Nur VerliererAmerika hat gewählt, aber noch keinen neuen Präsidenten – was bleibt, ist die Spaltung

Nur Verlierer / Amerika hat gewählt, aber noch keinen neuen Präsidenten – was bleibt, ist die Spaltung
Schrecklich nette Familie: Trump-Supporter am Wahltag Foto: AFP/Eva Marie Uzcategui

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Bis Mittwochabend war nicht klar, wer neuer US-Präsident wird. Immer noch waren nicht alle Stimmen ausgezählt, nicht alle Bundesstaaten vergeben. Diese Unwissenheit befeuerte den umgehend einsetzenden Informationskrieg. Der Wahltag in Amerika hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

Zitterpartie statt Erdrutschsieg. Die Kühnsten unter den Demokraten rechneten mit Letztgenanntem – einer sogenannten „blauen Welle“, die ihren Joe Biden bereits in der Wahlnacht, ohne Rückgriff auf die vielen Briefwahlstimmen, ins Präsidentenamt spülen würde. Es kam anders, ganz anders. Es kam zu dem Szenario, das im Vorfeld gemeinhin als Horrorvorstellung verkauft wurde: erst ein enges Rennen, dann ein Donald Trump, der den Wahlsieg für sich beansprucht, noch bevor alle Stimmen ausgezählt sind.

Die Frage, ob sich Trump trotz einer Niederlage im Amt halten könne, beschäftigte in den letzten Tagen und Wochen Kommentatoren weltweit, viele schlossen Gewaltausbrüche auf den Straßen der USA nicht aus, sollte der US-Präsident seine Anhänger weiter aufwiegeln. Und Trump hatte ebenjenes Vorhaben, die Wahl anzufechten, bereits im Vorfeld angekündigt. Eigentlich hatte er das bei jeder sich bietenden Gelegenheit getan.

Gestern Abend habe ich in vielen Schlüsselstaaten oft solide geführt (…) Dann, einer nach dem anderen, begannen sie auf magische Weise zu verschwinden. Sehr merkwürdig.

Tweet von Trump am Mittwochnachmittag, der später hinter einem Warnhinweis versteckt wurde

Als Trump dann aber in der späten Wahlnacht nach ersten Tweets vor die Kameras trat und von Betrug sprach und davon, die Auszählung stoppen zu lassen, waren sogar die Moderatoren in seinem Haus-und-Hof-Sender Fox einigermaßen von den Socken.

„Auf Kurs“ 

„Die Ergebnisse heute Nacht waren phänomenal“, sagte Trump vor Anhängern in Washington. „Ehrlich gesagt haben wir gewonnen.“ Sogar das konservative Amerika – zumindest der nicht völlig vertrumpte Teil – rieb sich ob dieser neuerlich beispiellosen Unverfrorenheit verwundert die Augen. Der progressive Teil der USA schaltete umgehend in den Empörungsmodus. Zuvor sprach Biden als Erster der Kandidaten in die Kameras, bat dabei noch um Geduld. Alles sehe gut aus. „Wir sind auf Kurs“, sagt Trumps Herausforderer um 6.40 MEZ in Delaware vor den eigenen Anhängern.

Joe Biden und Donald Trump liefern sich ein enges Duell
Joe Biden und Donald Trump liefern sich ein enges Duell Foto: AFP/Angela Weiss, Mandel Ngan

Viel anderes, als um Geduld zu bitten, blieb dem demokratischen Herausforderer auch nicht übrig, der erhoffte klare Vorsprung war ausgeblieben. Biden warnte Trump indirekt vor einer Überschussreaktion. Ein, wie man sich denken konnte, hoffnungsloses Unterfangen. Trump mag als notorischer Lügner in die amerikanische Politikgeschichte eingehen, seine grauseligsten Ankündigungen jedoch versuchte er stets Wirklichkeit werden zu lassen. So auch dieses Mal. Die Informationsschlacht, vor der sich alle im Vorfeld so gefürchtet hatten, konnte demnach beginnen. Bidens Team wies Trumps Ankündigung, vor das Oberste Gericht zu ziehen, jetzt als „skandalös“ und „beispiellos“ zurück. Die Sprache beider Lager war jetzt wieder da angelangt, wo sie sich im Wahlkampf bis zuletzt eingependelt hatte – bei Diffamierungen des Gegners und gegenseitigen Anschuldigungen.

