30 Tage nach Mord an Journalistin: Malta ohne Antworten

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Eigentlich sollte der Name der ermordeten maltesischen Journalistin erst bei einer offiziellen Zeremonie enthüllt werden. Aber das Tuch hält nicht, rutscht und schließlich liegt die blaue EU-Flagge mit den gelben Sternen auf dem Boden vor dem Pressekonferenzsaal im Straßburger Europaparlament. Über der Tür prangt nun „Saal Daphne Caruana Galizia“ – in Gedenken an das fürchterliche Attentat, das vor einem Monat die EU erschütterte. Aber die Erinnerung wird von parteipolitischem Streit und nationalen Befindlichkeiten überschattet.

„30 Tage, 0 Antworten und 0 Veränderung“, lautet der Aufruf zu einem stillen Marsch, der am Donnerstag auf Malta stattfinden soll. Noch immer ist nicht klar, wer die 53-Jährige am 16. Oktober auf der Insel getötet hat. Unweit ihres Zuhauses war ihr Auto in die Luft gesprengt worden. Nach dem Mord fordern Politiker, Journalisten und Aktivisten eine lückenlose Aufklärung der Tat. Offiziell gibt es bislang keine Spur zu den Tätern. Spekulationen gibt es dagegen viele.

Die Lage ist hoffnungslos

Caruana Galizia war kein Skandal zu klein oder zu groß, um darüber zu berichten. „Wo du auch hinschaust, überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos“, lautete die Überschrift des letzten Artikels auf ihrem Blog. 20 Minuten später war die 53-jährige dreifache Mutter tot.

Nach dem Mord ist das idyllische Urlaubsland gespalten, das wird dieser Tage auch in Straßburg deutlich. Es sei zwar „entsetzlich“, wie die Kollegin umgebracht worden sei, sagt eine Journalistin vom öffentlichen Sender Television Malta. Vor allem zeigt sie sich aber pikiert darüber, dass das EU-Parlament die Rechtsstaatlichkeit Maltas auf die Tagesordnung gesetzt hat. „Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?“, fragt sie. „Liegt das daran, dass Malta der kleinste EU-Mitgliedstaat ist?“

Ihre Kollegin vom Sender One News, der einer Medienholding der maltesischen Regierungspartei gehört, macht es der stellvertretenden Fraktionschefin der Sozialdemokraten, Maria João Rodrigues, mit ihrer Frage einfach. „Denken Sie, dass die (christdemokratische) EVP ein politisches Spiel spielt?“ „Ja, das denke ich tatsächlich“, sagt Rodrigues.

Wenig Fragen und Kritik

Die Sozialdemokraten tragen die Resolution, die Christdemokraten und Konservative gemeinsam mit Grünen und Linken vorbereitet haben, nicht mit. Ihr Vorschlag ist schwächer formuliert, wirft weniger Fragen und Kritik auf. Der Hintergrund? Malta wird sozialistisch regiert. Die Kollegen der Schwesterparteien im EU-Parlament halten sich deshalb regelmäßig zurück.

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass es in Straßburg um Zweifel an Maltas Rechtsstaatlichkeit geht. Im Juni musste sich Regierungschef Joseph Muscat vorhalten lassen, mögliche Verwicklungen eines Kabinettskollegen in den „Panama Papers“-Skandal nicht aufzuklären – losgetreten hatte die Vorwürfe Caruana Galizia. Muscat, der trotz der Vorwürfe im Juni eine vorgezogene Parlamentswahl klar gewonnen hatte, nannte sie einen seiner „schärfsten Kritiker“. In Straßburg bezeichnete er die Anschuldigungen teilweise als „unumwundene Lügen“.

EU-Parlament schickt Delegation 

In Malta profitiert der Sozialdemokrat von dem rasanten Wirtschaftswachstum und einer der niedrigsten Arbeitslosigkeitsraten innerhalb der EU. In den vergangenen Jahren boomte der Mini-Staat nicht zuletzt wegen der Online-Glücksspielindustrie. Doch der Vorwurf, die Insel mache schmutzige Geschäfte mit geschmuggeltem Öl aus Libyen und sei ein Steuerparadies, blieb international haften. Malta ermöglicht Unternehmen, einen geringen Steuersatz zu zahlen.

Auch deutsche Firmen sind ins Visier der hiesigen Steuerfahnder gerückt, weil sie über Umwege mit Briefkastenfirmen auf Malta Abgaben umgehen wollten. Die kürzlich veröffentlichten „Paradise Papers“ bestätigten einmal mehr, dass Malta neben Irland eines der EU-Länder ist, das sich jahrelang über das Steuerrecht Standortvorteile verschafft hat. Im Raum stehen aber auch der Verdacht auf Korruption und Geldwäsche sowie der Vorwurf, eine Aufklärung zu verschleppen.

Geht in dem Inselstaat alles mit rechten Dingen zu? Das EU-Parlament will in den kommenden Wochen eine Delegation nach Malta schicken, um eine Antwort darauf zu finden. Bislang bleibt die Frage genauso offen wie die nach Hintergrund und -männern des Attentats auf eine Frau, die offenbar sterben musste, weil sie zu viel wusste.

Norbert Muhlenbach
15. November 2017 - 11.18

“30 Tage, 0 Antworten und 0 Veränderung” , Omerta wie es heisst, wenn die Uebeltaeter den Mund halten, ein Mafia Gesetz, das sie besser befolgen, denn sonst......... Es werden noch mehr Tage vergehen, falls ueberhaupt jemals etwas ans Licht kommt. Das FBI ist an der Untersuchung beteiligt. Wird das helfen? Eir koennen nur hoffen, denn Europa kann und will wohl auch nicht helfen.

Marius
15. November 2017 - 10.51

Nachweislich gibt es noch schlimmeres als die Luxemburger Steuermafia, siehe jene in Malta und der Schweiz. Daher dürfen die Hiesigen nun mit dem Finger auf jene zeigen und rufen, "haltet den Dieb". Ein willkommenes Ablenkungsmanöver der besonderen Art. Manche kritische Zeitgenossen stellen verwundert die Frage, ob es in Luxembourg keine Korruption gibt, oder ähnlich gelagerte Straftaten. Bei all den Steuerflüchtigen, Briefkastenfirmen und der hier ansässigen Consulting Groups, könnte man derartige Praktiken vermuten oder gar zu erwarten. Wäre es anders, müsste man dem kleinen Grossherzogtum einen kollektiven Heiligenschein aufsetzen und er Hollerich müsste vom Papst zum Kardinal befördert werden. Die Regierung reagiert wie eine gekränkte Leberwurst und weist die Vorwürfe weit von sich. Der Juncker hatte seinerzeit beteuert, er wäre nicht käuflich. Ja wirklich? Er wurde dann trotz alledem Präsident des Europäischen Parlaments. Ein gut bezahlter Job, besser noch as der von Obama; der zweitbestbezahlte in Luxemburg, nach dem Grossherzog Henri.

Serenissima, en Escher Jong
15. November 2017 - 8.36

Man redet also über Malta, und wie ist es mit Luxemburg ?, seit Jahrzehnte haben wir den "Bomeleer" und bis heute ist noch nichts ans Licht gekommen, nur gut dass es keine Opfer gab damals in Luxemburg: ein Zufall...? Bevor wir den Stab über Malta brechen....in Sachen Korruption , Politiker mit Dreck am Stecken, Immobilienhaie usw...Luxemburg ist nicht besser als Malta scheint mir...oder? Villeicht ein Kleinstaat Syndrom...aber wer will die Behandlung da vornehmen...