UN-Sicherheitsrat befasst sich mit Aleppo

UN-Sicherheitsrat befasst sich mit Aleppo
(kay Nietfeld)

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Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York kommt noch am Sonntag zu Beratungen über die Luftangriffe in Aleppo zusammen.

Nach UN-Informationen hatten Großbritannien, die USA und Frankreich das Treffen in der Nacht beantragt. Danach werden die 15 Mitglieder des höchsten UN-Entscheidungsgremiums am Sonntag um 17.00 Uhr MESZ (11.00 Uhr Ortszeit) über die verheerende Lage in der syrischen Stadt beraten. Dort sollen zwei Millionen Menschen von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten sein.

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hatte sich zuvor „erschüttert über die schreckenerregende militärische Eskalation“ in Aleppo geäußert. Nach Worten seines Sprechers Stephane Dujarric sagte Ban am Samstag in New York, er sei alarmiert über Berichte von Luftangriffen mit Brandbomben und anderen Bomben, die selbst Bunker sprengen könnten. Aleppo sei der „anhaltendsten und schwersten Bombardierung“ seit Beginn der Syrienkrise 2011 ausgesetzt.

„Das sprengt alle Dimensionen“

Nach dem Abbruch der Waffenruhe in der vergangenen Woche hatte Damaskus Angriffe auf die von Rebellen kontrollierten Teile der Stadt verschärft. US-Außenminister John Kerry hatte sich am Samstag in Boston mit vier europäischen Außenministern ausgesprochen. Er verlangte von Syrien ein sofortiges Ende der Luftangriffe. „Was in Aleppo passiert, ist inakzeptabel. Das sprengt alle Dimensionen“, sagte Kerry. Zugleich rief er Russland auf, seinen Einfluss auf Syriens Machthaber Baschar al-Assad geltend zu machen.

In Aleppo sind seit Ende der Waffenruhe mehr als 180 Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien auch mindestens 26 Kinder, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Am Samstag erschütterten massive Luftangriffe der syrischen Armee und ihrer Verbündeten den dritten Tag in Folge den von Rebellen gehaltenen Ostteil der Stadt. Dort harren noch mehr als 250 000 Menschen unter widrigsten Umständen aus.

„Rückkehr zum offenen Konflikt“

Die zwischen Russland und den USA vereinbarte Waffenruhe hatte nicht einmal eine Woche lang gehalten. Die schweren Bombardements bedeuten nach den Worten von UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura „eine Rückkehr zum offenen Konflikt“. Aus seiner Sicht sei es die schlimmste humanitäre Tragödie seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte de Mistura dem arabischen Sender „Al-Dschasira“.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad hatte vor Wiederaufnahme der Luftangriffe auf Aleppo am Donnerstag eine Bodenoffensive angekündigt, um die Stadt vollständig zurückzuerobern. Im Umland Aleppos rückten Regimetruppen nach Gefechten gegen die Aufständischen vor. Die angekündigte Militäroperation begann damit aber offensichtlich noch nicht.

„Wir haben nicht genug Ärzte“

Raketen seien am Samstag auf mindestens 13 Bezirke im heftig umkämpften Ostteil niedergegangen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Mindestens 32 Menschen seien dabei gestorben. Die Rettungshelfer der Weißhelme berichteten von mehr als 50 Toten und Hunderten Verletzten. Ein Aktivist sagte, Artilleriefeuer und international geächtete Fassbomben würden die Rettungsmaßnahmen für die unter den Trümmern verschütteten Menschen erschweren.

Die wenigen noch arbeitsfähigen Krankenhäuser Aleppos seien mit den vielen Verwundeten überfordert. Es fehle an medizinischer Ausrüstung und Personal. „Wir haben nicht genug Ärzte, um mit der hohen Zahl an Verletzten fertig zu werden“, sagte Ibrahim al-Hadsch, Sprecher der Weißhelme in Aleppo. Seit Juli konnten keine Arzneien in den belagerten Ostteil gebracht werden.

Komplizierter Krieg

Für Hunderttausende Menschen in der gesamten Stadt gibt es laut Unicef nach dem Angriff auf ein Pumpwerk und der Abschaltung einer weiteren Einrichtung zudem kein fließendes Wasser. Frustration nach dem vorläufigen Scheitern der diplomatischen Bemühungen in New York war auch UN-Vermittler de Mistura anzumerken: „Ich bin nun 46 Jahre bei den UN, 19 Kriege inklusive Afghanistan und den Balkan, was kompliziert genug war. Ich habe niemals so viele Parteien mit so vielen unterschiedlichen Zielen gesehen wie in diesem Konflikt“, sagte er Al-Dschasira.

„Was als friedlicher Aufstand begann und sich dann zu einer gewaltsamen Unterdrückung wendete und danach zu einer Militarisierung sowohl des Aufstandes als auch der Unterdrückung, wurde ein regionaler Stellvertreterkrieg und danach ein konkurrierender internationaler Einsatz. Das ist das größte Problem in diesem Konflikt“, sagte er.