KommentarÜber eine Mutter, die ihr Kind vergessen hat

Kommentar / Über eine Mutter, die ihr Kind vergessen hat
Wo ist Baby Bianka? In diesem Gebiet in Linger, nahe Petingen, wurde der Säugling 2015 ein letztes Mal in Begleitung seiner Mutter gesehen.  Seitdem fehlt jede Spur. Die Mutter schweigt. Nun wurde sie zu 30 Jahren Haft verurteilt.  Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Es gibt Gerichtsprozesse, die hängen bleiben, irritieren. Weil man sie nicht vollumfänglich begreift. Im Juni 2015 verschwindet ein neun Tage alter Säugling. Spurlos. Ein Mädchen. Name: Bianka. Ihre Mutter, in deren Gesellschaft Bianka ein letztes Mal gesehen wurde, schweigt, macht kaum zusammenhängende Aussagen, trägt nicht im Geringsten zur Aufklärung bei. Niemand würde ihr Kind jemals finden, sagt sie den Ermittlern und einem Bekannten. Im Gerichtsprozess ist sie nicht anwesend, hat keinen Anwalt. Sie kann offensichtlich auch nicht dazu gezwungen werden. Für den Laien ein Unding, schwer nachvollziehbar.

Zwei Wochen dauerte der Prozess im Dezember 2022. Er gab Einblick in ein von Alkohol und Drogen durchsetztes Milieu. Ein Milieu, in dem sich scheinbar niemand für Bianka interessierte. Das ist das eine. Erschreckend! Doch das andere, wichtiger, ist die Frage, warum man die Mutter einfach so davonkommen lässt.

Ja, die Justiz kann nun eine harte Strafe verhängen. 30 Jahre Haft ist nicht nichts. Doch das Schicksal des Babys ist damit nicht geklärt. Was ist mit Bianka? Lebt sie? Wurde sie verkauft? Ist sie tot? Sie wäre heute fast acht Jahre alt. Die Ungewissheit über ihr Dasein ist Ausdruck der schlimmsten Misshandlung, die eine Mutter ihrem Kind antun kann.

Für ihre bisherigen sechs Kinder wurde ihr das Sorgerecht entzogen. Die Mutter verdient eine harte Strafe. Eigentlich hätte sie Hilfe gebraucht. Und das ist auch ein Aspekt dieses Prozesses – Hilfe, die sie in Luxemburg nicht bekam. Hilfe, die eigentlich für Bianka gewesen wäre.