Trumps einsame Wahlkampfhelfer von Apollo Beach

Trumps einsame Wahlkampfhelfer von Apollo Beach
(Maren Hennemuth)

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Donald Trump muss Florida unbedingt gewinnen, sonst hat der Republikaner kaum eine Chance. Aber er hängt beim Wahlkampf hinterher. Seine Helfer haben wenig Zeit und ihr Geld ist knapp.

Das Schild, es dürfte nicht dort stehen. In dem Haus am Ende der kleinen Sackgasse sollte eigentlich ein Republikaner wohnen, so sagt es der rote Punkt auf der Karte. Deshalb sind sie hergefahren mit ihrem Golf Buggy, an dem eine weiße Trump-Fahne hängt. Ken Masson, Jody Whitmyer und Bob Emerson. Ein Rentner, ein Geschäftsinhaber und ein privater Investor, die in Apollo Beach an der Westküste Floridas Wahlkampf machen für Donald Trump. Aber mitten auf dem Rasen steht ein Schild der Demokraten.
„Das ist das erste von Clinton, das ich hier sehe“, sagt Ken Masson, der Rentner. In der Stimme des 74-Jährigen schwingt Unglauben mit. Bob Emerson schnappt sich trotzdem einen Flyer und hängt ihn an die Tür. Dann fahren sie weiter. Die Zeit ist knapp, bis zur Wahl am 8. November sind es nur noch wenige Tage. In Florida steht viel auf dem Spiel.

Der Bundesstaat an der Südostküste ist der größte und wichtigste unter den sogenannten Swing States. Das sind jene Staaten, die besonders umkämpft sind, weil die Wähler nicht von vornherein auf eine Partei festgelegt sind. 29 Wahlmännerstimmen werden hier vergeben. Wenn Trump Florida verliert, hat er kaum eine Chance. In Umfragen führt Hillary Clinton nach einer Übersicht von RealClearPolitics im Durchschnitt mit vier Prozentpunkten.

„Wer Hillsborough County holt, holt Florida und den Rest des Landes“

Seit 1960 hat niemand den Staat gewonnen, der nicht auch einen bestimmten Bezirk für sich entschieden hat. „Es heißt, wer Hillsborough County holt, holt Florida und den Rest des Landes“, sagt die Politikwissenschaftlerin Susan MacManus von der University of Southern Florida.
Der Bezirk, der die Großstadt Tampa mit einschließt, ist so etwas wie ein Miniaturmodell der Vereinigten Staaten: sehr vielfältig, sehr verschieden, sowohl von den Ethnien als auch von den Altersgruppen. Mit Stadtzentren, die in der Hand der Demokraten sind, und Vorstädten, in denen die Republikaner die Mehrheit stellen.
So wie Apollo Beach. Um die 14 000 Menschen leben hier, darunter viele Rentner. Die Straßen sind gesäumt von flachen Bungalows mit hellem Kies in den Vorgärten. An der Meerseite liegen prächtige Villen hinter hohen Gitterzäunen. Die Kleinstadt ist etwa 25 Kilometer von Tampa entfernt. Mitt Romney holte hier 2012 den Sieg.

Trump’s Team hat sich kein eigenes Netzwerk aufgebaut

Aber keine Stimme ist gewiss, nicht mal die der registrierten Republikaner. Weil in diesem Wahljahr ohnehin nichts mehr Gültigkeit besitzt, was sonst gilt, und Trump das Land polarisiert, braucht es doppelte Anstrengung. Deshalb sind die drei Wahlhelfer hier, deshalb fahren sie seit 10 Uhr alle roten Punkte auf der Karte ab. Trump hinkt beim „Ground Game“ hinterher, also dem Wahlkampf am Boden. Sein Team hat sich kein eigenes Netzwerk aufgebaut, sie stützen sich auf das der Partei. Die Demokraten haben in ganz Florida fast 680 bezahlte Mitarbeiter, die Republikaner 150. Am Montag spricht Trump vor tausenden Menschen in Tampa, aber der Wahlkampf in Apollo Beach ist ein einsamer.
Die Mittagssonne knallt auf den Teer, der Himmel ist wolkenlos. Vom Meer weht eine leichte Brise her, die Luft riecht nach Salzwasser. Seit drei Wochen machen die Helfer Wahlkampf, immer morgens, weil es nachmittags zu heiß ist. Geld bekommen sie nicht, sie sind unterwegs für die Sache, wobei die Sache für jeden der Drei etwas anderes ist.

