„Das Menschenbild muss sich ändern“

„Das Menschenbild muss sich ändern“
(Alain Rischard )

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Bedingungsloses Grundeinkommen: Die “Initiativ bedingungslost Grondakommes Lëtzebuerg“ (IBGL) engagiert sich hier für die Idee. Ein Gespräch mit Präsident Patrick Kolbusch.

Die Initiative hat derzeit 30 Mitglieder. Ist das ein Thema eher etwas für „Outsider“?

Die IBGL
Die „Initiativ bedingungslost Grondakommes Lëtzebuerg“ ?Link (IBGL) besteht seit 2009 als loser Verbund. Vor einem Jahr hat sie sich neu organisiert. Aktuell zählt sie 30 Mitglieder. Präsident ist das Direktionsmitglied der Biogros, Patrick Kolbusch. Biogros ist eine 100-prozentigen Tochter von Oikopolis, die mit Bio-Lebensmitteln handelt. Bei der Re-Organisation wurde auch die neue Internetseite der IBGL gestaltet, die laufend überarbeitet wird.

Ich sehe das nicht als Thema für Outsider. Bei der Beschäftigung mit dem Thema geht es in allererster Linie darum, ein anderes Menschenbild zu entwerfen.

Wie sähe das denn aus?

Für mich gibt es den Begriff „Arbeitslose“ nicht. Arbeit gibt es genug. Das sind lediglich Menschen, die in das bestehende System nicht integriert werden können. „Arbeitsmarkt“ gibt es für uns auch nicht. Früher hat man die Sklaven auf einem „Markt“ verkauft. Die Begrifflichkeiten stimmen nicht.

Das sind die Dinge, die nicht gehen. Wie soll das neue Gesellschaftsbild aussehen?

Lohn muss von Arbeit entkoppelt werden. Mit dem Grundeinkommen gibt es Geld, um einer Arbeit nachzugehen. Sie ist frei wählbar, weil die Grundbedürfnisse gesichert sind. „Wer nicht arbeitet, hat auch nichts zu essen“: Aus diesen Zwängen müssen wir uns befreien.

Warum?

Weil der Mensch in den Mittelpunkt gerückt werden muss und nicht die Wirtschaft. Wir leben heute in einem Wirtschaftssystem, dass es seit der Industrialisierung ermöglicht, zunehmend mehr Arbeit durch Maschinen erledigen zu lassen. Das ist ja auch richtig. Dann stellt sich aber die Frage, wohin mit den Menschen, wenn es immer weniger Arbeit für alle gibt? Hinzu kommt, Maschinenarbeit wird nicht besteuert.

Vollbeschäftigung hat also ausgedient?

Das werden wir nie mehr bekommen. Genauso wie die Gewinnmaximierung um jeden Preis. Oder das Wachstum. Das wird vielleicht noch beim BWL-Studium vermittelt. Dass es nicht geht, sehen wir ja. Außerdem steht heute auch fest: Motivation ist nicht über Geld zu erreichen sondern über nur über Beteiligung, über das Gefühl, Teil des Ganzen zu sein.

Der Shareholder-Value ist auch überlebt?

Es gibt Aktiengesellschaften und Aktiengesellschaften. Genossenschaftliche Modelle beispielsweise funktionieren anders. Da werden nicht im großen Stil Dividenden ausbezahlt, sondern die Mitarbeiter beteiligt. Bei den üblichen AGs arbeiten Leute für Aktionäre, die mit der Firma nichts zu tun haben und im Übrigen ihr Geld auch jederzeit herausnehmen können. Da werden dann Arbeitsplätze von Leuten riskiert, die kurz zuvor noch für die Dividendenbezieher gearbeitet haben.

Hört sich toll an. Warum ist es so schwer, Politiker von der Idee zu überzeugen?

Weil die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens an Grundfesten rüttelt. Diese Grundsätze wurden über Jahrzehnte aufgebaut. Das fängt bei der Religion an und hört beim heutigen Wirtschaftssystem auf.
Luxemburg ist ein spezieller Fall. An wen soll das Grundeinkommen denn bezahlt werden?
Ich habe immer gesagt, zuerst sind die Menschen, die hier gemeldet sind, dran. Das war die Basis. Für die Grenzgänger muss man eine Formel finden, denn diese Menschen zahlen ja hier auch Steuern. Wie die aussehen könnte, weiß ich noch nicht.

Das Mindesteinkommen (RMG) beträgt derzeit 1.348 Euro. Reicht das angesichts der Wohnkosten im Land?

Ein Grundeinkommen muss immer in der Höhe sein, dass man ein Dach über dem Kopf hat und etwas zu essen. So lange die Existenz gesichert ist, kann das Grundeinkommen auch nicht missbraucht werden. Weder von einem Staat noch vom Einzelnen. Wie kann es denn sein, dass Mieten hier im Land höher sind als das Mindesteinkommen?

Die Piratenpartei fordert auch das bedingungslose Grundeinkommen. Arbeitet die „Initiative“ mit ihnen zusammen?

Wir sind parteipolitisch neutral und wollen das auch bleiben. Wir sind aber offen für alle Parteien, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Nur über Parteiarbeit kann Öffentlichkeit erreicht werden oder dass sich eine Regierung für die Idee interessiert.