Die Märkte reagierten am Freitag geschockt auf Meldungen, wonach die Staatsanwaltschaft ein Haftgesuch gegen einen engen Vertrauten von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti gestellt hat. Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen sprangen auf den höchsten Wert seit Einführung des Euro.
Tremonti gilt als Garant des Sparkurses. Er fürchtet, dass die Schuldenkrise am Rand der Euro-Zone ohne konsequente Sanierungsschritte auch auf Italien übergreifen könnte. Regierungschef Silvio Berlusconi, gegen den Verfahren wegen Steuerhinterziehung, Korruption und Sexskandalen laufen, wirkt amtsmüde: Er will 2013 nicht mehr antreten.
Anliegen besprechen
Auf die Korruptionsaffäre um den Vertrauten Tremontis angesprochen, sagte der 74-Jährige Regierungschef der Zeitung „La Repubblica“: „Ich trete nicht zurück, aber man könnte es schon wollen.“ Er fügte hinzu: „Wenn ich könnte, würde ich das Amt schon jetzt abgeben.“ Berlusconi kündigte zugleich an, in Kürze mit Tremonti bei einem Arbeitsessen „über gemeinsame Anliegen“ sprechen zu wollen.
Die Staatsanwaltschaft Neapel hatte zuvor ein Haftgesuch gegen Marco Milanese gestellt, der noch bis vor kurzem als Berater Tremontis fungierte. Als Abgeordneter genießt Milanese Schutz vor Strafverfolgung, so dass vor einer Verhaftung zunächst seine Immunität aufgehoben werden müsste.
Pikante Details
Als besonders pikant gilt auch, dass Tremonti bis zuletzt eine Stadtvilla Milaneses in Rom mitnutzte. Nach Bekanntwerden des Haftgesuchs ließ Tremonti umgehend verlauten, er sei mittlerweile ausgezogen. Die Position Tremontis im Kabinett war in letzter Zeit bereits durch Streitigkeiten mit anderen Ministern geschwächt.
Während der Stern des Wirtschaftsministers zuletzt sank, dürfte Justizminister Angelino Alfano der kommende Mann sein. Berlusconi kündigte an, Alfano werde der künftige Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten sein. Er war Anfang Juli zum neuen Chef von Berlusconis Partei „Volk der Freiheit“ gewählt worden.
Große Herausforderungen
Sollte Alfano Berlusconi als Regierungschef beerben, steht er vor einer riesigen Herausforderung: Italien drückt in der Euro-Zone nach Griechenland die größte Schuldenlast gemessen am Bruttoinlandsprodukt: Sie entspricht 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die EU-Verträge erlauben eigentlich nur eine Obergrenze von 60 Prozent. Auch bei der Neuverschuldung dürfte Italien in diesem und im kommenden Jahr die Defizitgrenze von drei Prozent reißen. Erst 2014 will die Regierung ohne neue Schulden auskommen – Zumindest hat Tremonti dieses Ziel ausgegeben.
De Maart

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