36 Richtern des Berufungsgerichtes kamen nur sieben infrage, weil sie, als Einzige, noch nichts mit diesem Gerichtsfall zu tun hatten. Drei davon habe ich ausgewählt, um sich während drei Wochen mit der Sache zu beschäftigen. Drittens vertrete ich den Obersten Gerichtshof in internationalen Gremien. Also beispielsweise, wenn es um Fragen des Verfassungsgerichtes geht oder um allgemeine Praktiken. Dies sind regelmäßige Treffen – Austausch –, um über juristische Probleme zu reden, um einer vom anderen zu lernen, um zu sehen, wie Probleme im Ausland angepackt werden. Allgemein geht es auch darum, über den Luxemburger Tellerrand hinauszublicken.

Dürfen Sie anderen Richtern sagen, wie sie zu entscheiden haben?

Nein. Nie. Jeder Richter ist frei in seiner Entscheidungsgewalt. Ich spreche aber gerne auf Augenhöhe mit meinen Kollegen über alle möglichen Fragen und Probleme. Nicht von der Kanzel herab. Es geht mir darum, zu helfen, stets die beste Lösung im Interesse der Rechtsprechung zu finden.

Man sieht Sie oft lachen, bei Empfängen, auch auf Fotos. Sie wirken nicht nur sportlich, sondern auch wie eine Frohnatur …

Ja, froh und glücklich zu sein, ist doch das Schönste im Leben. Das Dasein ist angenehmer, wen man lacht und sich selber nicht immer so ernst nimmt. Meine Familie trägt viel zu dieser Gemütslage bei. Meine drei Kinder sind von heiterer Natur. Wenn wir alle zusammen sind, geht’s immer hoch her.

Zum Lachen ist Ihr Job aber bestimmt nicht immer?

Nein, natürlich nicht. Wir haben hier am Gericht ja mit dem Schicksal von Menschen zu tun. Wir entscheiden über Haft- und Geldstrafen, oder zum Beispiel, ob und wie sie ihre Kinder sehen dürfen. Das alles nehme ich ernst. Vor allem ist es wichtig, keine Entscheidungen übers Knie zu brechen.

Was sagen Sie zur Diskussion übers Bettelverbot? (Thierry Hoscheit seufzt) Sorry, aber die Frage muss ja gestellt werden.

Ich seufze ja nicht, weil Sie die Frage stellen, ich seufze angesichts dessen, was sich da abspielt.

Das heißt?

Also in der ganzen Geschichte gibt es drei Aspekte. Will man das Betteln verbieten oder nicht verbieten? Das ist eine Angelegenheit der Politik. Sie muss das entscheiden. Da ist es nicht an mir, darüber zu befinden. Ist es juristisch möglich, das Betteln zu verbieten, das ist eine Frage an die Gerichte, über die ich mich hier aus Unparteilichkeitsgründen nicht aussprechen darf, da ich als Richter mit dieser Frage befasst werden kann.

