Als der rechts-konservative Ministerpräsident Viktor Orban im Budapester Parlament den Amtseid für weitere vier Jahre ablegte, legte er kein Regierungsprogramm vor. Die neue Verfassung, die er 2011 mit seiner Zweidrittelmehrheit in der Volksvertretung durchgepeitscht hatte, machte dies nicht mehr erforderlich.
Auch mit der Bildung des neuen Kabinetts lässt sich der ungarische Regierungschef noch Zeit. Keine komplizierte Koalitionsbildung nötigt ihm das ab: Orbans Regierungspartei Fidesz hat auch im neuen Parlament eine – wenn auch denkbar knappe – Zweidrittelmehrheit. Der Regierungschef will einfach noch die Europa-Wahl am 25. Mai abwarten.
Kein Widerspruch
Doch Orban ist Programm und exekutierende Gewalt in einer Person. So etwas wie Widerspruch kommt in seiner Partei und in seinen Kabinetten nicht vor. Seine bisherigen Äußerungen lassen darauf schließen, dass es so weitergehen wird wie bisher. Dass sein Wille geschehen wird.
In der Rede nach der Vereidigung formulierte Orban das am Samstag so: „Dem Wählerwillen zufolge ist es für das Land besser, bei der eingeschlagenen markanten Linie zu bleiben.“ Die „Ära der Taten und des Handelns“ solle weitergehen. Wer meinte, Orban würde nach Erringen der zweiten Zweidrittelmehrheit in Folge versöhnlichere Töne anschlagen und seine Vorherrschaft auf dem politischen Terrain mit ruhiger Hand konsolidieren, sah sich getäuscht. In der Fidesz-Fraktionssitzung am letzten Montag gab Orban die Losung aus: „Konsolidieren wäre ein Zeichen der Feigheit.“
Kampf wird fortgesetzt
Der Kampf gegen vermeintliche innere und äußere Feinde wird also fortgesetzt. Schon in den vergangenen vier Jahren nutzte Orban die verfassungsändernde parlamentarische Mehrheit, um seine Macht einzubetonieren. Die Medien wurden durch ein neues Gesetz an die kurze Leine genommen, die Kompetenzen des Verfassungsgerichts wurden beschnitten. Künftigen Regierungen, die keine Zweidrittelmehrheit haben, sind durch die neue Verfassung die Hände gebunden: so ist etwa die Flat tax (Einheitssteuer) im Grundgesetz verankert.
Orban sprach und spricht viel von der Stärkung des ungarischen Mittelstands. Doch die Flat tax begünstigte nur die Reichen. Der viel beschworene Schuldenabbau kam nicht von der Stelle: die Staatsschuld beträgt unverändert 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Lediglich die Neuverschuldung sank unter die von der EU vorgegebene Drei-Prozent-Marke. Auch aus der Rezession ist Ungarn inzwischen wieder heraus, vor allem dank der Konjunktur im Hauptexportland Deutschland. Wachstumsraten von etwa ein Prozent liegen aber immer noch unter denen vergleichbarer Länder wie Polens oder der Slowakei.
Schuld auf andere verschieben
Als geschickter Populist verstand es Orban, alle Schuld am Stagnieren der Verhältnisse auf die Vorgängerregierungen und auf das Ausland abzuschieben. Sondersteuern für ausländische Banken und Konzerne brachten dem Staat Geld ein, mit dem man sich Strukturreformen ersparte. Rechtzeitig zum Wahlkampf zwang Orban die Strom- und Energieversorger, ihre Preise drastisch zu senken. Auf den Strom- und Gasrechnungen muss – dafür gibt es ein eigenes Gesetz – in dicken Lettern die Summe aufscheinen, die sich der Kunde aufgrund der Preissenkung erspart.
Die Opposition der linken Mitte erwies sich als schwach, konzeptlos, zerstritten und ideenarm. Dennoch verlor Orbans Fidesz bei der April-Wahl gegenüber 2010 fast 600 000 Stimmen. Für eine Zweidrittelmehrheit reichte es dennoch wieder, weil Orban entsprechend an den Wahlgesetzen schrauben ließ. Niemand in Budapest zweifelt daran, dass er sie nutzen wird, um weiter durchzuregieren.
De Maart

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