Bergbau-Idyll wartet im Tetinger Wald auf Entdecker

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Oberhalb von Tetingen stehen mitten im Walde vier Minettebuggies, die an einem Drahtseil hängen, auf Schmalspurschienen. Darüber thront ein merkwürdiges Häuschen, das auf Stelzen steht. Und das alles sieht aus wie neu. Da wird wohl so mancher Wanderer sich fragen, was denn nun wohl Sinn und Zweck von dem ganzen Zeug sein möge?

Nun, die Antwort ist einfach: Vor langer Zeit standen hier am Langenacker nämlich keine Bäume, vielmehr befand sich an diesem Ort, hoch über dem Tal des Kaylbaches, ein Minettetagebau, der von der Firma Berens betrieben wurde.

Um die Minette von der Anhöhe ins Tal zu befördern, von wo sie mit der Bahn zu den Schmelzen transportiert wurde, hatten die Grubenbesitzer einen sogenannten „Bremsberg“ bauen lassen. Die Franzosen sprechen dabei von einem „plan incliné“, was wiederum die Luxemburger zu „Plang“ verballhornt haben. Dabei handelt es sich um eine Standseilbahn, wie man sie aus dem Skiurlaub oder vom Kirchberg her kennt, nur dass der Tetinger  Funiculaire nicht mit elektrischer Energie sondern allein mittels Schwerkraft betrieben wurde: Die geladenen Buggys liefen an einem Drahtseil bergab und zogen dadurch eine Garnitur leerer Kipploren bergauf.

Mustergültig restauriert

Nun wären aber die mit über zwei Tonnen Eisenerz beladenen Waggons bergab unrettbar  davongelaufen, wenn man sie nicht gebremst hätte: Und gebremst wurden sie von einem Häuschen an der Bergstation der Seilbahn aus, von wo ein Arbeiter die Buggys unter Kontrolle behielt. Die Bremse funktionierte mit einem Mechanismus, der jenem der Handbremsen auf alten Eisenbahnfahrzeugen ähnelte: Der Bergmann drehte an einer Kurbel, welche über eine Gewindespindel mehrere Holzklötze an die Umlenkrolle presste, über welche das Förderseil lief. Der Arbeiter überblickte dabei von seiner überhöhten Kabine aus die gesamte Anlage bis ins Tal hinab.

Zum gleichen Moment, wo die geladenen Buggys unten im Tal einliefen, trafen die leeren an der Bergstation ein. Hier wurden sie vom Drahtseil abgehängt und von einer Lok oder einem Pferd in den Tagebau befördert, wo sie dann mit Minette beladen wurden. Anschließend ging es zurück zum „Plang“. Dort wurden Erzwägelchen erneut an das Stahlseil gekuppelt, worauf sie dann wie gehabt wieder die Reise ins Tal antreten konnten.

Der obere Teil dieser Anlage wurde nun auf Initiative der Gemeinde Kayl-Tetingen von den Arbeitern des lokalen CIGL mustergültig restauriert: Es entstand ein wahres industriehistorisches Kleinod mitten in einem alten Bergbaugebiet, welches nach Einstellung des Minetteabbaus zum Naturreservat mutierte. Durch den alten Tagebau führt ein Wander- und Mountainbike-Weg. Die Pioniervegetation in solchen Grubenarealen hat, wie man auf den Bildern sieht, ihren ganz eigenen Charme.

Wie findet man dieses Idyll: Nun, an der Tetinger Kirche fährt man die Laangertengaass hinauf, bis zu einem kleinen Parkplatz, an welchem die Wolmeringer Straße beginnt. Die Rue de Volmerange geht man dann bergauf, bis man im Steilstück hinter den letzten Häusern auf einen Wanderweg trifft, der mit einem Schmetterling gekennzeichnet ist. Dieser führt einen dann direkt zum Bremsberg.

An besagtem Parkplatz befindet sich zudem rechterhand ein alter Erzverladekai, an dem früher die Minette, die vom Bremsberg kam, in die normalspurige Bahn umgeladen wurde. Die Gemeinde hat diese Szene nachstellen lassen, indem oben auf dem Kai ein paar Buggys aufgestellt wurden, während darunter eine alte CFL-Rangierlok vor einem Güterwagen steht.