Die bislang unter Verschluss gehaltenen Cockpit-Tonbänder wurden am Montag vor Gericht abgespielt. Ob daraus neue Erkenntnisse gewonnen werden, bleibt abzuwarten.
27. März 2012: Der Fokker-50-Pilot Claude Poeckes bekommt 42 Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 Euro. (Herve Montaigu)
Einen Tag nach dem Unglück am 6. November 2002 wurde das Wrack der Fokker 50 von allen Seiten abgelichtet. (Unfallbericht)
Die Aufnahmen für den Unfallbericht sollten damals helfen, die genaue Absturzursache zu klären. (Unfallbericht)
Links im Bild sieht man die Aufschlagsstelle der Fokker 50. Sie rutschte anschließend über die Route de Trèves und zerbrach an einem Hügel (r.) (Unfallbericht)
In dem Unfallbericht wurden die Sitzpositionen der 19 Passagiere und der Flugbegleiterin während des Absturzes dokumentiert. (Unfallbericht)
Für jeden Flugzeugtyp gibt es die sogenannte "Service-Letter". Darin werden sämtliche Funktionen einer Maschine im Detail erklärt. (Smartcockpit.com)
Hier wird zum Beispiel die Funktion des Autopiloten einer Fokker 50 dargestellt. (Smartcockpit.)
Dabei werden die einzelnen Funktionen am Schubhebel erklärt. (Smartcockpit.)
Das Fokker-Werk hat auch Warnhinweise und Verbesserungsvorschläge verschickt. Hier sieht man die "Fokker 50 Service Letter 137". (Tageblatt.lu)
Darin wird vor dem "Problem" mit dem Schubhebel gewarnt. (Tageblatt.lu)
Darin wird auch über die Informationspflicht für die Techniker und Piloten informiert. (Tageblatt.lu)
Am Boden bleibt die Fokker 50 bei Wartungsintervallen. Bei den Checks werden lange Listen abgearbeitet (Kurt Gorm Larsen)
Die F-27 Friendship des niederländischen Herstellers Fokker dient vielen Fluggesellschaften weltweit seit Jahrzehnten als zuverlässiges Arbeitstier. (Wikipedia)
Mitte der 50er Jahre begann der Aufstieg des Hochdeckers zu einem Bestseller unter den Turboprop-Maschinen für Kurz- und Mittelstrecken. Als Linienmaschine wurde die Fokker F-27 erstmals 1958 in Dienst gestellt. (Wikipedia)
Nachfolgerin der F-27 war von 1987 an die modernere, sparsamere und leisere Fokker 50. (zap16.com)
Die Fokker 50 wurde komplett neu entwickelt. Bis auf die Form hatte nicht viel an die Vorgängerin erinnert. (dpa/Oliver Berg)
Seit 1987 wurden über 200 Exemplare der Fokker 50 gebaut und ausgeliefert. (Norbert Dijk/aruba-daily.com)
1996 ging das niederländische Unternehmen Fokker Bankrott. Die Produktion der Fokker 50 wurde eingestellt. (dpa/Herwig Vergult)
Landung bei Nebel. Hier gelten spezielle Regeln, in der Fachsprache auch LVP (Low visibility Procedure) genannt. Sie besteht aus drei Kategorien. (dpa)
Cat I : Pistensichtweite mindestens 550 Meter. (Youtube-Screenshot)
Cat II: Die Sichtweise muß mindestens 300 Meter betragen. (Youtube-Screenshot)
Cat III wird unterteilt in IIIa, b und c. Cat IIIa: Sicht bis mindestens 200 Meter. Cat IIIb: Sicht mindestens 75 Meter und Cat IIIc: Landung ohne irgendwelche Sicht. (Youtube-Screenshot)
Jedes Zivil-Flugzeug muss regelmäßig gewartet werden. Es gibt da zum Beispiel den... (dpa)
Eine Fokker 50 der Luxair. Weltweit gab es bei der Baureihe mehrere tödliche Pannen mit der Schubumkehr. (Robert Spirinelli)
15. September 1995 stürzt eine Fokker der Malaysia Airlines kurz nach dem Start ab. Absturzursache: Unter anderem unkoordinierte Zusammenarbeit der Piloten im Cockpit. 34 Insassen sterben. (Wikipedia)
17. Januar 2003: Eine "Air Nostrum"-Fokker stürzt beim Landeanflug auf Melilla (spanische Enklave in Nordafrika) ab. Absturzursache: Propeller-Fehlstellung. Keine Toten aber zahlreiche Verletzte. (Flickr)
