ParlamentEnergiekrise: Der kühle Kopf der Regierung

Parlament / Energiekrise: Der kühle Kopf der Regierung
Energieminister Claude Turmes Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Versorgungssicherheit mit Energie sei eine Priorität. Das hat Energieminister Claude Turmes am Dienstag im Parlament gesagt. Die CSV hatte eine Aktualitätsstunde zur Energieversorgung initiiert.

Zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen hat das Parlament am Dienstag die Preisexplosion auf dem Energiemarkt diskutiert. Der Fokus lag dieses Mal auf der Versorgungssicherheit. Beim Treibstoff erfülle Luxemburg seine internationalen Verpflichtungen, eine Reserve von 90 Tagen zu haben, so Energieminister Claude Turmes („déi gréng“). Benzin und Diesel werden sowohl in Luxemburg als im nahen Ausland gelagert. Weil weniger Diesel verkauft werde, gehe der Absatz von Treibstoff insgesamt zurück.

Bei der Gasversorgung sei man in diesem Winter auf der „sicheren Seite“, so Turmes. Insgesamt nehme auch der Gasverbrauch ab. Was wird im kommenden Winter sein?

Turmes erinnerte daran, dass dies nicht Putins erster Gaskrieg sei. Der erste fand bereits 2009 gegen die Ukraine statt. Als Folge davon habe die EU massiv in Terminals für Flüssiggas (LNG) investiert. Was bisher fehlte, war ein strenges Gesetz zu den Gasspeichern.

Gasreserven sind bereit

Dem russischen Gaslieferanten Gazprom wird vorgeworfen, diese nicht ausreichend gefüllt zu haben. Letzte Woche beschloss die EU-Kommission, dass für nächsten Winter die Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt sein müssten. Nächste Woche würden sich die Energieminister Westeuropas treffen, um die Gasversorgung in Zukunft zu organisieren. Es könne nicht sein, dass das in den Speichern gelagerte Gas nur den jeweiligen Ländern zugutekomme, so Turmes. Luxemburg hat keine Gasspeicher, da die geologischen Voraussetzungen dazu fehlen.

Sollte es dennoch zu Engpässen bei der Gasversorgung kommen, steht ein entsprechender Notfallplan bereit. Die Kliniken würden prioritär beliefert, dann die Privathaushalte und zum Schluss die Industrie, so Turmes. Der Plan sei bereits mit Creos durchgespielt worden.

Turmes beantwortete damit etliche Fragen, die Paul Galles (CSV) im Namen seiner Fraktion gestellt hatte. Unter anderem interessierte sich Galles für Details zur Umsetzung der EU-Energiepläne in Luxemburg. Man benötige Simulationen, wie reagieren, sollte Russland den Gashahn kurzfristig zudrehen oder ein Embargo auf Gasimporte verhängt werden.

Atomenergie bleibt tabu

Das Stromnetz wurde in den letzten Jahren massiv verbessert, so Turmes. Alle im nationalen Energie- und Klimaplan vorgesehenen Maßnahmen würden beschleunigt umgesetzt. Er nannte dabei u.a. die Erhöhung der Energieeffizienz. Massiv gefördert werden soll das Einrichten von Aufladestationen im öffentlichen Raum und im Privatbereich. Es seien viele Windenergieprojekte eingereicht worden. Atomenergie bleibe für Luxemburg hingegen weiterhin tabu. Mit den Kapverden würde derzeit ein Projekt zur Produktion von Wasserstoff studiert. Damit das Land zum Wasserstoffexporteur werde, sagte Turmes.

In der Debatte hatte Max Hahn (DP) die langsamen Genehmigungsprozeduren für Windkraftanlagen bemängelt. Diese Form erneuerbarer Energie müsste beschleunigt ausgebaut werden. Auch bei der Fotovoltaik sei noch viel Potenzial vorhanden, insbesondere auf öffentlichen Gebäuden. Cécile Hemmen (LSAP) zufolge sei in der Vergangenheit der Energiesektor zu stark der Privathand überlassen worden. Deshalb gebe es so wenig LNG-Terminals. Der Markt habe die billigere Alternative gesucht und deshalb auf Importe aus Russland gesetzt. Kurz- und mittelfristig werde man mehr auf LNG-Importe setzen können. Der Ausweg sei der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien. Atomstrom dürfe jedoch nicht als Alternative betrachtet werden. Dieser Meinung war ebenfalls Jessie Thill („déi gréng“), die davor warnte, in Panik zu verfallen.

Erneuerbare Energien

Fred Keup (ADR) bezweifelte, ob der Stromhunger Luxemburgs allein mit erneuerbaren Energien gestillt werden könne. Woher den Strom nehmen, wenn die Sonne oder der Wind ausbleiben? Bis vor einigen Wochen noch habe Gas aus Russland als Backup gedient. Ohne Gas werde es keine Energiewende geben. Wenn man auf Importe aus autokratischen Ländern verzichten wolle, müsse das auch für Energieimporte aus Nordafrika gelten. Und was die Abgeordneten als Kleidung tragen, stamme oftmals ebenfalls aus autokratischen Ländern, die noch autokratischer als Russland seien, etwa Vietnam oder China.

Auch „déi Lénk“ verortete die Energieprobleme in der Liberalisierung des Energiesektors. Die Versorgungssicherheit obliege nicht mehr der öffentlichen Hand, so Myriam Cecchetti. Energie sei eine Ware und die Liberalisierung des Gasmarkts führte zu volatilen Preisen. Nicht nur Putins grausamer Krieg sei für die Preisschübe verantwortlich, sondern auch der spekulative Handel mit Energie. Sowohl Spekulanten als auch Russland verdienten dabei.

