Ukraine-KriegRussische Truppen wollen nun Wowtschansk in Schutt und Asche legen

Ukraine-Krieg / Russische Truppen wollen nun Wowtschansk in Schutt und Asche legen
Der ukrainische Zivilschutz bringt Einwohner aus der Region Charkiw vor den anrückenden russischen Invasionstruppen in Sicherheit Foto: Handout/Ukraine Emergency Service/AFP

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Bei ihrer Offensive in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine haben die russischen Truppen nach Angaben der Behörden ihre Angriffe auf die Stadt Wowtschansk verstärkt.

Die russische Armee habe damit begonnen, Wowtschansk „mit Panzern und Artillerie zu zerstören“, sagte Regionalgouverneur Oleh Synegubow am Freitag. „Es ist nicht nur gefährlich, sondern unmöglich, sich dort aufzuhalten.“  Die ukrainische Armee in Wowtschansk leiste weiterhin Widerstand gegen die russischen Truppen, die versuchten, die Stadt einzukesseln, sagte Synegubow. In der Stadt, in der einst 18.000 Menschen lebten, hielten sich nur noch 200 Zivilisten auf. Die übrigen Einwohner seien vor den Kämpfen geflohen. Die russische Armee hatte bereits in der Vergangenheit ukrainische Städte zerstört, um diese zu erobern, darunter Bachmut und Awdijiwka.

Russland hatte seine Offensive in der Region Charkiw in der vergangenen Woche gestartet und mehrere Ortschaften eingenommen. Gouverneur Synegubow warnte, dass die russische Armee nun auch in der Nähe des Dorfes Lukjanzi an Boden gewinne. Die ukrainischen Einheiten versuchten aber weiterhin, „diese Ortschaft zu halten“.

Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrsky erklärte im Onlinedienst Telegram, die russischen Truppen hätten die „aktive Kampfzone“ inzwischen um 70 Kilometer erweitert. „Wir müssen jedes weitere Vordringen der feindlichen Truppen verhindern“, erklärte er. Seine Armee werde sich mit Luftangriffen, Raketen, Artillerie und Panzern zur Wehr setzen.

Während die Ukraine mit Munitions- und Personalmangel kämpft, konnte Moskau seit dem Beginn der Offensive in der Region Charkiw die größten Geländegewinne in der Ukraine seit 18 Monaten verzeichnen. Rund 9.300 ukrainische Zivilisten wurden seitdem in der Region evakuiert.

„Menschliche Schutzschilde“

Die Regionalpolizei hatte Russland am Donnerstag beschuldigt, Dutzende Zivilisten in Wowtschansk als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen. Der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko warf Moskau außerdem vor, Zivilisten in der Stadt erschossen zu haben. Der Nachrichtenagentur AFP war es nicht möglich, die Vorwürfe unabhängig zu überprüfen.

Der russische Präsident Wladimir Putin begründete die Bodenoffensive in der Region Charkiw am Freitag mit den verstärkten ukrainischen Angriffen auf russisches Gebiet. „Das ist ihre Schuld, denn sie haben Wohnviertel in den Grenzgebieten einschließlich Belgorod beschossen und tun dies auch weiterhin“, sagte Putin bei einem Besuch in China. „Und ich habe öffentlich gesagt, dass wir, wenn das so weitergeht, gezwungen sein werden, eine Sicherheitszone einzurichten“, fügte er hinzu. Die russische Armee rücke „wie geplant“ vor.

Die Grenzregion Belgorod war wiederholt Ziel von tödlichen Artillerie- und Drohnenangriffen, für die Moskau die Ukraine verantwortlich macht. Auf die Frage, ob Russland plane, auch die Millionenstadt Charkiw einzunehmen, antwortete Putin: „Bislang gibt es keine derartigen Pläne.“

Auch die NATO-Militärführung rechnet nicht mit einem russischen Durchbruch in der Region Charkiw. „Die Russen haben für einen strategischen Durchbruch nicht die nötige Truppenstärke“, sagte der Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Europa, Christopher Cavoli, am Donnerstag.

Drohnenangriffe auf Russland

Belgorod und andere russische Regionen wurden auch in der Nacht zu Freitag nach Angaben Moskaus von der ukrainischen Armee angegriffen. Insgesamt seien mehr als hundert Drohnen abgefangen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.

Die Ukraine reagiert mit ihren Drohnenangriffen auf den täglichen Beschuss aus Russland und nimmt dabei regelmäßig Energieanlagen ins Visier. Die Angriffswelle in der Nacht zu Freitag war eine der größten der vergangenen Wochen.

Im Dorf Oktjabrsky in der Region Belgorod seien eine Mutter und ihr vier Jahre alter Sohn durch eine Kampfdrohne getötet worden, erklärte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Im Dorf Bessonowka brach nach seinen Angaben infolge eines Drohnenangriffs ein Feuer an einer Tankstelle aus.

In der Küstenstadt Tuapse in der südlichen Region Krasnodar trafen zwei ukrainische Drohnen laut den örtlichen Behörden eine Ölraffinerie und lösten einen Großbrand aus.

In Teilen der von Russland kontrollierten Hafenstadt Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim sei der Strom ausgefallen, erklärte der von Russland eingesetzte Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew. Nach seinen Angaben waren Trümmerteile von abgeschossenen Drohnen auf ein Umspannwerk gefallen.