„Par conter“ (Thierry Hoscheit betont hier deutlich), womit ich ein Problem habe, das ist die Art und Weise, wie jetzt von den Politikern über die Justiz geredet wird. Dann muss ich mich als Präsident des Obersten Gerichtshofes vor die Justiz stellen und die Institution, eine der Säulen unseres Rechtsstaates, verteidigen. Als Justiz treffen wir unsere Entscheidungen unparteiisch und unabhängig. So wie es in unserem Rechtssystem, in unserer Demokratie vorgesehen ist. Ich finde deshalb diese jetzt stattfindende Diskussion aus zwei Gründen ganz schlimm. Erstens, weil unsere Justiz in der Öffentlichkeit so dargestellt wird, als ob sie politische Entscheidungen treffen würde. Das tun wir als Justiz sicher nicht, wir haben mit Politik machen nichts am Hut. Wir haben Gesetze, die wir anwenden sollen, und wir wenden diese Texte an. Punkt. Schluss. Zweitens finde ich schlimm, dass unsere Entscheidungen in der Öffentlichkeit nicht respektiert werden. Unser Rechtssystem fußt darauf, dass wir Entscheidungen treffen, bei denen die Menschen darauf vertrauen können, müssen, dass sie unparteiisch und unabhängig getroffen wurden. Und, dass diese Entscheidungen dann auch angewendet und respektiert werden. Wenn dann unsere Politiker sagen, dass es im Gesetz von 2008 einige Unklarheiten darüber gebe, ob die rechtliche Basis für das einfache Betteln abgeschafft wurde oder nicht, dann muss man feststellen, dass seither einige Urteile entschieden haben, dass diese Basis abgeschafft wurde. Dass also einfaches Betteln laut Gesetz nicht verboten ist. Dazu gibt es Gerichtsurteile. Eine Jurisprudenz, die zu achten ist, egal, von welcher Gerichtsinstanz das Urteil gesprochen wurde. Wenn das nicht beachtet wird, habe ich als Vertreter der Justiz ein Problem damit, dass die Politiker unsere Entscheidung nicht respektieren. Denn da geht es um die Fundamente der Demokratie. Und was gibt das denn in der Öffentlichkeit für ein Bild ab, wenn Politiker sagen, was interessiert mich das, was die Gerichte entschieden haben. Wenn die Politiker sagen, dass sie das nicht zu respektieren bräuchten, dass sie sich daran nicht zu halten hätten. Was sagen dann die Bürger dieses Landes? Wie steht es dann um deren Vertrauen in die Justiz? Das ist ein fundamentales Problem der in der Öffentlichkeit geführten Diskussion unserer Politiker. Und da muss ich in meiner Funktion sagen: Bitte Stopp! Hört auf damit! Wir bewegen uns damit auf eine Schieflage zu. Wenn die Politik das Betteln verbieten möchte, dann soll sie ein Gesetz machen. Sie hat alle nötigen Instrumente in der Hand. Aber die Politik soll bitte aufhören, über eine Säule unseres Rechtsstaates herzufallen.

Wenn die Politik das Betteln verbieten möchte, dann soll sie ein Gesetz machen. Sie hat alle nötigen Instrumente in der Hand. Aber die Politik soll bitte aufhören, über eine Säule unseres Rechtsstaates herzufallen.

Thierry Hoscheit

Die nächsten Tage werden hoffentlich Klarheit in der Sache schaffen. In ihrer Antrittsrede am 18. Januar haben Sie die Justiz als zentrale Säule des Staates bezeichnet. Justiz sei wichtig für das Funktionieren des Staates, sozialen Frieden, Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Justiz habe auch eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Und sie habe eine Kontrollfunktion. Klingt alles einleuchtend, es scheint Ihrer Auffassung nach aber nicht immer gewährleistet. Warum?

Ich würde nicht sagen, dass das nicht immer der Fall ist.

Sie haben aber doch von möglichen Gefahren gesprochen, dass man sich einsetzen müsse, damit alles sich zum Besseren entwickle?

Das bezog sich darauf, dass die Menschen Vertrauen in die Justiz und ihr Funktionieren haben müssen. Außer jetzt bei diesem Fall, wo es ums Betteln geht, wo die Justiz jetzt in der Öffentlichkeit von Politkern diskreditiert wird, habe ich keinen konkreten Anhaltspunkt, um zu sagen, dass ein Problem zwischen Regierung und Justiz besteht. Ich möchte aber betonen, dass man täglich dran arbeiten muss, damit das Vertrauen der Öffentlichkeit gegenüber der Justiz bestehen bleibt. Daran zu arbeiten, bedeutet auch, uns die nötigen Instrumente zu geben, um diese Arbeit anständig zu machen.

Was braucht es dazu?