Marc Goergen („Piratepartei“) warf den „konservativen Parteien“, die früher erneuerbare Energien blockierten, vor, heute zu „weinen“. Er plädierte für den Ausbau der Windenergieanlagen im Norden und von Solaranlagen im Süden des Landes. Skeptiker wies er mit der Aussage zurecht, man dürfe nicht von der heutigen technischen Entwicklungsstufe ausgehen, etwa bei Batterien und Solarpaneelen. Er erinnerte an die Computertechnik, die innerhalb von zehn Jahren eine rasante Entwicklung hingelegt habe.

CSV kritisiert Backes

Vor der Aktualitätsstunde hatte der CSV-Abgeordnete Gilles Roth eine Resolution zur Einrichtung eines Sonderausschusses hinterlegt. Dieser solle die sozioökonomischen Folgen der Energiekrise laufend untersuchen, zumal die steigenden Energiepreise nicht allein geopolitische Ursachen, sondern bereits vor dem Ukrainekrieg eingesetzt hätten.

Der Vorschlag wurde mit den Stimmen der Mehrheit abgelehnt. Den Ausschuss brauche man nicht, hieß es seitens der Mehrheit. Falls erfordert, könnten die einzelnen Minister in den jeweiligen Fachausschüssen eingeladen werden. Was die CSV auch tun werde, so Roth.

Als Erstes will die CSV Finanzministerin Yuriko Backes (DP) einladen, um fiskalpolitische Möglichkeiten zu diskutieren, wie die hohen Energiepreise kompensiert werden könnten. Die CSV hatte diesbezüglich noch vergangene Woche eine Reihe von Sofortmaßnahmen vorgeschlagen. Empört reagierte Roth auf Äußerungen der Finanzministerin im Radio 100,7 am Montagmorgen. Es gebe Menschen, die im Zusammenhang mit der Energiekrise andere gegen den Staat aufwiegeln würden, so Backes sinngemäß. Das sei inakzeptabel, echauffierte sich der CSV-Abgeordnete. Das sei ein undemokratischer Vorgang. So gehe man nicht mit den Abgeordneten um, so Roth, der Backes’ Ausführungen als Kritik an die CSV verstanden hatte. Man könne nicht von Populismus reden, wenn Abgeordnete auf die Probleme der Menschen hinweisen würden.

Grober J-P.
19. März 2022 - 10.41

Bitte mal nach Italien rüberschauen was man zu Solarenergie und Wärmepumpen beisteuert! Und es funktioniert sogar, kenne Leute welche die Herausforderungen angenommen haben, mit einem kleinen Beitrag vom Staat. Und siehe da, heizen, kochen, E-mobil laden, alles ohne Zusatz von fossiler Energie. Man hat sogar einen kleinen Deal gemacht mit dem Nachbarn, hatte leider zu wenig Platz für Solarzellen

Harry
17. März 2022 - 9.07

Kühler Kopf kann man nicht sagen, höchstens grüner Hohlkopf.

Jemp
16. März 2022 - 18.34

Wenn der Energieminister nicht versteht, dass Sonnenenergie und Windenergie ohne Energiespeicher nutzlos sind, dann muss er von seinem Posten entfernt werden. Und wenn das Stromnetz so massiv verbessert wurde, warum erlaubt CREOS dann keine 22kw EV-Ladestationen für Privatleute? Es ist doch völlig sinnlos 300PS starke Elektroboliden zu subventionieren, die man dann nicht aufladen kann. Turmes erzählt nur Humbug, er handelt völlig widersrüchlich und ist nicht auf diesem Posten tragbar. Er wird unsere Energieversorgung an die Wand fahren und uns noch viel sinnlos vergeudetes Geld kosten!

HTK
16. März 2022 - 9.37

"Energiewende ins Nichts" von H.W. Sinn anschauen. Die Windspargel und die Solarzellen werden niemals genügen um den steigenden Verbrauch zu decken. Diese Anlagen produzieren zudem "Spitzen" die niemand braucht und "Löcher" wo Strom fehlt. Das AKW ist und bleibt zuverlässigster Lieferant.Bis die Fusion klappt. Nur Luxemburg,Belgien und Deutschland scheinen das noch nicht geschnallt zu haben.

charlesplier1960
16. März 2022 - 8.07

Haaptsaach ass,et get diskuteiert.An den Bierger kritt emmer manner Loft,a waart drop dass him gehollef get. Ass et esou schwei'er,d'accisen etc unzepassen? Bei Steieren eropsetzen geht dat jo emmer fix.Firwat net hai? An ech hun d'Impressioun,wéi wann Mme Backes absolut kee Schimmer vun hirer Positioun huet.Vum Hofmarschall zur Finanzministerin.Naja.den Här Gramegna war do kompetent an op der richteger Plaatz. "Es gebe Menschen, die im Zusammenhang mit der Energiekrise andere gegen den Staat aufwiegeln würden, so Backes sinngemäß". Wann een dat do liest,kann ee just nach soen,dass dei Madame total realite'tsfriem ass.An den Staat an d'Vollek sin mär!!!!!!!!!! Loost Iech dat gesot sin,Mme Backes. Wann et den Leit emmer méi schlecht geht,gin et Revolten. An d'Politiker mussen sech op eppes gefasst machen...zumols wann hier Inkompetenz zum Virschein kennt an méi haarden Zeiten. Dir sid gewielt gin fir dem Vollek ze hellefen,an net fir är Täschen ze völlen.

Reuland Fernand
15. März 2022 - 23.32

Maer hunn an der Regierung, an Opposition ass net besser, lauter Delpessen