Belval neu erfindenWenn sich Studenten mit den Bau- und Planungssünden der Vergangenheit befassen

Belval neu erfinden / Wenn sich Studenten mit den Bau- und Planungssünden der Vergangenheit befassen
Die Architekturstudenten befassten sich seit Oktober mit Belval und fanden jede Menge Verbesserungspotenzial   Foto: Editpress/Alain Rischard

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„Let’s talk about Belval!“, lass uns über Belval sprechen: Unter diesem Titel begann im Oktober die Forschungsarbeit der Masterstudenten der Professoren Markus Miessen und Florian Hertweck an der Uni Luxemburg. 20 Jahre Belval arbeiteten die angehenden Architekten aus aller Welt auf. Heraus kam ein ungeschönter Blick auf ein als urbanistisches Vorzeigemodell des 21. Jahrhunderts geplantes Stadtviertel, das sich heute als menschenfeindliche Betonwüste entpuppt. Demnach alles andere als ein Vorbild für zukünftige Projekte.

Die insgesamt 23 Studenten des Masterstudiengangs in Architektur haben in sechs Gruppen Schlüsse gezogen und dabei konkrete Forderungen gestellt, die im Rahmen einer Ausstellung im Hauptgebäude der Universität vorgestellt wurden. Der Titel lässt dabei erahnen, in welche Richtung es geht: „Re-imagining Belval“. Es geht also darum, sich ein besseres Belval vorzustellen. 

Einer, der die Entwicklung von Belval von der ersten Stunde an kritisch begleitete, ist Denis Scuto, ebenfalls Professor an der Universität. Er macht deutlich, dass das Megaprojekt Belval nicht einfach nur falsch geplant wurde, sondern dabei von den Verantwortlichen auch Versprechen gebrochen wurden: „Bei der Kick-off-Woche erinnerten sich weder die Minister noch der Fonds Belval und Agora an ihre Versprechen. Jene Versprechen, die uns auch heute wieder gemacht werden, z.B. bei der Metzeschmelz und auf ‚Terre rouge‘“, meint Scuto. In anderen Worten also „Viertel, in denen der öffentliche Verkehr, der Respekt vor der Natur und der Umweltschutz sowie die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen würden“.

Anstelle der aktuellen Betonwüste könnte die Hauptstraße in Belval, die „Porte de France“, in Zukunft so aussehen. Oben kurzfristig, unten langfristig.   
Anstelle der aktuellen Betonwüste könnte die Hauptstraße in Belval, die „Porte de France“, in Zukunft so aussehen. Oben kurzfristig, unten langfristig.    Illustration: Re-imagining Belval/Uni.lu

Das Resultat heute zeige etwas völlig anderes, meint der Historiker: „Vor 20 Jahren wurde ein Modal Split von 40/60 in Belval versprochen. Die Vision einer ,coulée verte‘, mit den Hochöfen in einer grünen Oase, wurde 2004 vom Fonds Belval präsentiert. Und natürlich sollte das industrielle Erbe nicht nur aufgewertet und umgenutzt, sondern zur Grundlage des neuen Belval werden. So lautete jedenfalls der Masterplan des niederländischen Büros Jo Coenen im Jahr 2002.“ Und nun? „20 Jahre später wälzt sich täglich eine Autolawine durch Belval. Radwege gibt es keine, noch gibt es eine Beschilderung. Auf dem gesamten Uni-Campus gibt es keine Rasenfläche, die diesen Namen verdient. Für die Tausenden Studenten, für das Universitätspersonal im Allgemeinen, aber auch für alle anderen, die in Belval arbeiten und leben, gibt es auf dem Gelände praktisch keine Möglichkeit für Sport und Erholung.“ 

Das „Belval Manifesto“

Das soll sich ändern, verspricht zumindest die Regierung. Ein großes Sportzentrum soll entstehen, allerdings wird das sicher nicht vor 2026 fertig sein. Noch in diesem Frühjahr wollen die Minister François Bausch und Claude Turmes ihr Mobilitäts- und Begrünungskonzept für Belval vorstellen. „Der Boulevard soll verkleinert werden“, präzisiert Claude Turmes, „man braucht keine drei Fahrspuren, die in einen unterirdischen Parkplatz führen“, formuliert der Minister es ein wenig überspitzt (siehe auch: 3 Fragen an Claude Turmes): „Und ja, mehr Grün wäre auch gut.“ In der Tat sind 80 Prozent der Fläche Belvals versiegelt.    

Dass 80 Prozent zu viel ist, meinen auch die Studenten. So konzentrierte sich eine der sechs Arbeitsgruppen auf die Bodenversiegelung und entwickelte die Idee eines Feuchtbiotops in der Nähe der Quelle beim Lycée Bel-Val sowie eines urbanen Waldes zur Entseuchung des Bodens und zur Verbesserung der Luftqualität.

Die Arbeit der sechs Gruppen spiegelt sich abschließend in einem Manifest wider, dem „Belval Manifesto“. Aus dem Englischen übersetzt heißt es darin sinngemäß: „Wir sind die Studenten, Arbeiter und Bewohner von Belval (…) Wir sind hier und teilen die gleiche Mission. (…) Wir fordern ein neues Belval. Kein geldorientiertes Belval für Investoren, kein politisch ambitioniertes Belval, sondern ein vulnerables, unperfektes, menschliches Belval für die existierenden Gemeinschaften.“ In anderen Worten: In Belval soll in Zukunft der Mensch im Mittelpunkt stehen, nicht der Beton.


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Phil
13. Februar 2023 - 23.19

"...mir sollten LSAP an déi Gréng nees an d’Oppositioun wielen." Bei der LSAP wousst een jo als Juncker-Koalitiounspartner wat leeft. Dass et awer mat de Gréngen alles esou vill méi schlëmm géif kommen hätt een sech an sengen schlechsten Dreem net virgestallt.

charles.hild
13. Februar 2023 - 16.22

Wann DP um Rudder ass, da gëtt gebaut ewéi wëll. An do gëtt abselut net no de Mënsche gekuckt, déi do liewe sollen. Bei de Liberalen zielt exklusiv just Geld, de Benefice. Si hun de Moment vill Chance! LSAP a virum allem déi Gréng fäerten eppes ze meckeren. Ob eemol wier den Här Bettel net méi frouh mat hinnen. An d'Oppositioun ass grad esou giereg ewéi DP. Déi meckerem och net. Ech denke, mir sollten LSAP an déi Gréng nees an d'Oppositioun wielen. Do si se vill méi kompetitiv!

Leila
13. Februar 2023 - 15.24

Turmes & Co sollen aber die Bäume dort pflanzen, wo sie nicht zu Todesfallen für Vögel werden (Spiegelung von Fensterflächen).

Nomi
13. Februar 2023 - 11.26

Elo wo'u mer d'Gebleishaal iwert 30 Johr verkommen an verfaalen gelooss hun, kennen mer se elo och eweg rappen an Studentenzemmer bau'en ! Dat eenzegt waat nach an der Gebleishaal steht sin e puer Asbestverseuchten Wasserkessel an 1-2 Wandgeblei'ser !