„Europa riskiert, sein Gesicht zu verlieren“

„Europa riskiert, sein Gesicht zu verlieren“
(Tageblatt/Jean-Claude Ernst)

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Nach dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg am Samstag hat Außenminister Jean Asselborn deutliche Worte an seine Amtskollegen im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingskrise gerichtet.

„Es kann keine nationale, sondern nur eine europäische Lösung geben“, sagte Außenminister Jean Asselborn bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Samstag nach dem informellen Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg.

„Europa steht für Werte, internationales Recht und Menschlichkeit“, erinnerte Jean Asselborn und warnte im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingskrise eindringlich vor einem Verlust dieser gemeinsamen Basis: „Europa riskiert sein Gesicht und Wesen zu verlieren und macht sich schuldig, wenn es diese Werte in Frage stellt.“ Er warnte vor verheerenden Konsequenzen in diesem Zusammenhang: „Das Bild Europas in der Welt steht auf dem Spiel.“

Quotenregelung „machbar und Pflicht“

Am Samstag sprach sich Außenminister Asselborn erneut für eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise und rief seine Amtskollegen in der EU zu Solidarität auf. Angesichts der „erheblichen Unterschiede“ in der Asylverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten schlug Jean Asselborn eine europäische Gerichtsbarkeit vor. Diese würde auf der Basis von einheitlichen Regeln im Bezug auf Dauer und Entscheidung beim Asylverfahren funktionieren. Diese Aufgabe könnte, laut Asselborn, das Europäische Büro für Asylfragen (EASO) übernehmen.

Die Quotenregelung zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU ist laut Außenminister Asselborn „machbar und es ist unsere Pflicht.“ Konkrete Ergebnisse erwartet er im Oktober. Auf Initiative der Luxemburger EU-Ratspräsidentschaft treffen sich bereits am 14. September die EU-Innen- und Justizminister zu einer Sondersitzung (Link) in Brüssel. Dort sollen „politische Maßnahmen“ beraten werden.

„Bereitschaft zur Gesamtverantwortung“

Nach Angaben des deutschen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier gibt es in der Quoten-Frage Bewegung. „Die Quote wird von einigen Ländern immer noch abgelehnt, aber (…) es scheint doch eine Bereitschaft zu geben, sich stärker an einer Gesamtverantwortung – an einer europäischen Gesamtverantwortung – zu beteiligen“, sagte der deutsche Politiker am Samstag nach den Gesprächen mit EU-Amtskollegen in Luxemburg. Die Diskussionen und Tragödien der vergangenen Tage seien nicht folgenlos geblieben.

Über Zahlen sprachen die Außenminister nach Angaben von Steinmeier nicht. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will am Mittwoch die Verteilung von 120 000 weiteren Flüchtlingen auf andere EU-Staaten vorschlagen. „Kein europäisches Land kann behaupten, es habe keine Kultur oder Tradition bei der Aufnahme von Flüchtlingen“, sagte Außenminister Jean Asselborn abschließend.

Ähnlich äußerte sich auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini: „In diesen dramatischen Tagen und Wochen müssen wir Europäer uns an die Geschichte unseres Kontinents erinnern. Wir wissen, was das heißt: Krieg, Konflikte und Zustände, die einen dazu zwingen, zu fliehen.“

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