Damenbasketball„Die Mädchen brauchen Vorbilder“

Damenbasketball / „Die Mädchen brauchen Vorbilder“
Während Hostert (Laurie Irthum, Nr. 13) in den letzten Jahren viel Geld in den Damenbasketball gesteckt hat, kämpft Walferdingen (Amanda Cahill, Nr. 15, und Tanja De Rond, Nr. 12) immer wieder mit dem Weggang von Nachwuchsspielerinnen Foto: Jerry Gerard

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Die Wertung der Saison 2019/20 bei den Herren, vor allem die Auf- und Abstiegsfrage, sowie auch ein neuer Spielmodus beherrschten in den vergangenen Wochen die Diskussionen im nationalen Basketball. Doch auch der Damenbereich hat mit Problemen zu kämpfen.

„In den letzten Wochen wurde ausschließlich über den Spielmodus und weitere Änderungen bei den Herren diskutiert, doch der Damenbereich hat es genauso schwer. Hier kann oder müsste sich auch etwas tun, doch darüber wird gar nicht gesprochen“, ärgerte sich etwa Gréngewald-Coach Hermann Paar. 

Fakt ist, dass es in der abgebrochenen Saison 2019/20 nicht nur bei den Herren, sondern auch in der Total League der Damen so eng herging wie lange nicht mehr. Nach der Qualifikationsphase trennte bekanntlich die ersten sieben Teams nur ein einziger Punkt und die Musel Pikes mussten trotz elf Siegen in 18 Spielen den Weg in die Abstiegsgruppe gehen. Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs hatten ebenfalls noch sechs Mannschaften die Chance auf den Titel. Doch wie schnell sich die Situation innerhalb kürzester Zeit ändern kann, wird allein am Beispiel der Résidence Walferdingen deutlich, die in den letzten Monaten immerhin mit einer Serie von zehn Siegen in Folge auf sich aufmerksam gemacht hatte. Denn nicht weniger als vier Spielerinnen werden dem Klub aufgrund ihrer Studien in der kommenden Spielzeit nicht mehr zur Verfügung stehen und so stand der Verein vor dem Problem, überhaupt noch eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen: „Das Problem ist, mehr bei den Damen als bei den Herren, dass immer weniger luxemburgische Spielerinnen zur Verfügung stehen, auch schon vor der Corona-Krise. Die aktuelle Situation hat das nur noch verschlimmert, denn jeder Verein will krampfhaft sein Team für die nächste Saison zusammenbekommen, und das so schnell wie möglich“, erklärte Präsident Alain Weins.

Eine Situation, mit der man in Walferdingen in den letzten Jahren allerdings immer wieder konfrontiert wurde. Denn reihenweise verließen vielversprechende Nachwuchstalente den Klub: Julija Vujakovic, die sich dazu entschied, Studium und Basketball in den USA zu kombinieren, oder die Slunecko-Geschwister, die sich ausschließlich auf ihre Ausbildung konzentrieren wollten, sind da nur einige Beispiele. „Da kann man niemandem einen Vorwurf machen. Bei den Herren gibt es für die Spieler vielleicht noch ein attraktives Taschengeld und sie entscheiden sich daher, in Luxemburg oder der Großregion zu studieren. Die Damen verdienen da mit Basketball kaum etwas und so wählen sie oft den Weg an einen attraktiven Studienort weiter weg.“

Eine Lösung ist in Walferdingen inzwischen gefunden: Eine Partnerschaft mit der US Heffingen ermöglicht es in der kommenden Saison, das Team mit zwei bis vier Spielerinnen aufzustocken, was für den Zweitligisten jedoch auch nicht ganz schmerzlos verlief. Denn in den letzten beiden Jahren hatte der Klub trotz begrenzter Möglichkeiten viel Zeit in den Neuaufbau der Damenmannschaft gesteckt, das sich aus einer Reihe Cadettes-Spielerinnen aus den eigenen Reihen zusammensetzte und zweimal die Coupe FLBB gewann. „Unser Plan war es, den Mädchen zu ermöglichen, sich innerhalb von zwei bis drei Jahren so weiterzuentwickeln, dass sie in der Total League spielen können“, erklärte Vorstandsmitglied Claude Schmit. Doch durch den Abbruch der Saison kam man nun in die Situation, dass alles zu schnell vonstattenging: „Wir hätten gerne noch ein Jahr gewartet und dann Sponsoren gesucht, denn schließlich hätte man ja auch eine oder zwei Profispielerinnen verpflichten müssen. Dass dies für uns schwer werden würde, war uns von Anfang an bewusst, auch dass es mit der Zeit nicht einfach wird, das Team zusammenzuhalten.“

