Alle Religionen gleich behandeln

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LUXEMBURG – Die mit der Analyse der Beziehungen zwischen Religionen und Staat beauftragten Experten sprechen sich dafür aus, den nicht-katholischen Glaubensgemeinschaften mehr Rechte zuzugestehen.

Wie soll der Staat in Zukunft seine Beziehungen zu den Religionsgemeinschaften regeln? Gedankenanstöße kann nun der Bericht liefern, den drei Experten im Auftrag der Regierung erstellt haben. Das Dokument, das die Beziehungen Kirchen-Staat untersucht, wurde am Mittwoch im Verfassungsausschuss des Parlaments vorgelegt. Die Experten liefern keine fertige Lösung. Ihr Bericht sei eine gute Basis für weitere Diskussionen, betonte Alex Bodry (LSAP) und Ausschussmitglied nach der Sitzung. Interessant seien unter anderem die Vergleiche mit den Nachbarländern Luxemburgs.

Wie sollen die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Zukunft aussehen? (Tageblatt-Archiv)

Der Bericht der Expertengruppen

Der Staat gibt etwa 57 Millionen Euro im Jahr für die Religionen und die Glaubensgemeinschaften aus, errechneten die Fachleute. Sechs Millionen davon fließen in Form von Einkommenssteuern wieder zurück in die Staatskasse. Eine Aufgabe dieses staatlichen Finanzierungsmodus ist im Bericht nicht zu erkennen, sagt Bodry. Er hätte sich eine „radikalere Lösung“ gewünscht.

Luxemburg = katholisches Land

Die katholische Kirche ist in Luxemburg noch immer vorherrschend. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung sind Katholiken. Die Moslems sind mit etwa 13.000 Mitgliedern die zweitstärkste Religionsgemeinschaft in Luxemburg. Es gibt aber auch viele Juden, Protestanten und orthodoxe Christen im Großherzogtum. Im Bericht wird denn auch die Frage der Gleichberechtigung der Religionen aufgeworfen.

Der Bericht der Experten-Gruppe beschäftigt sich auch mit den Kirchenfabriken. Sie sind für den Unterhalt der Pfarrkirche, die Verwaltung der Besitztümer der Pfarrei und die Finanzen der Pfarrei zuständig und werden von einem Kirchenrat geleitet. Tatsächlich jedoch übernehmen die Gemeinden die Kosten der Kirchengebäude, u.a. für den Unterhalt und die Instandsetzung. Diese Regelung müsse den Experten zufolge überarbeitet und auf andere Religionen ausgeweitet werden. Sie stellen auch die Frage, ob die gesetzliche Basis für die Kirchenfabriken überhaupt noch notwendig seien, da die Gemeinden ohnnehin die Kosten übernehmen.

Religionsunterricht „öffnen“

Beim Religionsunterricht plädiert der Bericht ebenfalls für einen gleichberechtigten Zugang der Religionen in den Schulen. Doch welches Modell anwenden? In England beispielsweise besteht ein konfessionsübergreifender Religionsunterricht. Die luxemburgische katholische Kirche denkt in dieselbe Richtung, heißt es.

Für Bodry liefert der Bericht wichtige Denkanstöße und könne als Basis für weitere Diskussionen dienen.

Kommentare und Vorschläge

Der Bericht werde allen betroffenen Akteuren zugestellt, kündigte Kultusminister François Biltgen am Mittwoch an. Sie haben bis zum 25. November Zeit, ihre Kommentare und Vorschläge beim Ministerium einzureichen. Im Dezember ist dann eine Serie von Seminaren über das Thema geplant. Biltgen schlug auch vor, eine Konsultationsdebatte im Parlament über die zukünftige Beziehung zwischen Religion und Staat zu organisieren.

Eine am 7. Juni 2011 im Parlament verabschiedete Motion sah die Schaffung einer Expertengruppe vor, welche die Beziehungen zwischen Religionen, Glaubensgemeinschaften und Staat analysieren sollten, Die Gruppe wurde im März 2012 zusammengestellt. Ihr gehörten Francis Messner, vom wissenschaftlichen Forschungszentrum der Universität Strasbourg, Jean-François Husson, Präsident des „Centre de recherche en action publique, intégration et gouvernance“ von Jambes (B), Caroline Sägesser, von der Université libre de Bruxelles (ULB) und Eric Ghysselinckx, Chef der Abteilung „Glaubensgemeinschaften und Laizität“ des belgischen Justizministeriums an. Sie trafen sich mit allen politischen Parteien, Vertretern aller Religions- und Glaubensgemeinschaften, den Repräsentanten der laizistischen, agnostischen und atheistischen Bewegung, sowie mit diversen Nichtregierungsorganisationen.