Weniger Arbeit oder mehr Lohn

Weniger Arbeit oder mehr Lohn
(Reuters/Dinuka Liyanawatte)

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Wirtschaftsminister Etienne Schneider regt Arbeitszeitverkürzung an.

Über die 40-Stunden-Woche sollte gemeinsam mit den Sozialpartnern nachgedacht werden, so der Vizepremier und Wirtschaftsminister Etienne Schneider während des Neujahrsempfangs der LSAP.

Die Gewerkschaften reagierten noch äußerst vorsichtig auf den Vorstoß von Etienne Schneider. So möchte der OGBL vorerst keine Stellungnahme abgeben, sondern das Thema erst intern diskutieren.
Der LCGB sieht eine Arbeitszeitverkürzung prinzipiell positiv, möchte aber erst Details, ehe er sich äußern will. Weiter verlangt er ein Mitspracherecht bei der Ausarbeitung der Modelle.
Für den FNCTTFEL-Landesverband ist klar, dass die langjährige Forderung der Gewerkschaft nach einer 35-Stunden-Woche immer noch aktuell ist; der Landesverband hatte diese nie aufgegeben.

Tatsächlich erscheint die starre Auslegung der Arbeitszeiten, in der Regel fünfmal die Woche acht Stunden, angesichts der arbeitsparenden Digitalisierung nicht mehr die richtige. So schreibt die Deutsche Bank in ihrer Analysereihe, die Arbeit in den entwickelten Ländern erlebe die markantesten Veränderungen seit Generationen. „Zum ersten Mal seit der industriellen Revolution zerstört neue Technologie mehr Arbeitsplätze, als sie neue mobilisieren kann“, heißt es.

Keine Verkürzung seit annähernd 50 Jahren

Ein anderer Aspekt ist die Tatsache, dass die Arbeitszeit seit annähernd 50 Jahren nicht mehr verkürzt wurde. Die Gewerkschaftskampagnen der 70er und 80er Jahre für die 35-Stunden-Woche kannten keinen Erfolg. Zwar gab es in verschiedenen Ländern einen Einstieg, sprich die legale Arbeitszeit wurde heruntergesetzt.

Frankreich führte die 36-Stunden-Woche ein (die inzwischen von der Rechten wieder offensiv infrage gestellt wird), es gab Verkürzungen in zahlreichen anderen Staaten und Sektoren (etwa in der deutschen Automobilindustrie), 35 Stunden wurden allerdings nicht erreicht.

35-Stunden-Woche

Von 35 Stunden will auch Etienne Schneider nicht sprechen. Er verweist auf die steigende Produktivität, die nicht allein den Unternehmen nützen könne; entweder also müsse den Angestellten mehr Lohn gezahlt werden oder aber die Arbeitszeit müsse verkürzt werden, wobei die zweite Variante auch zu einer besseren Aufteilung der Arbeit führe, also mehr Menschen beschäftige. Dies sei auch notwendig.

Die Rifkin-Studie, die sich ausführlich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt, zeige dies auch deutlich, so Schneider, der als Beispiel die E-Mobilität nennt. In zehn Jahren würden kaum noch Lastwagenfahrer, Taxifahrer oder Lokführer gebraucht; hunderttausende Jobs würden wegfallen; also müsse der Staat jetzt schon über eine neue Aufteilung der Arbeit nachdenken. Der Prozess des Nachdenkens über die neuen Modelle, zu denen auch die Tele-Arbeit zählt, müsste jetzt anlaufen, deshalb habe er das Thema in die Diskussion gebracht, so der Wirtschaftsminister. Und er fügt hinzu, wenn die Arbeitgeberverbände sich einer Diskussion über die Arbeitszeit verweigern würden, zeige dies lediglich, dass sie die Lage verkennen würden.

Im Übrigen verweist Schneider auf die EU-Abgeordnete Mady Delvaux, die in ihrem Bericht zu Robotertechnologie eine Robotertaxe vorgeschlagen habe. Irgendwie müssen die Sozialsysteme ja weiter finanziert werden …