Die Wahl und das Geld

Die Wahl und das Geld
(AFP/Philippe Huguen)

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Im Vergleich zu US-Wahlen ist die französische Präsidentenwahl finanziell geradezu armselig ausgestattet. Die letzte – im Jahr 2012 – hat gerade 100 Millionen Euro gekostet.

Frankreich hat in der Finanzierung der politischen Parteien und der Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen so einiges erlebt. So bezahlten Baufirmen einen Prozentsatz der Aufträge dafür, die Arbeit zu bekommen. Oder Werbefirmen stellten überhöhte Rechnungen für Veranstaltungen aus, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Der frühere Wirtschaftsminister Gérard Longuet gab seinen Job auf, weil die Justiz meinte, er hätte seine Partei zu Unrecht finanziert. Nach jahrelangen Ermittlungen wurden die Akten geschlossen, Longuet formell von allen Vorwürfen entlastet. Aber: Seinen Minister-Job war er los.

Frankreich hat nie klare Regeln im Umgang mit Geld. Erst Skandale um die Parteienfinanzierung führten zu Gesetzen, die den Mittelzufluss regelten. 1988 trat ein Gesetz in Kraft, das erstmals Parteien in der Nationalversammlung finanzierte und eine Pauschale zur Kostenerstattung der Kandidaten in Wahlkämpfen festlegte.

Zwei Jahre später wurde eine Kontrollkommission der Wahlkampfkosten ins Leben gerufen. Auch Spendenhöhen wurden festgelegt. Unternehmen dürfen 76.224 Euro pro Jahr spenden, Privatleute 7.500 Euro. Seit 1995 dürfen Firmen weder Parteien noch Kandidaten finanzieren. Frankreich setzt damit mehr auf die Finanzierung durch die öffentliche Hand als auf die Finanzierung aus privaten Mitteln.

Finanzierung über Mini-Parteien

Das Misstrauen gegen die Finanzierung aus privaten Mitteln zahlt sich aber nicht aus. Denn: In Frankreich gibt es mittlerweile 401 politische Parteien. Es sind Mini-Parteien. Sie müssen mindestens 50 Kandidaten bei den Wahlen zur Legislative aufstellen und mindestens ein Prozent der Stimmen erhalten. Politische Aktivitäten sind bei den meisten dieser „Parteien“ unbekannt. Aber mit der Erfüllung der Anforderungen erhalten sie Millionen aus der Staatskasse.

Großer Nutznießer dieser Regeln ist die rechtsradikale Bewegung Front national, die ihre Wahlkämpfe über eine Mini-Partei finanziert. Der auch in Luxemburg nicht unbekannte Untersuchungsrichter van Ruymbeke ermittelt derzeit gegen die Partei von Marine Le Pen. Die Finanzierung über die Mini-Partei soll nicht ganz korrekt erfolgt sein.

Selbst unter den strengen gesetzlichen Bedingungen laufen die Kosten für Wahlkämpfe aus dem Ruder. Nicolas Sarkozy erhielt die Wahlkampfkosten nicht erstattet, weil die Kontrollkommission und später auch Verfassungsrichter eine Überschreitung des gesetzlichen Kostenrahmens festgestellt hatten.

Die Mitglieder seiner Partei spendeten in einer groß angelegten Aktion, um die Millionen anzuhäufen, die zu bezahlen waren. Das wiederum rief die Justiz erneut auf den Plan, weil nicht die Mitglieder, sondern Nicolas Sarkozy persönlich als Kandidat verantwortlich sei. Die Kandidaten in der Präsidentenwahl umgeben sich nach der Erfahrung mit der Wahl 2012 daher auch mit einem Finanzstab, der jede Ausgabe und Einnahme kontrolliert.

Wenige Mega-Veranstaltungen

Während Parteien und Kandidaten sich auf die staatliche Finanzierung verlassen können, wenn sie im Parlament vertreten sind, steht einer mit leeren Händen da. Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En marche!“ erhält keine staatliche Finanzierung, weil „En marche!“ erst seit einem Jahr existiert.

Um seine Kampagne zu finanzieren, hat er sehr stark auf Spenden gesetzt. Letztlich hat er mit Banken einen Kredit in Höhe von acht Millionen Euro vereinbart. Der Kredit stellt für die Banken kein Risiko dar, weil Macron bei 24 Prozent in der Wählergunst liegt. Wer mehr als fünf Prozent der Stimmen erhält, bekommt die Kosten, sofern sie im Rahmen liegen, erstattet. Marine Le Pen, die „Unabhängige“ bekommt in Frankreich von keiner Bank Kredit. Sie erhielt ihre Wahlkampfkosten durch einen Kredit von ihrem Vater und einer russischen Bank finanziert.