Ken Masson ist nur wegen Einem hier. Sein rechtes Handgelenk ziert ein grünes Armband mit der Aufschrift „Trump 2016“. Sein T-Shirt wirbt dafür, Amerika wieder groß und sicher zu machen. Der 74-Jährige redet nicht mehr mit seinem ältesten Sohn, weil der für Clinton stimmen will. Er hat aufgehört, die Nachrichten zu schauen. Er hält nichts von Republikanern wie Paul Ryan, dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses. „Die Partei ist in Schwierigkeiten, wenn Trump verliert. Seine Anhänger werden diese Leute niemals unterstützen.“
Bob Emerson widerspricht. Er ist Schatzmeister der Republikaner von Hillsborough County. Der 62-Jährige trägt als einziger der Männer kein Trump-Shirt. An seinem weißen Polohemd klebt nur ein Aufkleber.

„Es gab bessere Bewerber als ihn“

Man hört ihm an, dass er es nicht leicht hat mit Trump. „Es gab bessere Bewerber als ihn“, sagt der Investor. Aber Trump sei einer, der Washington vielleicht mal richtig aufmischen könne. Er sorge sich nur, dass der Präsidentschaftskandidat im Fall einer Niederlage andere Republikaner mitreißen könnte. Im Senat und im Repräsentantenhaus müsse man unbedingt die Mehrheit halten, meint er.
Jody Whitmyer sitzt am Steuer und gibt Gas. Er schweigt die meiste Zeit. Aber wenn er über Trump spricht, überschlägt sich seine Stimme fast. „Ich habe die Nase voll von Politikern. Wir haben Leute, die mit Milliarden um sich werfen, und keine Ahnung von Geld haben“, sagt er. „Es ist an der Zeit, dass wir dieses Land wie ein Unternehmen führen.“ Er trägt eine Kappe mit dem Logo der NRA, der Waffenlobby. Auf seiner Visitenkarte steht, er sei Erfinder und Biker.
Bis auf 45 Stundenkilometer kann er den Golf Buggy beschleunigen. Die Trump-Fahne flattert im Wind. Autos ziehen vorbei. Manche Fahrer hupen und winken, andere schütteln mit dem Kopf.

Es ist ein Kampf um die Schilder

Die Bürgersteige in den Wohngebieten sind leer gefegt. Die wenigen Menschen, die doch unterwegs sind, bekommen alle einen Flyer und den immer gleichen Satz von Emerson zu hören. „Vergesst nicht am 8. November zu wählen. Die Wahlbeteiligung ist diesmal entscheidend.“ Um demokratische Haushalte machen die drei Männer einen Bogen. Die Zeit fehle, das Geld sowieso. 30 Cent koste ein Flyer, sagt Emerson. „Die Demokraten haben 18 bezahlte Wahlhelfer, die das Vollzeit machen. Wenn wir mehr Zeit hätten, könnten wir auch die Leute abklappern, die keiner Partei zugeordnet sind. Aber es reicht nicht mal für alle Republikaner.“ Er halte es für einen großen Fehler, dass Trump kein Geld in Radiowerbung investiert habe, sagt er.

Selbst Deborah Tamargo muss einräumen, dass die Demokraten ihnen um einige Schritte voraus sind. „Sie beherrschen die Briefkästen, sie beherrschen die Radiowellen“, sagt die Vorsitzende der Republikaner von Hillsborough County. Sie hat selbst erst wieder am Morgen einen Zettel des anderen Lagers aus der Post gefischt. Kaum eine Werbepause der Radiosender vergeht ohne einen Spot von Hillary Clinton.

In Tampa mobilisierten Demokraten wie Alan Clendenin schon vor zwei Jahren Geld und Freiwillige für die Ex-Außenministerin, als noch gar nicht feststand, ob sie sich um die Präsidentschaftskandidatur bewirbt. Von der anderen Seite sehe er kaum etwas, sagt Clendenin, ein Führungsmitglieder der Partei in Hillsborough County. „Sonst standen hier um diese Zeit immer nur Schilder der Republikaner“, meint er über seine Nachbarschaft im Zentrum der Stadt. „Jetzt sehe ich nur Clinton-Schilder.“
Es geht immer auch um die Deutungshoheit. Es ist ein Kampf um die Schilder.