Dazu gehören zum einen die Gesetzestexte. Andere Instrumente, die wir haben müssen, sind ausreichend Leute, um die Arbeit meistern zu können. Das Arbeitspensum nimmt nicht ab. Die Bevölkerung entwickelt sich. Es kommen immer mehr Grenzgänger, die Wirtschaft wächst und alles das zieht ein gewisses Maß an Streitfällen an, mit denen wir uns am Gericht beschäftigen müssen. Das machen wir auch, aber dabei stellt sich auch eine Frage der Fristen. Es ist natürlich besser, eine Antwort in einem Streitfall binnen sechs Monaten zu haben statt binnen sechs Jahren. Deshalb benötigen wir genügend Personal mit der adäquaten Ausstattung.
Es geht um die nötige Zahl an Gebäuden, Sitzungssälen und Büros. Da besteht heute ein eindeutiges Problem. Dann brauchen wir auch die nötigen Prozedurregeln. Wohl haben wir die, aber da kann man immer noch nachbessern. Man kann die Prozeduren einfacher gestalten, damit wir schneller vorankommen. Dies selbstverständlich stets, ohne die Qualität unserer Arbeit und die Rechte der Parteien zu vernachlässigen. Es geht nicht darum, Prozeduren zu ändern, nur damit sie schneller werden. Die Grundwerte der Gesellschaft und unserer Arbeit dürfen dabei nicht über Bord geworfen werden.

Darüber wurde ja auch schon öfters in Bezug auf die „Comparution immédiate“ zum Beispiel gesprochen.

Ja, aber auch in diesem Fall ist es nicht an mir, dem Gesetzgeber vorzuschreiben, was er tun soll. An der Justiz ist es allerdings, darauf hinzuweisen, was die praktischen Probleme bei der Umsetzung einer solchen Entscheidung sein könnten. Verfügbarkeit von Richtern, Anwälten, Übersetzern, die Vorbereitung des Falles durch die Staatsanwaltschaft und dafür nötige Analysen und der Schutz der Interessen der Beschuldigten. Es stellen sich eine ganze Reihe an Fragen, bei denen es wichtig ist, dass die Politiker uns zuhören. Es geht nicht darum, dass wir sagen, lasst die Finger davon. Es geht darum, dass wir sagen, welche Punkte gemeinsam geregelt werden müssen. Wir sind die Leute vom Fach, wir wissen, was wir brauchen.

Stichwort: „Cité judiciaire“. Die hehre Idee, die gesamte Justiz hier am Heilig-Geist-Plateau zu konzentrieren, sei eigentlich bereits am Tag des Einzuges Makulatur gewesen, sagten Sie beim Neujahrsempfang der Justiz. Viele Jahre später sind Sie in Ihrer aktuellen Position damit geplagt. Und nun?

Es ist Fakt, dass nicht alles hier in der „Cité judiciaire“ versammelt ist, was mit der Justiz zu tun hat. Jetzt liegen die entferntesten Büros um die 300 Meter weit weg, es wird aber darüber nachgedacht, verschiedene Abteilungen in einer Distanz von zwei bis drei Kilometern unterzubringen. Dann wäre es vorbei mit dem alltäglichen Kontakt untereinander, was für unsere internen Arbeitsabläufe nicht ideal ist. Ich denke da besonders auch an den Transport von Aktenordnern bei größeren Prozessen und das damit verbundene Sicherheitsproblem. Ich denke aber auch an die Anwälte, die, wenn sie an zwei Standorten plädieren müssten, ein Problem hätten.

Ist das denn überhaupt in den Griff zu bekommen?

Wenn es dann so wäre, dass die Arbeit an zwei Standorten gemacht werden müsste, dann müsste man Mittel und Wege finden, dies zu organisieren. Aber alles würde komplizierter werden. Deshalb setzen wir alles daran, dass alles zumindest so nah wie möglich beieinander liegt.

Wenn das aber zu Trump-ähnlichen Zuständen führt, dass überhaupt kein Vertrauen mehr besteht in die Justiz als dritte Gewalt im Staat, dann haben wir ein reelles Problem

Reden wir vom Rekrutieren neuer Mitarbeiter. Auch nicht so einfach, gaben Sie in Ihrer Antrittsrede zu verstehen, zum Beispiel Leute mit der nötigen Kompetenz in der Magistratur anzuwerben?