Trump hatte da bereits den extrem wichtigen Bundesstaat Florida gewonnen – und damit seine Chancen auf eine Wiederwahl deutlich vergrößert. Wie der Traum der Demokraten auf einen raschen, klaren Wahlsieg verpuffte auch Bidens Warnung an Trump. Der Präsident twitterte erst, dann sprach er live und säte seine angekündigten Zweifel. Dann war die Empörung groß.

Der Magier auf CNN

Auf CNN wischte Star-Journalist John King derweil weiter wie ein Magier unablässig über seine Videowand, zoomte rein und wieder raus, stundenlang, ohne einen Versprecher. In dem den Demokraten näherstehenden Sender überschlugen sich die Kommentatoren mit Rechenbeispielen, wie diese Wahl, die plötzlich in Richtung Trump zu kippen drohte, doch noch in einem Sieg Bidens münden könnte. Zahlenarithmetik schien jetzt letzter Rettungsanker all jener zu sein, die auf einen Führungswechsel im Weißen Haus hofften.

Trumps Angriff auf die demokratischen Abläufe der Wahl sendeten Schockwellen weit über die USA hinaus. Aus Slowenien twitterte Regierungschef Janez Jansa, ein erklärter Trump-Fanboy, bereits Gratulationen gen Washington. Aus einem EU-Mitgliedstaat. An einen US-Präsidenten, der sich gerade daran machte, das Wahlsystem der USA auszuhebeln. Ab jetzt dürften auch in Brüssel die Kopfschmerzen schlimmer geworden sein.

All das, obwohl die Amerikaner gerade mit Vehemenz darlegten, wie stark die amerikanische Demokratie ist. Bereits vor der Wahl am Dienstag machten mehr als 100 Millionen Wähler von unterschiedlichen Möglichkeiten Gebrauch, ihre Stimme vorzeitig abzugeben. Ein Grund war die Sorge vor einer Ansteckung aufgrund der Corona-Pandemie. Nach Erhebungen von AP dürfte die Wahlbeteiligung voraussichtlich klar höher sein als vor vier Jahren. Damals nahmen 139 Millionen Bürgerinnen und Bürger an der Wahl teil. Deutlich höhere Wahlbeteiligungen wurden unter anderem aus Florida, North Carolina, Georgia und Texas gemeldet.

In Europa war es mittlerweile Morgen, die Amerikaner hatten gewählt, nur wusste keiner, wer gewonnen hatte. Alles hing jetzt an sechs Bundesstaaten. Eine Hängepartie, die sich den ganzen Tag über hinziehen sollte. Die immer neuen Meldungen über die Zwischenstände aus den Staaten Nevada, Georgia, North Carolina, Michigan, Wisconsin, Arizona und Pennsylvania ließen das Pendel einmal in Richtung Trump schwingen, dann wieder in Richtung Biden. Auf den großen amerikanischen TV-Sendern liefen die Analysen pausenlos weiter. Wie viele Briefwähler stimmten für Biden? Würde der Demokrat Rückstände wie in Pennsylvania so aufholen können? Wann würden die großen, eher demokratisch wählenden Städte ganz ausgezählt sein? Mal schien Trump der Favorit, kurz später wieder Biden.

Protestplakat vor dem Weißen Haus: Trump hat die USA polarisiert
Protestplakat vor dem Weißen Haus: Trump hat die USA polarisiert Foto: AFP/Brendan Smialowski

Doch weiterhin stand kein Ergebnis fest. In Wisconsin hatte Biden nach Zwischenergebnissen knapp die Nase vorn. Auch in Nevada führte er, doch werden dort Ergebnisse nicht vor Donnerstag erwartet. In Michigan waren Trump und Biden fast gleichauf. In Georgia und North Carolina führte der amtierende US-Präsident, während sich Biden Hoffnung auf einen Sieg in Arizona machten durfte. Pennsylvania kommt mit seinen 20 Wahlleuten womöglich entscheidende Bedeutung im Rennen um das Weiße Haus zu.

