Mittwoch12. November 2025

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„Es riecht wie an einer Zapfsäule“

„Es riecht wie an einer Zapfsäule“
(Reuters)

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Nach Einschätzung von Greenpeace macht sich das ausströmende Gas der Nordsee-Plattform "Elgin" bereits deutlich nahe der Unglücksstelle bemerkbar.

„Es riecht, als ob sie sich an einer Tankstelle neben der Zapfsäule aufhalten“, sagte am Montag Christian Bussau, Meeresexperte der Organisation der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefoninterview. Bussau befand sich an Bord eines Forschungsschiffes rund fünf Kilometer von der havarierten Bohrinsel entfernt.

Der Umweltschützer sagte, er hoffe nicht, dass das Gas gefährlich sei. Gasmasken würde die Besatzung der „Koningin Juliana“ nicht tragen. Nach Angaben der Organisation bedroht zudem Öl die Umwelt. „Unser Schiff befindet sich mitten in einer großflächigen Ölverschmutzung und wir sehen gelbliche Chemikalienbrocken im Ölteppich“, sagte Bussau. Die Brocken seien etwa fingernagelgroß und würden nach Benzin riechen, teilte Greenpeace mit. Die Umweltorganisation nimmt Wasser- und Luftproben aus der Umgebung der Bohrinsel, aus der seit rund einer Woche giftiges und hochexplosives Gas austritt. Die Proben sollen in den kommenden Tagen ausgewertet werden.

Total schick Experten

In der Zwischenzeit hat Total ein Expertenteam losgeschickt. Fachleute von Total und von der Fachfirma Wild Well Control, die auch im Kampf gegen das Ölleck an der explodierten US-Plattform „Deepwater Horizon“ im Einsatz war, sollen sich ein Bild der Lage machen. Es fehle jedoch noch grünes Licht von den britischen Sicherheitsbehörden. Das Leck soll mit Schlamm aufgefüllt werden.

Zudem habe das Unternehmen Bohrausrüstung von zwei anderen Plattformen in der Nordsee geordert, um Entlastungsbohrungen durchzuführen. Mit Unterwassertechnik, die auf zwei Schiffen am Rande der Drei-Meilen-Sicherheitszone bereitsteht, solle nach dem besten Ort für diese Entlastungsbohrungen im Meeresboden Ausschau gehalten werden. Um die Technik einsetzen zu können, müsse aber erst eine ruhigere See abgewartet werden.

„Die Zeit drängt“

Bussau sprach von einem „schweren Unfall“. Zudem warnte er vor der zunehmenden Umweltbelastung, falls das Problem nicht so schnell wie möglich behoben werde. Es könne unmöglich sein, dass das Leck erst in sechs Monaten gestoppt würde. Das Vorhaben des Betreibers Total, das Leck zunächst mit Bohrschlamm zu verstopfen und mit Entlastungsbohrungen dauerhaft zu entschärfen, könnte ein halbes Jahr dauern. „Die Zeit drängt“, warnte Bussau. Seit acht Tagen trete Gas aus und bisher sei noch nichts unternommen worden. Die Situation für Menschen sei trotz des Erlöschens der Gasfackel immer noch sehr gefährlich, da weiterhin explosives Erdgas ausströmen würde. Dennoch müsse der Austritt von Gas und Öl so schnell wie möglich gestoppt werden, um eine weitere Umweltbelastung zu verhindern, sagte Bussau.

Total will in den kommenden Tagen Beteiligten zufolge einen Hubschrauber zur evakuierten Plattform entsenden. Bussau sagte, für ihn zeige sich in der Bedrohung für Mensch und Umwelt ein Dilemma der Ölunternehmen. „Sie haben die Technik nicht mehr im Griff. Unfälle sind nicht kurz mal zu beheben“, erklärte er mit Blick auf die Explosion der „Deepwater Horizon“ 2010 im Golf von Mexiko. Allerdings habe dieses Unglück deutlich größere Ausmaße gehabt.

Ein schlechtes Krisenmanagement

Der Meeresexperte zeigte sich unzufrieden mit dem Krisenmanagement und der Informationspolitik des französischen Öl-Konzerns. Die Angaben von Total seien unzureichend gewesen. Deshalb habe Greenpeace die „Koningin Juliana“ gechartert und sei von Cuxhaven zur „Elgin“ gefahren, um vor Ort eigene Informationen über die Umweltbelastung zu sammeln.