Etwas, das sich mit der aktuellen Krise laut Schmit jedoch noch verstärkt hat: „Die finanzielle Situation ist unsicher. Als kleiner Verein wird es schon beim Herrenteam knapp. Die Entscheidung, dass die Damen nicht aufsteigen, wurde dadurch schon schneller getroffen.“ Die Enttäuschung beim Damenteam kann Schmit nachvollziehen. So hat sich mit Jo Oly eine Leistungsträgerin entschieden, zum Meister der letzten Saison, Gréngewald Hostert, zu wechseln. Gestern folgte dann die Nachricht, dass Trainerin Julie Kremer in der nächsten Saison neben Jérôme Altmann als Assistant-Coach in Düdelingen fungieren wird: „Ich kann verstehen, dass sie ein solch lukratives Angebot annimmt. Sie hat uns zudem mitgeteilt, dass der Zeitaufwand, alleine als Coach zu arbeiten, für sie auch sehr hoch war.“ In Heffingen gibt man nun einigen talentierten Spielerinnen die Chance, sich in der ersten Mannschaft in Walferdingen weiterzuentwickeln, der Klub selbst wird in der nächsten Saison ein Team in der zweiten Liga stellen. Unterdessen stellt sich Alain Weins die Frage, wie es in den nächsten Jahren im Damenbasketball aussehen könnte: „Ich glaube nicht, dass die Anzahl an Profispielerinnen eine Rolle spielt. Vielleicht fusionieren wirklich in Zukunft einige Teams und die Liga wird zu einer zusammenschrumpfen? Wer weiß auch, wie sich die Corona-Krise insgesamt auf den Damenbasketball auswirken wird, fließen die Ressourcen vielleicht noch mehr in das Herrenteam?“

Europa als Attraktivitätsfaktor

Gréngewald-Trainer Hermann Paar spricht sich unterdessen deutlich dafür aus, die Anzahl an Profispielerinnen im Damenbasketball keinesfalls zu reduzieren: „Ich habe Gerüchte gehört, dass man sich hinsichtlich der Profifrage fast schon einig ist, bei den Damen mit einem zu spielen, während bei den Männern zwei zur Debatte stehen. Das finde ich schon sehr beschämend.“ Für den ehemaligen Nationaltrainer ist es für die Entwicklung des nationalen Damenbasketballs entscheidend, dass das Trainings- und Liganiveau hoch bleibt und so spricht er sich entschlossen gegen eine Reduzierung der Anzahl an Profispielerinnen aus: „Nur so konnte sich Anne Simon in der letzten Saison überhaupt dementsprechend weiterentwickeln.“ Simon wählte nach dem ersten Meistertitel des Gréngewald in der Saison 2018/19 bekanntlich den Weg ans College in den USA, wo sie in ihrer Rookie-Saison vollends zu überzeugen wusste und sich in ihrem ersten Jahr gleich zu einer wichtigen Leistungsträgerin der University of Maine entwickelte.

Besonders ärgert Paar die Tatsache, dass oft das Argument verwendet wird, dass der Damenbasketball nicht interessant ist: „Oft wird es so abgetan, als würde durch Damenbasketball kein Geld reinkommen, das sehe ich sehr gesellschaftskritisch, man muss ihn nur mehr fördern. Man muss sich doch nur das Meisterschaftsfinale des letzten Jahres ansehen, wo die Halle auch bei den Damen voll war.“ Dass die Vereine aufgrund der Corona-Krise nun gezwungen sind, beim Damenteam zu sparen, glaubt er unterdessen nicht: „Ich denke nicht, dass der Etat so sehr schrumpfen wird. Vielleicht werden einige Vereine nun eher weniger häufiger ihre Profispieler auswechseln.“

So hat der deutsche Coach auch eine genaue Vorstellung, wie man den Damenbasketball für einheimische Spielerinnen in Zukunft attraktiver gestalten kann: „Ich halte es für wichtig, dass man mittelfristig daran denken sollte, wieder europäisch zu spielen, auch im Jugendbereich.“ Der Gréngewald hatte bereits angekündigt, solche Projekte zu unterstützen. So könnten laut Hermann Paar vielleicht auch Spielerinnen wie Magaly Meynadier und Mandy Geniets, die zurzeit in der deutschen Bundesliga auflaufen, oder Lisa Jablonowski, die ihre letzte College-Saison in den USA bestritt, dazu bewogen werden, wieder in die luxemburgische Liga zurückzukehren. „Die jungen Spielerinnen brauchen einfach Vorbilder, zu denen sie aufschauen können.“ Zum aktuellen Spielmodus sieht er hingegen kaum eine Alternative: „Man könnte sich überlegen, ob Erstligateams vielleicht mit ihren Espoirs-Spielerinnen, die noch nicht für die erste Mannschaft bereit sind, in sogenannten Farmteams in der zweiten Liga antreten können. Da gibt es auch noch weitere Möglichkeiten, in die man das ’Centre de formation’ des Verbandes vielleicht mit einbeziehen kann.“ In Hostert wurde in den letzten Jahren jedenfalls viel in den Damenbasketball investiert und so hofft man bei den vielen Diskussionen über den Spielmodus bei den Herren, auch für die Damen etwas bewegen zu können. 

Ich halte es für wichtig, dass man mittelfristig daran denken sollte, wieder europäisch zu spielen, auch im Jugendbereich.

Hermann Paar, Trainer Gréngewald Hostert