Trump twitterte unterdessen weiter seine Salven gegen die Briefwahl ab. Nahezu jeder zweite Tweet des US-Präsidenten wurde vom Kurznachrichtendienst mit einer Warnung über mögliche Irreführung versehen und mit einer Fakten-Seite zu den Wahlen verlinkt. Dem Trump nicht zugeneigten Beobachter aus Europa blieb unterdessen der Mund weiter offen stehen. Dass dieser Präsident nach diesen vier Jahren im Amt, nach all den Skandalen, so viel Unterstützung der US-amerikanischen Wähler kriegen würde, damit hätten diesseits des Atlantiks nur die wenigsten gerechnet. Auch weil die Wahlprognosen, die durch die Bank einen klaren Sieg Bidens vorhergesagt hatten, sich offensichtlich völlig vertan hatten.

Falsch gespielt, richtig gepokert

Am späten Nachmittag europäischer Zeit sagte die Wahlkampfmanagerin von Biden, der Demokrat sei auf bestem Weg, die Wahl zu gewinnen. Biden werde noch am selben Tag mehr als 270 Wahlleute erhalten und somit nächster US-Präsident werden. Obwohl sie damit rechne, dass die Auszählung in Pennsylvania erst am Donnerstagabend abgeschlossen sei. Auch der Wahlkampfmanager von Trump äußerte sich optimistisch. Wenn nur die legalen Stimmen gezählt würden, werde Trump gewinnen. Aus Mangel an Wahl-Fakten musste der Informationskampf in die nächste Runde gehen. Biden machte sich jetzt in seiner Ecke des Rings bereit. Plötzlich hieß es, der Demokrat werde sich bald in einer Ansprache an das amerikanische Volk wenden.

Um halb neun MEZ fiel in den USA eine weitere Entscheidung. Der besonders umkämpfte Bundesstaat Wisconsin ging an Biden. Um elf dann die Bestätigung, dass Biden auch Michigan gewinnt. Trump lag jetzt bei 214 Wahlleuten, Biden bei 253. Die magische Marke, die einen zum Präsidenten macht, beträgt 270. Kurz zuvor hatte Trumps Wahlkampfteam angekündigt, die weitere Auszählung in Michigan stoppen zu wollen. Das Streuen von Zweifeln und das Zählen von Stimmen liefen weiter parallel. Gewartet wurde derweil auf Pennsylvania, Nevada, North Carolina und Georgia. Biden galt jetzt wieder als Favorit und gab sich in einer Ansprache um 22 Uhr siegessicher. „Nach einer langen Nacht des Zählens“, sei es klar, so Biden, „dass wir genug Staaten gewinnen, um die Präsidentschaft zu gewinnen“.

Ein Ergebnis gab es an dem Tag der Wahl in den USA und mit Einbruch der Nacht in Europa dennoch nicht.  Bis die letzten Ergebnisse vorliegen, hält die Propagandaschlacht an. Wahrscheinlich darüber hinaus. Auch wenn der Mittwoch keine Klarheit über den nächsten Mann im wichtigsten politischen Amt der Welt brachte, verdeutlichten die Ereignisse des Tages die wirkliche Wunde der USA – nichts hätte die Spaltung Amerikas greifbarer machen können als diese Wahlnacht und die Stunden danach. Trump oder Biden: Egal, wer vielleicht schon an diesem Donnerstagmorgen nächster Präsident ist – er wird einer polarisierten Gesellschaft vorstehen. Die eine Hälfte wird den neuen Präsidenten lieben, die andere wird ihn hassen.

HTK
6. November 2020 - 8.48

@Scholer/GéBé, man kann bei diesem Präsidenten die Aussagen der Presse aussenvor lassen und man kommt trotzdem zur Erkenntnis,dass dieser Mann weltweit das meiste Porzellan zerschlagen hat.Er ist mit Abstand der mieseste Präsident der Geschichte und er ist noch nicht einmal schuldig.Er wurde zu dem erzogen was er ist.Er hat in seinem ganzen Leben nichts zustande gebracht ausser Menschen zu drangsalieren um sein Ziel zu erreichen.Jetzt beeinflusst er in dreistem Maße die Wahlen.Richter die Wert auf die Verfassung legen werden ihm den Hahn zudrehen und die Banken werden ihn vor dem weissen Haus abholen wenn er rauskommt. Ob Biden ein besserer Präsident wird steht im Moment nicht zur Debatte.Es geht um einen Demokratischen Vorgang der nicht in Bürgerkrieg ausarten sollte in dem Land der Freiheit und Demokratie,nur weil ein Demagoge das dumpe Volk aufwiegelt.Wir hatten das zweimal in Deutschland und die Resultate sind bekannt.