Das größte Loch in die Wahlkampfkasse reißen die großen Säle, wie Bercy oder die Zenith-Rockhallen. Die großen Kandidaten wie Fillon oder Macron gehen lediglich in zwei oder drei Mega-Veranstaltungen, die bis zu 500.000 Euro kosten. Allein die Miete eines Kamera-Kranes kann bis zu 10.000 Euro kosten.

Benoît Hamon hat einen eigenen „Cost Killer“, der in Verhandlungen die Preise senkt. Macron vermeidet die Zenith-Säle und tingelt in der Provinz in kommunalen Hallen, die nur ein Sechstel der großen Räume kosten. Als Sensation empfunden wird die Verfahrensweise des Linksaußen Jean-Luc Mélenchon, der sein Meeting in Lyon abhält und in Paris als Hologramm auf die Bühne kommt. Der erste Versuch, um so 15.000 Menschen zu erreichen, soll gute 250.000 Euro gekostet haben.

Mehr Budget fürs Internet

Die Neuheit im Wahlkampf 2017 ist das Internet. Melenchon hat sich einen Kanal bei Youtube zugelegt und hat dort 242.000 Abonnenten. Das digitale Budget des scheidenden Staatspräsidenten François Hollande betrug drei Prozent vor fünf Jahren. In der Macron-Bewegung beträgt es im laufenden Wahlkampf 15 Prozent.

In Frankreich angekommen ist eine Technik, die der ehemalige US-Präsident Barack Obama für sich entdeckt hatte. Eine Software des Wahl-Marketings analysiert Straße für Straße das Wahlverhalten und hilft, die Aktionen der Wahlhelfer zielgnauer einzusetzen. Die 350.000 Euro, die Hamon für seine Software einsetzt, „bedeuten auch Ersparnis, weil wir unsere Mittel genauer einsetzen und weniger vergeuden“, sagt er. Der Internet-Wahlkampf bedeutet gleichzeitig, dass weniger Plakate und Handzettel gedruckt und verteilt werden. Print-Produkte machen im Allgemeinen noch 10 bis 15 Prozent des Gesamtbudgets aus.

Welche Summen investieren die Kandidaten?

Über das größte Budget verfügt der konservative Kandidat François Fillon mit 16 Millionen Euro, von denen er bisher die Hälfte ausgegeben hat. Anders als Sarkozy vor fünf Jahren durchquert Fillon Frankreich im Linien-Jet. Sarkozy hatte sich einen Privat-Jet geleistet. Mit 15 Millionen Euro liegt Benoît Hamon auf dem zweiten Platz der Rangliste der Wahlbudgets. Beide, Fillon und Hamon, sollen zusätzlich von ihrer Partei profitieren, die sie mit Untersuchungen versorgt.

Die Reisen sind ein wesentlicher Kostenfaktor. Denn es reist nicht der Kandidat alleine. Er ist stets umgeben von einem Schwarm von Mitarbeitern. Das kostet. Emmanuel Macron und seine Frau fahren zweite Klasse im TGV. Jean-Luc Mélenchon reist erster Klasse, seine Mitarbeiter sind in zweiter Klasse unterwegs. Mélenchon nutzt ein Doppelzimmer im Hotel alleine, seine Mitarbeiter dürfen sich Zimmer zu zweit und zu dritt teilen.

Emmanuel Macron weist ein Budget von 13 Millionen Euro aus, von denen acht bereits verbraucht sind. Marine Le Pen gibt ein Budget von neun Millionen Euro ohne weitere Angaben an. Jean-Luc Mélenchon, seit Monaten bereits im Wahlkampf, verfügt über das geringste Budget mit acht Millionen Euro, von denen fünf Millionen benutzt wurden. Melenchon scheut sich nicht, auf offener Bühne die Zuhörer im Saal während seiner Rede um Spenden zu bitten.

Die französischen Wahlkämpfer sind ob der rigiden Vorschriften alle knapp bei Kasse. Sie dürfen eher mit Neid in die USA schauen, wo der Präsidentschaftswahlkampf um die drei Milliarden Dollar gekostet hat.