Einschätzungen zur LageMehr Infektionen in den Schulen

Einschätzungen zur Lage / Mehr Infektionen in den Schulen
Eine Schülerin wäscht die Hände am Waschbecken und trägt dazu eine Maske. Die Infektionszahlen an Luxemburgs Schulen steigen weiter und folgen dem Trend aus der allgemeinen Bevölkerung. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Infektionszahlen in Luxemburgs Schulen steigen weiter an. Das geht aus der wöchentlichen Bilanz des Bildungsministeriums hervor. Wir haben die Zahlen zusammengefasst und uns mit verschiedenen Akteuren darüber unterhalten.

Die Infektionszahlen in Luxemburg haben mit 595 positiven Fällen am Donnerstag einen neuen Höchstwert erreicht. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in den Schulen ab, wo die Infektionszahlen weiter steigen. Aus dem wöchentlichen Bericht des Bildungsministeriums geht hervor, dass es zwischen dem 10. und 16. Oktober insgesamt 155 positive Fälle in Luxemburgs Schulen gab.

In diesem Zeitrahmen kam es zu keiner weiteren Infektionskette, dem sogenannten Szenario 3. Von Infektionsketten ist die Rede, wenn sich mehrere Menschen in zusammenhängenden Fällen am selben Ort – in diesem Fall in einer Schule – anstecken. Dennoch weist das Bildungsministerium darauf hin, dass zurzeit eine mögliche Infektionskette über den Zeitrahmen vom 17. bis 23. Oktober analysiert werde. Diese Infektionskette soll aus fünf Erwachsenen und zwei Kindern bestehen.

Zur Erinnerung: Wird ein Schüler positiv getestet und befindet sich die Infektionsquelle außerhalb der Schule, dann tritt Szenario 1 ein. Die Klasse wird isoliert, kann aber mit Ausnahme des positiv getesteten Schülers weiter in der Schule unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen unterrichtet werden. Szenario 2 tritt ein, wenn maximal zwei Schüler positiv getestet werden und die Infektionsquelle unklar ist beziehungsweise außerhalb der Schule liegt.

Zwischen dem 10. und 16. Oktober gab es 43 positive Fälle im Szenario 2 sowie 112 Infizierte im Szenario 1. Dass die meisten Fälle im Szenario 1 stattfanden, schreibt das Bildungsministerium dem allgemeinen Trend der hohen Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung zu. Die Nichtexistenz von Fällen im Szenario 3 sowie die ihrer Auffassung nach „limitierten“ Infektionen im Szenario 2 würden zeigen, dass die sanitären Maßnahmen greifen, indem sie die Verbreitung des Virus in den Schulen eingrenzen würden.

Mehr infizierte Schüler in den Lyzeen

In dieser Periode haben sich demnach weitere 46 Schüler aus Luxemburgs Grundschulen infiziert. 29 dieser positiv getesteten Schüler befanden sich im Szenario 1, weitere 17 im Szenario 2. Insgesamt haben sich in dieser Periode auch fünf weitere Grundschullehrer infiziert.

In den Lyzeen haben sich zwischen dem 10. und 16. Oktober 102 Schüler mit dem Coronavirus angesteckt, davon 17 aus privaten Schulen. 78 waren im Szenario 1, 24 weitere im Szenario 2. In den Sekundarschulen haben sich in dieser Periode zwei Lehrer angesteckt. Die Infektionszahlen bei den Schülern in den Lyzeen sind weitaus höher als bei jenen in den Grundschulen.

Raoul Scholtes, Präsident der Lehrergewerkschaft Feduse/CGFP für die Sekundarschulen, sagt auf Tageblatt-Nachfrage, dass ihn die steigenden Infektionszahlen in den Schulen nicht überraschen. „Das einzig Positive daran ist, dass die Zahlen nicht noch schneller steigen“, meint er. Vor vier Monaten habe das Bildungsministerium noch behauptet, dass man sich in der Schule nicht anstecke. Nun sage das Ministerium, dass sich in der Schule nicht mehr als sonst wo angesteckt werde.

Ich habe den Eindruck, dass sich das Bildungsministerium hinter dem ’secret médical‘ versteckt.

Raoul Scholtes, Präsident Feduse/CGFP

Scholtes kritisiert, dass das Bildungsministerium sein Versprechen nicht eingehalten hat, demzufolge einmal wöchentlich über die Lage in den jeweiligen Schulen informiert werden sollte. „Das wurde nie gemacht“, so der Feduse-Präsident. Auf diese Weise hätte man verhindern können, dass alle möglichen Gerüchte in den Schulen zirkulieren. Stattdessen habe sich das Ministerium dazu entschieden, die Gesamtzahlen an Infektionen auf nationaler Ebene wöchentlich herauszugeben. „Das ist ein guter erster Schritt, aber da müssen noch weitere folgen“, sagt er. Wenn die Leute keine Informationen vor Ort bekommen, dann ziehen sie nicht mehr mit, moniert er.