Nomi
5. November 2020 - 16.02

Den Trump huet nach net verstaan, datt heen, am Holzkostuem, och an d'Graas muss beissen wei' all aaneren !

J.C.Kemp
5. November 2020 - 14.41

@HTK: und die Religion jeden Denominators. Die Hauptursache von Kriegen, Mord und Totschlag, sowie sozialer Ungerechtigkeit seit 1500+ Jahren. Aufklärung ist das Schlüsselwort!

GéBé
5. November 2020 - 14.33

Hand op d‘Härz , wien huet firdrun de Blinde Jong a seng Famill kannt an kennt se haut ? Déi aner Hand op d‘Härz, wien wéiss méi. iwert den Trump ewéi en an de Medien gelies, gesinn an gehéiert huet. Wann een éierlech mat sech selwer ass , dann mëcht een waat de Coluche gesoot huet: «  Wann ech nët méi wees , dann haalen ech meng Schëss «  , oder ?

J.Scholer
5. November 2020 - 13.20

@ HTK/Churchill: Indoktrination ist Politikergeschäft und glaube keiner Mitteleuropa wäre verschont oder sei Chorknabe. Trostlos in der mitteleuropäischen Politszene die Indoktrination über Nebenorganisationen, parteihörige Medien jeder Art verbreitet wird. Nun mag Trump kein Vorzeigepolitiker sein, aber mit Biden kommt Europa vom Regen in die Traufe, die Situation wird nicht besser.Was den Weltfrieden angeht sind gefährlichere Akteure am Werk , die Trump eben seiner nicht vorhersehbaren Reaktionen bisher abgeschreckt hat ihre Ziele durchzusetzen. Klima und Weltfrieden ist Biden eine schwache Luftblase. Beim Klima wird die Wirtschaft ihn zügeln, Arbeitslose gewiss.Beim Weltfrieden , welch utopischer Traum, wird das Rudel ihm schnell aufzeigen , die USA sich keinen Machtverlust, eben der wirtschaftlichen Interessen wegen, leisten kann. Übrigens die Themen Weltfrieden , Humanismus sind nur solange positiv in des Bürgers, Politikers Mund alle im Wohlstand schwelgen. In Krisenzeiten wird der Mensch wieder zum Wolf und legt wieder schnell Rudelmentalität an den Tag.

HTK
5. November 2020 - 10.20

Wie in der Kirche. Indoktrination auch in der Politik.Kinderhirne werden zugenebelt.Von evangelischen Predigern und den Eltern bekommen sie keine Chance selbstständig zu denken und ihre Schlüsse zu ziehen. Auch ihr "Gott auf Erden"-Trump wurde von einem diktatorischen Vater zu dem erzogen was er ist.Ein Soziopath ersten Ranges,rücksichtslos und arrogant.Und was gefährlich ist,unwissend und unfähig. Zwei Gefahren muss die Welt 2020 bekämpfen: Trump und Corona.

churchill
5. November 2020 - 8.43

Wei een kann gesin,sin verschidden jonk Amerikaner schon gudd vun doheem aus endoktrineiert gin.Einfach nemmen noblären wat d'Elteren hinnen firsoen:TRUUUUUUMP. Hoffentlech kritt deen Hirni eng gudd Klatsch bei den Wahlen. Wann net ass den Weltfridden a Gefor an eis Emwelt kritt erem e Coup.Dem Trump ass et jo eigentlech egal wat mat der US Bevölkerung geschitt,oder mam Klima,oder,oder,oder...Haptsaach ass,hien kann sech profilei'eren an sein Reichtum vergreisseren.Et ass e Megaloman,wei den Erdogan a Co.Mais d'Geschicht beweist jo wat mat esou Leit geschitt.