Ja, aber das ist ein generelles Problem. Egal, mit wem Sie heute reden, jeder, der einen Juristen einstellen möchte, hat Schwierigkeiten, den geeigneten Kandidaten zu finden. Der Staat, die Ministerien, Anwaltskanzleien oder Privatbetriebe zum Beispiel. Zurzeit besteht definitiv ein großer Mangel an Juristen.
Viel vom Vertrauen der Öffentlichkeit in unsere Arbeit hängt damit zusammen. Es wird erwartet, dass wir Qualitätsarbeit liefern. Die kann man aber nur mit kompetenten Leuten liefern.

Sie sprachen bei Ihrer Antrittsrede von der Attraktivität des Berufes. Von Karriereentwicklungen. Quereinsteiger zum Beispiel hätten es nicht leicht. Nötig wären sie aber in verschiedenen Kompetenzbereichen.

Das Problem ist, dass Quereinsteiger immer am untersten Ende anfangen müssen. Je nach Alter, Kompetenzen und Berufserfahrung wollen viele das aber nicht. Dann kommen sie nicht. Das ist das Problem der Attraktivität der Magistratur. Es geht nicht nur um die Frage, welche speziellen Kompetenzen sie haben, es geht auch um Anwälte oder Beamte, die irgendwann umsatteln wollen, weil sie ihr mitunter hohes Arbeitspensum nicht mehr ertragen. In der Magistratur gibt es ebenfalls nicht immer eine 40-Stunden-Woche, unterm Strich ist alles aber geregelter und stressfreier als in verschiedenen Anwaltskanzleien. Es geht also darum, zu überlegen, was man machen könnte, um die Berufslaufbahnen in der Magistratur anders zu gestalten, damit sie für Quereinsteiger interessant sein können.

Die Menschen müssen Vertrauen in die Justiz haben können. Auch das gaben Sie in Ihrer Antrittsrede zu verstehen. Ist dem nicht so?

Da könnte man jetzt länger diskutieren, darüber, was oder warum was ist. Es ist vielleicht einfach der Ausdruck einer allgemeinen Bewegung in unserer Gesellschaft, dass das, was früher als Autorität anerkannt wurde, heute nicht mehr in gleichem Maße Autorität darstellt. Es ist ja auch nicht schlecht, dass verschiedene Sachen infrage gestellt werden. Das kann ja auch dazu führen, dass wir als Justiz uns und unsere Arbeitsweisen selber infrage stellen. Also man sollte das nicht allzu negativ sehen. Wenn das aber zu Trump-ähnlichen Zuständen führt, dass überhaupt kein Vertrauen mehr besteht in die Justiz als dritte Gewalt im Staat, dann haben wir ein reelles Problem.

Wir müssen unseren Mitarbeitern sagen, wo und wie sie die KI nutzen können, wo die rote Linie ist, ab der Künstliche Intelligenz unter keinen Umständen zu benutzen ist

Vertrauen stärken durch schnellere Prozeduren?

Ja, ein Beschuldigter versteht seine Strafe besser, wenn sie recht kurz nach der Tat gesprochen wird statt Jahre danach. Es ist aber nun auch mal so, dass verschiedene Streitsachen vor Gericht nicht schneller vorwärtskommen, weil langwierige Ermittlungen zu führen sind, teilweise auch im Ausland.

Stichwort Künstliche Intelligenz. Lange haben Sie darüber gesprochen, in Ihrer Antrittsrede. Zusammenfassend: Es sei ein gutes Hilfsmittel, sagten Sie, aber der Mensch müsse stets die Hoheit behalten. Dem stimme ich gerne zu. Nur, denken wir da vielleicht nicht zu linear? Kann man die KI im Griff behalten?