10. Februar 2004: Bei einer Fokker der Kish Air verstellen sich plötzlich im Landeanflug die Propeller. (Tageblatt)
2,5 Kilometer vor einer Landebahn in Dubai schalten die Propeller-Triebwerke auf Schubumkehr. (Tageblatt)
Die Maschine verliert an Höhe, dreht nach links und schmiert ab. (Tageblatt)
43 Menschen sterben. (Tageblatt)
Die orangefarbenen Metallkisten, etwas größer als Schuhkartons, und besser unter dem Namen Black Boxes bekannt, spielen bei der Aufklärung von Flugzeugabstürzen eine immer größere Rolle. (Tageblatt)
Die Black Box ist so konstruiert, dass sie hohen Aufprallgeschwindigkeiten und Temperaturen sowie extremem Wasserdruck widerstehen kann. (Tageblatt-Archiv/str)
Auch beim Absturz vor zehn Jahren einer Luxair-Fokker mit 20 Todesopfern setzen die französischen Luftfahrtexperten auf die Technik. (A2800 epa Michael Reynolds)
... A-Check: Der ist da, um nach ca.300-600 (alle 2-3 Monate) Flugstunden die Kabine und alle wichtigen Instrumente zu kontrollieren. (United)
Wurde früher alles noch auf Magnetbänder gespielt,.... (Tageblatt)
...zeichnen jetzt Chipkarten das gesprochene Wort im Cockpit auf. (dpa/Emma Foster)
Was hat sich in den letzten Minuten vor dem Absturz im Cockpit der Fokker 50 ereignet? (flyingchinaman.blogspot.com)
Hinterbliebene trauern am 7. November 2002 an der Absturzstelle der Luxair-Fokker. (Tageblatt-Archiv)
Auch Großherzog Henri nahm an einem Trauergottesdienst in der Kirche von Roodt/Syre teil. (Tageblatt-Archiv)
Großherzogin Maria Teresa und Staatsminister Jean-Claude Juncker an der Absturzstelle am 7. November 2002. (Tageblatt-Archiv)
Laut Experten ist eine technische Panne am Schubhebel unmöglich. (Herve Montaigu)
Einige Absturzopfer haben nach dem Unglück noch gelebt, verstarben jedoch beim Abtransport. (dpa/Boris Roessler)
Der Pilot der Unglücksmaschine Claude Poeckes (rechts) mit seinem Vater Jean. (Hervé Montaigu)
Jeder Angeklagte wird durch mehrere Anwälte vertreten. Im Hintergrund die Eltern eines Opfers. (Hervé Montaigu)
... B-Check: Ca. alle 3 Monate. War damals aber nicht für die Fokker 50 relevant. (Z1015 Bernd Settnik)
Marc Gallowich beim Eintreffen im Gericht. (Hervé Montaigu)
Der Ex-Generaldirektor von Luxair Christian Heinzmann (rechts) mit Marc Gallowich, dem damaligen technischen Direktor. (Hervé Montaigu)
Jean-Donat Calmes, ehemaliger Direktor von Luxair. (Hervé Montaigu)
In diesem Saal findet der Prozess statt. (Hervé Montaigu)
... C-Check: Hierbei werden alle wichtigen Bordelemente überprüft. Kontrolle sämtlicher beweglicher Teile wie Klappen, Luken, Türen. Tests aller Systeme, Ausbau und Reparatur aller Geräte. Dies geschieht in regelmäßigen Abständen von ca. 4000-6000 Flugstunden. (Tageblatt)
... IL-Check: Dieser Check ist einer an dem sehr große Änderungen,Reparaturen und Statik-Tests, sowie alle schon oben genannten Arbeiten vorgenommen werden. Der IL-Check wird in einem Zyklus von 4 Jahren durchgeführt. (dpa/Heinz von Heydenaber)
... D-Check: Beim D-Check wird das Flugzeug regelrecht "zerpflügt". Das Flugzeug wird bis auf das Grundgerüst zerlegt. Diese Arbeit ist sehr aufwändig und braucht viel Zeit. Deshalb wird er bei den meisten Airlines nur alle 7-10 Jahre vorgenommen. (EADS)
Die letzten Sekunden der Luxair-Fokker: Pilot: "Wat ass dat, hä, oh merde" / Co-Pilot: "Bo dat war awer eng lenk" / Pilot: "Oh merde" / Co-Pilot: (schweres Atmen).....
