Montag27. Oktober 2025

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Hinweise auf politisches Motiv

Hinweise auf politisches Motiv
(AFP/oli Scarff)

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Nach dem Attentat auf die Abgeordnete sind viele Fragen offen.

Nach dem Attentat auf die Abgeordnete Jo Cox sitzt der Schock in Großbritannien tief. Labour-Parteichef Jeremy Corbyn sprach am Freitag von einer „Attacke auf die Demokratie“. Premierminister David Cameron rief dazu auf, Hass und Intoleranz keinen Platz in der Politik einzuräumen. Der Wahlkampf vor dem Referendum über Verbleib oder Ausscheiden Großbritanniens in der EU soll auch am Samstag ruhen.

Immer mehr zeichnet sich ab, dass das Attentat auf die Brexit-Gegnerin und in Flüchtlingsfragen aktive Cox am Donnerstag politisch motiviert gewesen sein könnte. Die Polizei teilte am Freitagabend allerdings mit, dass neben angeblichen rechtsextremen Tendenzen des tatverdächtigen 52-Jährigen auch seine psychische Gesundheit im Visier der Ermittler stehe.

Psychische Probleme

Der Bruder des festgenommenen Thomas M. sagte, dieser habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt, sei aber nicht gewalttätig. Polizeichefin Dee Collins sagte, dass er medizinisch untersucht und für verhörfähig erklärt worden sei.
M. war festgenommen worden, nachdem Cox am Donnerstag bei einem Treffen mit Bürgern niedergestochen und niedergeschossen worden war.

Ein Augenzeuge sagte, der Angreifer habe mehrmals „Britain First“ (deutsch: Großbritannien zuerst!) gerufen. Der Verdächtige M. soll Verbindungen zur US-Neonazi-Organisation National Alliance gehabt und die ultrarechte Publikation „SA Patriot“ abonniert haben.

Handbuch der National Alliance

Die US-Bürgerrechtsgruppe Southern Poverty Law Center teilte mit, M. habe 1999 ein Handbuch der National Alliance gekauft, das eine Anleitung für den Bau einer Pistole enthalten habe. Augenzeugen sagten aus, dass der Angreifer mit einer offenbar selbst gemachten Pistole auf Cox gefeuert habe.

Im Wahlkampf vor dem Referendum am 23. Juni war hitzig über die Einwanderung und die Rolle Großbritanniens in der Welt und in Europa diskutiert worden. Die 41-jährige Cox hatte dabei darauf hingewiesen, welch großen Beitrag Zuwanderer in Großbritannien leisten. Außerdem setzte sie sich für syrische Flüchtlinge ein, deren Aufnahme in Großbritannien höchst umstritten ist.

Politische Gegner

Die politischen Gegner Cameron und Corbyn legten am Ort des Angriffs, der Ortschaft Birstall, gemeinsam Blumen für das Opfer nieder. Cameron rief die Bürger dabei auf, die Demokratie wertzuschätzen. „Wo wir Hass sehen, wo wir Spaltung finden, wo wir Intoleranz sehen, müssen wir sie aus der Politik und aus unserem öffentlichen Leben und unseren Gemeinden vertreiben.“

Corbyn sagte, das Parlament werde seine Sitzungspause, die eigentlich bis zum Referendum hätte dauern sollen, unterbrechen und am Montag zu Ehren der Abgeordneten zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Trauernde legten nicht nur in Birstall Blumen nieder. Auch das Hausboot an der Themse, in dem Cox und ihre Familie lebten, wenn sie in London waren, war mit Blumen bedeckt. Vor dem Parlament gab es ebenfalls eine improvisierte Andachtsstätte.
Einige dort brachten die aufgeheizte Stimmung vor dem Referendum mit der Tat in Zusammenhang. „Diese Leute, die derzeit Bigotterie und Rassismus und Hass und Intoleranz hochpeitschen, sollten sich was schämen“, sagte die Lehrererin Joanna Chidgey, deren Vater früher selbst Abgeordneter war.