Mal eben die Literatur retten

Mal eben die Literatur retten
(Lynn Berchem )

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Ein Autor, ein Buch. Das war einmal. Zu zehnt, zwanzig oder hundert an einer Geschichte schreiben? Das geht mittlerweile auch in Luxemburg - Jérôme Jaminet machts möglich.

Wenn man auf Google nach dem Satz „Wie werde ich Autor?“ sucht, spuckt die Maschine 84 Millionen Treffer aus. Das Thema scheint die Menschen zu beschäftigen. Trotzdem schaffen die wenigsten den Sprung in einen Verlag. Nun meldet sich Literaturkritiker Jérôme Jaminet mit einer interessanten Aktion zu Wort. Er hat eine Facebook-Seite erstellt, auf der jeder für einen Nachmittag zum Autor werden kann.

Das Prinzip ist einfach: Jemand startet eine Geschichte, indem er einen oder zwei kurze Paragrafen schreibt. Maximal 150 Wörter. Dann wird die Geschichte von anderen Teilnehmern in den Kommentarspalten weitergesponnen. „Ich habe bei meinen Schülern bemerkt, dass junge Menschen unglaublich kreativ sein können. Nur haben sie meist nicht die Zeit und die Motivation, ganze Romane zu verfassen“, erklärt Jaminet, der neben seiner Tätigkeit als Radio-Literaturkritiker auch Deutschlehrer im Lycée Michel Lucius ist.

Sprungbrett ins Autorendasein

Interessanterweise wurden die ersten Beiträge nicht auf Deutsch oder Französisch geschrieben, sondern auf Luxemburgisch. Der Initiator der ersten Geschichte war übrigens der luxemburgische Autor Gast Groeber. „Es geht nicht darum, dass nur eingesessene Autoren schreiben“, erklärt Jaminet. Vielmehr hofft er, junge Schreiber zu motivieren, ohne großen Zeitaufwand auch selbst mal in die Tasten zu hauen. „Wenn Synergien zwischen Amateurschreibern und Profis entstehen, umso besser“, freut sich der Deutschlehrer.

Der „Booklooker“, Jaminets Markenname, macht keinen Hehl daraus, dass die Seite mehr als nur ein kleiner Zeitvertreib ist. Als Juror bei zahlreichen Buchpreisen hat er einen Blick für gute Texte. Auf der Seite könnte man die eine oder andere „spitze Feder“ entdecken und sie auf ihr Talent aufmerksam machen. Auf lange Sicht könnte Jaminet sich vorstellen, die entstandenen Kurzgeschichten einem Verlag vorzulegen.

Die beiden ersten Geschichten wurden am Montag und am Dienstag gestartet. Die eine von Gast Groeber wird schon fleißig kommentiert, unter anderem vom Fantasy-Autor Luc Francois. In der ersten Story sitzt eine Gesellschaft am Tisch und streitet in allen möglichen Sprachen. Die zweite wurde von Buchbloggerin und Bichergeck-Gründerin Jessica Mersch gestartet. Thema ist ein mysteriöser Dachboden. Wer Lust hat mitzuschreiben, kann jederzeit loslegen.