Die EZB – ein Geierfonds?

Die EZB – ein Geierfonds?
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die EZB ist kein Geierfonds wie alle anderen. Das sagtder belgische Ökonomist Olivier Bonfond. Die EZB habe griechische Schuldverschreibungen billig gekauft und fordert jetzt den vollen Preis zurück.

Die Vorwürfe, die Oliver Bonfond, Ökonomist am belgischen „Centre d’Education populaire“, erhebt, wiegen schwer. Zusammen mit Renaud Vivien, Kogeneralsekretär des Komitees für die Annullierung der Schulden der Dritten Welt, wirft er der Europäischen Zentralbank in einem Beitrag für Le Soir am Donnerstag, illegales Verhalten während der Griechenland-Krise vor. Beide Autoren sind Mitglied der Wahrheitskommission über die griechische Staatsschuld, die vom Parlament in Athen eingesetzt worden war.

Die von den Autoren angeführten Fakten gehen auf die Jahre 2010 – 2012 zurück. Im Rahmen des Programms „Securities Market Program“ erwarb die EZB auf dem sogenannten sekundären Markt griechische Staatsanleihen zu einem billigeren Preis als der Nominalwert. Auf diesem Gebrauchtmarkt werden die Schuldverschreibungen gemäß dem Gesetz von Angebot und Nachfrage gehandelt. Wie die Geierfonds habe die EZB mehreren Privatbanken griechische Schuldtitel in Höhe von 40 Milliarden Euro abgekauft. Jetzt fordere sie von Griechenland jedoch die Rückzahlung zum Nominalwert von 55 Milliarden Euro plus Zinsen.

EZB lehnte Umschuldungsprogramm ab

Eine weitere Eigenschaft der Strategie der Geierfonds sei ihre Ablehnung jeglicher Umschuldungsprogramme. Das sei ebenfalls der Fall bei der EZB gewesen, so Bonfond und Vivien. Ziel sei es gewesen, den Privatbanken ausreichend Zeit zu geben, sich unsicherer, griechischer Papiere zu entledigen und sie dank des SMP-Programms auf dem sekundären Markt verkaufen zu können. Profitiert haben vor allem deutsche und französische Banken. Die wichtigsten Gläubigerbanken Griechenlands waren im Jahr 2010 sieben Banken, vier deutsche und drei französische Geldhäuser. Unter anderem dorthin floß der Großteil der Gelder, die von der Troika (EZB, IWF und EU-Kommission) gewährt wurde. Dem Schuldenaudit des griechischen Parlaments zufolge flossen mehr als 80 Prozent der 240 Milliarden Euro-Darlehen der Troika in den Jahren 2010 bis 2012 direkt an rund zwanzig Privatbanken. Ein Großteil des Geldes sei niemals in Griechenland angekommen, sondern sei bloß über ein Spezialkonto der EZB transitiert.

Die Verträge, die seit 2010 mit Athen geschlossen wurden, sehen laut Bonfond und Vivien, eine regelrechte Entmündigung Griechenlands vor. So wurde festgehalten, dass das englische Recht, das einen ausgeprägten Gläubigerschutz vorsieht, im Streitfall maßgebend ist. Griechenland wurde quasi jegliches rechtliches Mittel genommen, um gegen Gläubigerforderungen vorzugehen.

Die Schlussfolgerungen der beiden Autoren: Alle Aktionen und Druckmaßnahmen der EZB seien regelwidrig und machen die Abmachungen mit Griechenland zunichte.

In seinem 2012 veröffentlichten Buch „Et si on arrêtait de payer ?“, hatte Bonfond nachgewiesen, dass die Staatsverschuldung der Länder, Vorwand für die Austeritätspolitik, auf schrumpfende Einnahmen und gestiegene Zinsen zurückzuführen ist und nicht auf steigende Ausgaben. Eine Ursache dafür seien die Steuergeschenke an die Vermögenden und die Vergesellschaftung der Schulden der Banken.