In einem 212-seitigen Bericht, den sie am Freitag vorstellte, geht Statec der Arbeit und der Arbeitslosigkeit, der Armut und der Gefahr in die Armut abzurutschen auf den Grund. Die Zahlen deuten darauf hin, dass Luxemburg die Krise weniger stark spürt. Subjektive Kriterien würden aber eine andere Sprache sprechen, hieß es am Freitag.
Problem Überschuldung:
Um sich hoffnungslos zu verschulden, muss man nicht arbeitslos sein. Einen Hinweis hierfür liefern Zahlen der beiden „Services d‘information et de conseil en matière de surendettement“, den Büros von „Inter-Action und der „Ligue médico-sociale“, welche diese gestern zusammen mit dem Statec präsentierten.
Fast die Hälfte der von ihnen behandelten Dossiers betreffen Angestellte. Elf Prozent sind Arbeitslose und 14 Prozent RMG-Empfänger.
Die Anzahl der Dossiers blieb in den letzten Jahren einigermaßen stabil, mit einer Spitze von 441 behandelten Dossiers in 2010. Die Ursache hierfür dürfte allerdings darin zu suchen sein, dass in beiden Büros zusammen nur fünf Menschen arbeiten, mehr Dossiers also einfach nicht behandelt werden können.
Ein klares Bild liefern diese Zahlen allerdings nicht. Eine offizielle und erschöpfende Statistik zum Thema Überschuldung in Luxemburg existiert nicht. Zum einen, so erklärt Statec Chef Serge Allegrezza, habe seine Behörde kein Mandat dies zu erforschen, zum anderen behindere das Bankgeheimnis Recherchen in diese Richtung wie Nadine Bourgeoise von Inter-Action erklärt.
Zudem ist besteht weiterhin das Problem des Kredittourismus nach Belgien über, den es keine präzisen Zahlen gibt, wie Christian Schumacher von der Ligue médico-social zu bedenken gibt. (gr)
Das Armuts- und Ausschlussrisiko ist einer dieser objektiven Kriterien. Als die Krise 2008 ausbrach, stieg er sprunghaft von 15,5 Prozent auf 17,8 Prozent an. Seitdem fällt er wieder und befand sich Ende 2011 bei 16,8 Prozent. In Zahlen bedeutet dies 83.500 Menschen sind in Luxemburg davon bedroht. Ein anderer statistischer Wert – das Armutsrisiko – lag 2011 bei 13,6 Prozent, 2010 waren es 14,5 Prozent.
5,8 Prozent der Haushalte sind unterbeschäftigt
Leicht angestiegen ist in Luxemburg im vergangenen Jahr der Anteil der unterbeschäftigten Haushalte, also der Anteil jener Haushalte, die insgesamt weniger als fünf Monate bezahlter Arbeit im Jahr aufweisen können. Dieser Wert stieg von 5,5 auf 5,8 Prozent.
Ebenfalls leicht angestiegen ist der Anteil der Haushalte, die sich über ernsthafte, materielle Entbehrungen beklagen. 2011 waren das 1,2 Prozent der Bevölkerung gegenüber 0,5 Prozent 2010.
Im internationalen Vergleich steht Luxemburg gut da. Oder viel mehr stand Luxemburg gut da, denn die vom Statec am Freitag vorgestellten Zahlen behandeln in der Hauptsache die Jahre 2010 und 2011. Die Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent – nach internationalen Rechenregeln – Ende 2011 ist eine der niedrigsten in der Europäischen Union. Lediglich die Niederlande und Österreich liegen darunter.
Hohe Jugendarbeitslosigkeit
Im Europavergleich erscheint auch die Jugendarbeitslosigkeit von 16,8 Prozent plötzlich nicht mehr so hoch. Für Luxemburg sei diese Quote jedoch „extrem hoch“, so Jean Ries, auch wenn sie unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Spanien mit seinen dramatischen 46,4 Prozent ist Spitzenreiter. In Deutschland und Österreich gebe es das Duale System, bei dem Lehre und Schule Hand in Hand gehen. Das senke die Jugendarbeitslosigkeit in diesen Ländern, so der Statec. Eine niedrigere Quote als Luxemburg haben nur Österreich, Deutschland und die Niederlande.
Von den Menschen, die mit ihrem Einkommen unter Armutsgrenze von 1.627 Euro liegen (1-Personen-Haushalt), befänden sich jedoch viele im Grenzbereich, betont der Statec. 50 Prozent von ihnen hätten ein Einkommen von über 1.300 Euro. Und trotzdem: Die Krise existiere nicht nur in den Köpfen der Menschen. 24,2 Prozent der Haushalte in Luxemburg haben einer Umfrage von 2011 zufolge Probleme, beide Enden zusammen zu bringen. Im Jahr davor waren es 22,4 Prozent und 2009 knapp 23 Prozent. 2006 sagten 17,6 Prozent der Haushalte, ihr Einkommen genüge nicht, um im Monat über die Runden zu kommen.
Im Europavergleich liegt Luxemburg jedoch mit seinen 24,2 Prozent weit vorne. Nur in Norwegen und Schweden ist die Quote „positiver“. In Ungarn und Bulgarien wissen immerhin 90 bzw. 93,1 Prozent der Haushalte oftmals nicht, wie sie ihre Rechnungen zahlen sollen.
De Maart

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