Montag10. November 2025

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„Schwer vorstellbar, fertigen Text ein Jahr in die Schublade zu legen“

„Schwer vorstellbar, fertigen Text ein Jahr in die Schublade zu legen“
(Tageblatt-Archiv/Isabella Finzi)

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Die CSV eröffnete am Wochenende mit der Spitzenkandidaten-Kür und Claude Wiselers 18-Punkte-Rede den Wahlkampf, zwei Jahre vor den Parlamentswahlen. Besonders auf zwei Punkten gab es bereits heftige Kritik. Wir haben bei Alex Bodry und Dan Kersch nachgefragt.

Alex Bodry ist LSAP-Fraktionschef und als Vorsitzender der parlamentarischen Institutionen-Kommission zuständig für die Arbeiten rund um die Verfassungsreform. Diese will die Regierungskoalition bekanntlich in dieser Legislaturperiode abschließen, inklusive Referendum. Für die erste Etappe, die Abstimmung im Parlament, benötigen die Koalitionäre die Zustimmung der CSV, um auf die erforderliche Mehrheit zu kommen. Nun sagte Claude Wiseler aber am Wochenende, diese Eile sei unnötig – zur Erinnerung: seit 2009 wird an diesem Text gearbeitet – und die CSV ziehe es vor, sowohl Abstimmung als auch Referendum erst nach den kommenden Parlamentswahlen abzuhalten.

Wird die Verfassungsreform also definitiv nicht mehr in dieser Legislatur evakuiert? „Das denke ich nicht“, sagt Alex Bodry, „aber es wird sicherlich schwieriger, wenn eine Partei sich so äußert. Wir haben am Montag in der Kommissions-Sitzung aber an unserem Zeitplan festgehalten. Wir behalten den geplanten Rhythmus bei, sind dabei die Bürgervorschläge zu überprüfen. Ich denke damit werden wir im Oktober fertig, dann gehen auch diese Überarbeitungen in den Staatsrat, auf dessen Gutachten zum ganzen Text wir derzeit eh warten. Mir scheint es also immer noch möglich, in sechs bis sieben Monaten einen fertigen Text zu haben. Und es scheint mir schwer vorstellbar, den fertigen Text dann ein Jahr in die Schublade zu legen.“

„CSV ist bereits im Wahlkampf“

Eine Erklärung für den Wiseler-Vorstoß hat Bodry auch: „Die CSV ist bereits im Wahlkampf. Sie will halt nicht mit der Regierung an einem Strang ziehen.“ So „kurz vor dem Ziel“ findet der LSAP-Politiker dies „natürlich schade, zumal ich es als gemeinsames Projekt, als kollektives Werk sehe.“ Zur Erinnerung: für die erforderliche Mehrheit wird die Zustimmung der größten Oppositionspartei benötigt, und der erste Textentwurf von 2009 geht auf den CSV-Parlamentarier Paul-Henri Meyers zurück. Es gibt denn auch vier Berichterstatter über die Reform, je ein Mitglied jeder Regierungspartei sowie Léon Gloden für die CSV. „Der hat sich am Montag nicht weiter geäußert“, so Alex Bodry, ebenso wenig wie Claude Wiseler über einen von Bodry bereits ins Gespräch gebrachten „Plan B: die Abstimmung im Parlament vor den Wahlen, das Referendum so schnell wie möglich danach. Darüber habe man bei der CSV noch nicht gesprochen, sagte Wiseler“ erklärt Bodry seinen „Vermittlungsversuch“ gegenüber der CSV-Blockade-Haltung.

Mit diesem „Plan B“ könne man zumindest jegliche wahltaktische Änderungen in der Haltung dieser oder jener Partei gegenüber der Verfassungsreform verhindern – egal wie dann eine neue Regierung aussehen würde. Ganz allgemein hoffe er in dieser Angelegenheit auf den „gesunden Menschenverstand“, so Alex Bodry abschließend.

Dan Kersch: „Nationales Referendum widerspricht kommunaler Autonomie“

Der zweite größere Kritikpunkt an Wiselers Rede war der Vorschlag, eine territoriale Neuordnung des Landes – will heißen Gemeindefusionen – via nationales Referendum vorzunehmen. Schriftlich liest sich die wie folgt auf csv.lu: „Wir werden die Gemeindekarte des Landes neuzeichnen und dieses Projekt einem Referendum unterziehen.“ Dazu befragten wir den zuständigen Innenminister Dan Kersch, ebenfalls LSAP.

Der zeigt sich höchst verwundert über diesen Vorschlag: „Ich nenne das die ‚Methode Wolter‘, das stand ja bereits im letzten Wahlprogramm der CSV. Diese Regierung hat dagegen von Anfang an abgelehnt, ein nationales Referendum über die Gemeindelandschaft abzuhalten. Das widerspricht der kommunalen Autonomie und den Gepflogenheiten, wie sie derzeit in Luxemburg existieren. Außerdem bin ich dagegen, dass bevölkerungsstarke Gegenden über alle anderen mitabstimmen sollen.“ In der Tat steht im CSV-Wahlprogramm 2013, unter Parteipräsident Michel Wolter ausgearbeitet, folgender Satz: „Wir werden im Jahr 2017 ein nationales Referendum über die territoriale Neuordnung abhalten.“

Wo man sich einig sei, fährt Dan Kersch fort, sei die Tatsache, dass man weniger Gemeinden wolle: „Das wird auch weiterhin über Subsidien gefördert. Und das wird auch weiterhin, wie bereits unter der vorigen Regierung, über den Weg von lokalen Referenden gehen. Das ging zweimal ’schief‘, und ich denke nicht, dass man diese Situation nun über ein nationales Referendum versuchen soll umzudrehen.“

„Nicht ganz durchdacht“

Der Innenminister zeigt sich des Weiteren verwundert darüber, dass hier die kommunale Autonomie scheinbar keine Rolle für die CSV spiele. Während sich in punkto des strittigen Kirchenfabrik-Gesetzes seitens der CSV auf eben diese berufen wird: „Das habe ich bereits mehrfach gesagt: Dass die CSV gerade dort mit dem Argument kommt, ist erstaunlich. Denn bisher gab es genau diese Autonomie nicht, die Gemeinden mussten für die Finanzierung aufkommen. Die Argumentation ist heuchlerisch.“

Auch weitere Wiseler-Vorstöße in punkto Gemeinden seien nicht ganz durchdacht, so der frühere Monnericher Bürgermeister. „Sie wollen einen hauptberuflichen Bürgermeister und Ämtertrennung? Gut, aber in der Kommission bezüglich der Verfassungsreform wollte die CSV nichts davon wissen. Und wie weit genau soll diese Unvereinbarkeit von nationalen und kommunalen Mandaten gehen? Wenn Gemeinden total aus der Legislative raus sind, ist auch nicht gut. Und es soll laut CSV eine neue Kammer geben, eine Kammer der gewählten Gemeindevertreter. Aber mit welchen Befugnissen? Soll sie nur Gutachten abgeben oder möglicherweise ähnliche Befugnisse wie der Staatsrat haben? Was machen wir dann mit dem Staatsrat?“, stellt sich Dan Kersch eine ganze Reihe von Fragen bezüglich der Wiseler-Planspiele. Und fügt eine letzte Frage noch an: „Würde dies überhaupt von CSV-Gemeindevertretern mitgetragen?“