Durcheinander bei den Informationswegen

Scholtes spricht von einem „kunterbunten Durcheinander“ bei den Informationswegen. Es gebe keine klare Linie. Wenn ein Schüler fehlt, wisse der „régent“ nicht, was mit dem Schüler los ist. Wartet er auf ein Resultat oder ist er positiv? Oder hat er was anderes? Muss der Unterricht nun gestreamt werden? Manchmal gebe es bei Infektionsfällen gar keine Informationen durch die „Santé“, in anderen Fällen würden die Mitteilungen irgendwo unterwegs stecken bleiben und nicht „um Terrain“ ankommen. „Ich habe den Eindruck, dass sich das Bildungsministerium hinter dem ’secret médical‘ versteckt.“ Er wolle diesen keineswegs infrage stellen. Jedoch sei es aber auch eine Seuchenschutzmaßnahme, dass andere gewarnt werden können, um das Ganze einzugrenzen. „Ich glaube, da ist noch sehr viel Platz nach oben.“ Der Feduse-Präsident wirft auch die Frage auf, inwiefern das so hochgelobte Contact-Tracing bei so hohen Infektionszahlen noch funktioniere.

Wenn Kinder jeden Tag Angst haben, dass sie in der Schule ihre Freunde anstecken könnten, dann sind wir in einem Szenario, das psychologisch, mental und sozial ganz sicherlich nicht gesund ist

Alain Massen, Präsident der nationalen Elternvertretung

Für Alain Massen, Präsident der nationalen Elternvertretung (RNP, „Représentation nationale des parents“), ist eine Situation, in der Chaos herrscht, genau das, was wir nun eigentlich nicht brauchen. Deshalb solle man versuchen, einen möglichst normalen Ablauf in den Schulen zu gewährleisten und die Maskenpflicht im Klassenraum nicht unbedingt obligatorisch werden lassen, solange die Abstandsregeln eingehalten werden können. „Wir sollten gut auf unsere Kinder aufpassen, dabei aber nicht in Panik verfallen“, sagt er im Tageblatt-Gespräch. Die Eltern sollten versuchen, so normal wie möglich da durchzukommen. Massen, der von Beruf Psychotherapeut ist, sagt, dass Ängste, die Eltern entwickeln, sich auf die Kinder übertragen und viele negativen Konsequenzen bei den Kleinen haben können. „Wenn Kinder jeden Tag Angst haben, dass sie in der Schule ihre Freunde anstecken könnten, dann sind wir in einem Szenario, das psychologisch, mental und sozial ganz sicherlich nicht gesund ist.“

Zu den aktuellen hohen Infektionszahlen möchte Massen nur unter Vorbehalt antworten. Denn das Komitee der Elternvertretung habe sich zum letzten Mal in der vergangenen Woche ausgetauscht. Da war die Situation nicht die gleiche wie jetzt. Ende nächster Woche werde man sich wieder zur aktuellen Lage beraten. Dennoch kommentierte er einige Zahlen aus der aktuellen Bilanz des Bildungsministeriums. Dass die Infektionen in Szenario 1 hoch sind, ist für ihn normal, da es die Infektionen in der Bevölkerung widerspiegele. Zu Hause leben Kinder mit Erwachsenen zusammen und können sich folglich gegenseitig anstecken. Dann gehen auch die Zahlen in den Schulen hoch. Dennoch habe man bislang keine großen Infektionsherde in den Schulen feststellen können. Das Risiko in den Schulen sei demnach nicht höher als in der Gesellschaft. Allerdings sei es aber auch etwas gewagt, zu behaupten, dass die Infektionsgefahr in den Schulen niedriger sei.

Die Elternvertretung macht sich Sorgen über die allgemein hohen Infektionszahlen. Es sei eine Situation, die man noch lange nicht im Griff habe. „Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben“, sagt Massen. Es mache keinen Sinn, darüber nachzudenken, die Schulen zu schließen oder die Klassen zu splitten. Letzteres müsse man über das ganze Schuljahr durchziehen, was wiederum zu großen Lerndefiziten bei den Kindern führen würde.

Kritik äußert Massen an der Reaktionszeit bei Infektionsfällen. „Es dauert ewig, bis jemand reagiert oder bis sich die ‚Santé‘ bei den Leuten meldet. Das ist ein Punkt, wo wir sagen, da muss nachgebessert werden.“ Der Präsident der Elternvertretung schlägt vor, einen Stab exklusiv für die Schulen einzusetzen. Die Mittel dazu könne man sicherlich aufbringen. Zurzeit wissen die Eltern tagelang nicht, was los ist und was sie tun sollen. Ein solcher Stab könnte die Betroffenen zeitnah über die Situation aufklären.

Arm
23. Oktober 2020 - 11.37

Här Meisch Dir misst jo elo bal gesinn wéi inkompetent är Decisiounen/Recommandatiounen sin. Huelt w.e.g. ären Hut an zitt Iech diskret zréck. Kee kréischt Iech no!