Mangel an Wohnungen Belval: Wohin mit all den Studenten?

Mangel an Wohnungen  / Belval: Wohin mit all den Studenten?
Melsida Babayan, Siranuysh Martirosyan und Christine Jiayi Chen (v.l.n.r.)  Foto: Editpress/Alain Rischard

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Melsida Babayan und Siranuysh Martirosyan kommen aus Armenien. Sie haben sich vor zwei Jahren dazu entschlossen, in Luxemburg ihren Master in Architektur zu machen. „Es war das internationale Flair der Universität, das uns angezogen hat“, erzählt Melsida Babayan, „und die zentrale Lage in Europa.“ Sie fühlen sich wohl und können sich durchaus vorstellen, auch nach Abschluss ihres Studiums hierzubleiben. Wovon sie bei ihrer Ankunft keine Ahnung hatten, waren die Mietpreise.

„In Belval bezahlt man für ein 15-m2-Zimmer 750 Euro pro Monat, für ein 25-m2-Studio 1.200 Euro“, berichten sie. Das sei der Marktpreis. Viel zu viel für Studenten, weshalb sie in einer durch die Universität vermittelten 4er-Wohngemeinschaft in Differdingen leben. 450 Euro kostet sie das im Monat pro Kopf. So geht es vielen Studenten der Uni.lu. Die wenigsten wohnen in Belval, dort gibt es lediglich drei Studentenheime. Also sind die Studierenden übers Land verteilt, was nicht gerade Leben ins vermeintliche Studentenviertel Belval bringt.

Zusammen mit ihrer Kommilitonin Christine Jiayi Chen haben sie im Rahmen von „Re-imagining Belval“ das Wohnproblem in Belval analysiert und Lösungen gesucht. Christine Jiayi Chen lebt in Petingen bei ihren Eltern. „Eine eigene Wohnung ist für mich nicht finanzierbar“, sagt sie. Die drei haben ein Kooperativsystem mit als Ausgangspunkt die Gebläsehalle in Belval auf die Beine gestellt. Sie haben Schwierigkeiten zu verstehen, weshalb der Wohnungskrise so lange nichts entgegengesetzt wurde. Ihre Präsentation beginnt mit einem Zitat des früheren Ministers und Abgeordneten Ernest Mühlen (CSV): „Luxemburg geht durch eine schwere Wohnkrise, welche sich durch einen akuten Mangel an Wohnraum jeglicher Art manifestiert“, schrieb Mühlen in seinem Parlamentsbericht zur Wohnungsnot. Das war am 21. November 1990.

Mehr als zehn Jahre später wurde die Rückkonvertierung des Industriegeländes Belval in Angriff genommen. Man ließ dabei zu, dass heute lediglich 16 Prozent der Gebäude zu Wohnzwecken genutzt wird, aber 84 Prozent für Arbeitsplätze. „Ursprünglich waren 20 Prozent geplant, was schon nicht ausreicht“, betont Siranuysh Martirosyan. Momentan leben 436 Studenten in Belval, 272 in Esch. Der Rest ist übers Land verteilt. Wenn bis 2030 weitere Fakultäten in Belval angesiedelt sind, rechnet man mit bis zu 8.000 Studenten dort. Dass dann für Studenten genügend erschwinglicher Wohnraum zur Verfügung steht, ist wohl illusorisch.

Deshalb haben sich die drei Studentinnen ein System ausgedacht, das seinen Ursprung in der Gebläsehalle hat. „Die Halle ist das einzig leerstehende Gebäude hier, das dem Staat gehört“, erklärt Siranuysh Martirosyan, „deswegen haben wir es ausgesucht, selbst wenn der Zustand natürlich stark renovierungsbedürftig ist.“ Die drei nahmen für ihre Berechnungen eine Wohneinheit von 80 m2 für vier Studenten als Basis und kommen so auf insgesamt rund 175.000 m2 zusätzlich benötigte Wohnfläche bis 2030. Dafür haben sie ein Finanzierungsmodell ausgearbeitet. Ministerien und die Stadt Esch übernehmen 40 Prozent der Kosten der Umwandlung, ein Bankkredit den Rest. Das rechnet sich dann mit einem Mietpreis von 345 Euro pro Monat und Student, wobei von dieser Summer 100 Euro in einen Fonds fließen sollen, der den Kredit abbezahlt und weitere Investitionen gegen die Wohnungsnot ermöglicht. „Wir glauben an unser System“, sagt Melsida Babayan abschließend, „das tun wir wirklich. Ob jetzt Gebläsehalle oder anderswo, ist nicht so wichtig.“


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Darius
14. Februar 2023 - 17.53

@Fränz "Wie wärs denn mit Tiny-Häusern ??" 1500 tiny Häuser, jedes mit eigenem Dach, separaten Anschlüssen und einzelnen Heiz- und Kühlsysteme? Viel zu teuer.

Fränz
13. Februar 2023 - 19.46

Wie wärs denn mit Tiny-Häusern ??