Wenig später schlägt die Fokker 50 bei Niederanven auf einen Acker auf. (dpa)
Was wurde die letzten Minuten vor dem Crash im Cockpit gesagt? Das werden Gericht und Publikum erfahren, wenn die Aufzeichnungen des Voicerecorders vorgespielt werden. Die Entscheidung dazu teilte Richter Prosper Klein am Montag mit. Er verwarf damit den Antrag der Verteidigung des Unglückspiloten, auf das Abspielen der Aufzeichnungen im Gerichtssaal zu verzichten.
Die Verhandlung wurde mit dem Anhören eines weiteren Linienpiloten der Luxair fortgesetzt. C.M. bestätigte die Aussagen seiner Kollegen. Dem Pilot der Unglücks-Fokker wird unter anderem vorgeworfen, die vorgeschriebenen Prozeduren nicht eingehalten zu haben und während des Fluges verbotenerweise den Rückschub aktiviert zu haben.
„Ein zuverlässiger Pilot“
Der Zeuge, der auch Fluginstruktor war, konnte nichts Negatives über Claude Poeckes sagen. Er hatte den Ruf, ein zuverlässiger Pilot zu sein. Er sei nie negativ aufgefallen, betonte C.M. „Könnte der Pilot ausserhalb der Tests nicht überheblich werden?“, fragte Richter Prosper Klein. „Kann sein, ist aber unwahrscheinlich“, entgegnete der Zeuge. Auf die Zusammenarbeit im Cockpit angesprochen konnte C.M. jedoch nicht sagen, warum am 6. November 2002 der Co-Pilot seinen Kollegen nicht gestoppt hat, als dieser die Fehlmanipulation vornahm. Der Fokker-Crash hat 20 Menschenleben gefordert.
Der Anwalt des Piloten wollte wissen, ob es bei einem Landeanflug jederzeit möglich sei, wieder Gas zu geben.“Ja, aber man muss abwägen, ob es die ideale Lösung ist. Alles hängt von der Situation ab“, sagte C.M. Eine abgebrochene Landung dürfe man jedoch auf keinen Fall wieder aufnehmen. Aber auch dieser Pilot betonte, dass bei der Auslegung der Richtlinien für die Piloten Handlungsspielraum besteht. Bei Sicherheitsfragen dürfe es hingegen keine Abweichung geben, unter anderem was den Landeanflug oder das Tragen des Sicherheitsgurts betrifft, betonte indes der Rechtsbeistand eines Nebenklägers. Hätte der Co-Pilot nicht eingreifen müssen, fragte ein anderer Anwalt. „Schwer zu sagen. Er hätte es auf jeden Fall tun können“, antwortete der Luxairpilot. Das Kommando könne er aber nur in einem absoluten Ausnahmefall übernehmen, unterstrich seinerseits Richter Klein. Zustimmung beim Zeugen.
Die Tonbänder
Vor Gericht werden dann die Tonbänder aus dem Cockpit abgespielt. Die Tonqualität sei nicht sehr gut, warnt der Staatsanwalt.
Zuerst reden beide Piloten über einen eingezogenen Führerschein. Dazwischen hört man Anweisungen des Towers. Der Pilot sagt anschliessend, dass er dringend aufs Klo muss. Immer wieder kommen Informationen vom Tower. Dann wird wieder über das Autofahren gesprochen. Einer der Piloten erzählt von seinen Erlebnissen mit der Polizei und dem Verkehrsgericht. Auch die schulische Laufbahn eines der Piloten kommt zur Sprache. Dann regen sich beide darüber auf, dass sie nicht sofort landen können und fragen sich, was sie den Passagieren erzählen sollen. Der Kontrollturm informiert sie über die schlechte Sicht. Die Crew fragte sich anschliessend, ob sie nicht hinter einer Cargolux-Maschine landen können. Es sei ausgeschlossen, nach Saarbrücken zu fliegen. Dann entscheiden sie, die Landung abzubrechen und eine Warteschleife über Diekirch zu fliegen. Ein paar Minuten später bedauern die Piloten wieder, dass sie nicht im Schweif einer Cargolux landen konnten.
Sie fragen noch einmal nach der Sicht. Ungenügend, heißt es. Die Crew beschließt, ein Go-around einzuleiten. Der Turm bestätigt, dass die Sicht unter 300 Metern liegt. Der Landeanflug wird eingeleitet. Nur noch ein Piepsen ist zu hören, dann ist Ruhe.
Der Staatsanwalt betonte schliesslich, dass man auch die Filme, die im Rahmen der Untersuchung produziert wurden, zeigen könne. Während das Gericht das Interesse einer solchen Vorführung nicht einsieht, fragt der Anwalt von Poeckes, ob man nicht die Demo des Flugsimulators in Maastricht zeigen könne.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können