Da gibt es zwei Seiten. Die eine Seite betrifft die Konzeption, die Entwicklung der Instrumente der Künstlichen Intelligenz. Wenn die Industrie, die Wissenschaftler die Möglichkeit sehen, etwas machen können, dann wird es gemacht. Als Justiz da einzugreifen, scheint mir in der Tat relativ kompliziert.
Auf der anderen Seite aber geht es um die, welche die KI benutzen. Da stehen wir in der Verantwortung. Wir müssen unseren Mitarbeitern sagen, wo und wie sie die KI nutzen können, wo die rote Linie ist, ab der Künstliche Intelligenz unter keinen Umständen zu benutzen ist. Und an anderen Stellen müssen wir die nötigen Vorsichtsmaßnahmen treffen. Da kann man sich die nötigen Instrumente geben, das zu kontrollieren.

In der Öffentlichkeit gibt es aber ein gewisses Unbehagen. Es geht ja auch um Verbraucherrechte. Es gibt nicht wenige Probleme durch Digitalisierung. Menschen fühlen sich überfordert. Polizei und Wirtschaft fühlen sich herausgefordert, manchmal gar überrumpelt.

Der Gesetzgeber kann da natürlich etwas machen. Auf EU-Ebene wird zurzeit ja vehement darüber geredet, wie die KI zu nutzen sei. Wichtigstes Element in der Diskussion scheint mir, dass am Ende deutlich erkennbar sein müsse, was von einem Menschen und was von einer KI gemacht wurde. Maschinen haben keine Moral, kein Gewissen. Deshalb bin ich sehr skeptisch, eine Maschine ein Gerichtsurteil schreiben zu lassen. Das ist eine der roten Linien, die besonders auch im Interesse des Vertrauens der Bürger in die Justiz nicht überschritten werden darf.

Robert Hottua
3. Februar 2024 - 14.00

Guten Tag Herr Hoscheit, 1934 sagte der Wegbereiter des Nationalsozialismus und Nazi-Jurist Carl SCHMITT: "Aus dem Führertum fließt das Richtertum. (…) Das Richtertum des Führers entspringt derselben Rechtsquelle, der alles Recht jeden Volkes entspringt. Alles Recht stammt aus dem Lebensrecht des Volkes." 1935 erklärt er die offensichtlich auch in Luxemburg gültigen Nürnberger Rassengesetze zur "Verfassung der Freiheit". SCHMITT wird heute, wegen seines staatsrechtlichen Einsatzes für den Nationalsozialismus, als Gegner der parlamentarischen Demokratie und des Liberalismus sowie als "Prototyp des gewissenlosen Wissenschaftlers, der jeder Regierung dient, wenn es der eigenen Karriere nutzt", weithin abgelehnt. Allerdings wird er aufgrund seiner indirekten Wirkung auf das Staatsrecht und die Rechtswissenschaft der frühen Bundesrepublik und der breiten internationalen Rezeption seiner Gedanken mitunter auch als "Klassiker des politischen Denkens" bezeichnet. (…) (Wikipedia, 03.02.2024) Ist nicht hier, Herr HOSCHEIT, auch in Luxemburg eine bis heute nicht reflektierte Schieflage entstanden? ▪ Literatur: ▪ MACHIAVELLI im Sauerland, von Rudolf AUGSTEIN, 07.11.1993. (online) ▪ Ingo MÜLLER: Furchtbare Juristen. MÜLLER veröffentlichte 1987 sein Buch als Reaktion auf das Ende der bzw. die nie eingeleitete Strafverfolgung von Richtern des Volksgerichtshofs. Er begann sein Werk mit den Worten: "Unter den Verbrechen des Nazi-Regimes sind jene der deutschen Justiz weitgehend unbeobachtet und ungesühnt geblieben. Es ist eine beklemmende Tatsache, dass es den Juristen gelungen ist, ihre Vergangenheit zu verschleiern und zu beschönigen." MfG Robert Hottua

Grober J-P.
3. Februar 2024 - 9.38

Warum will oder soll man das Betteln verbieten? "Wir müssen unseren Mitarbeitern sagen, wo und wie sie die KI nutzen können" Steht auch hier G-Core Lab zu Diensten? Wäre interessant zu wissen.