Luxemburger Abschiebezentrum: Direktor zieht Bilanz

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Es ist ein Ort, über den vor allem seit Beginn der Flüchtlingskrise viel gesprochen wurde: das Abschiebezentrum am Findel. 2.070 Menschen haben die Einrichtung seit ihrer Eröffnung im Sommer 2011 durchlaufen. Immigranten warten in dem Zentrum darauf, dass sie ein Flugzeug zurück in ihr Herkunftsland bringt. Die Gründe, wieso die Menschen hier landen, sind sehr verschieden. Einige haben sich illegal in Luxemburg aufgehalten, also ohne Aufenthaltsgenehmigung. Ihr Antrag auf Aufenthalt wurde entweder abgelehnt – oder nie angefragt. Bei anderen handelt es sich um Kriminelle, die an ihre Herkunftsländer ausgeliefert werden.

Das Zentrum am Findel ist in den vergangenen Jahren immer wieder in die Kritik geraten. Zuletzt vor ein paar Monaten, als Außenminister Jean Asselborn ankündigte, dass die maximale Aufenthaltsdauer für Familien mit minderjährigen Kindern von drei auf sieben Tage erhöht wird. Viele Organisationen stellten sich diesem Plan entgegen, doch die Regierung ließ nicht locker. Im März 2017 trat das Gesetz schließlich in Kraft. Die Argumentation des Außenministers: 72 Stunden seien in der Praxis utopisch und einfach nicht umsetzbar.

Keine drastische Verschlechterung

Am Montag, genau acht Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, besuchte der Direktor des Zentrums Vincent Sybertz die zuständige parlamentarische Kommission, um Bilanz zu ziehen und auf die Fragen der Abgeordneten zu antworten. Dabei kam auch das Thema der Aufenthaltsdauer der Familien im Zentrum auf. „Die Familien bleiben im Durchschnitt 3,16 Tage“, erklärte Kommissionspräsident Marc Angel (LSAP) dem Tageblatt gegenüber. Damit sei es nicht zu der befürchteten drastischen Erhöhung der Aufenthaltsdauer gekommen.

Thema in der Kommissionssitzung waren auch die Wärter des Zentrums. Insgesamt 42 Beamte sorgen für die Sicherheit der Flüchtlinge und verhindern Fluchtversuche. Die meisten waren vorher im Freiwilligendienst der luxemburgischen Armee – sie haben Vorrang bei der Rekrutierung. Die neuen Sicherheitsleute müssen anschließend mehrere Weiterbildungen durchlaufen, darunter eine über Deeskalation. Trotzdem konnten seit der Eröffnung des Zentrums 17 illegale Immigranten fliehen. „Die meisten davon außerhalb der Mauern des Zentrums“, berichtete der Zentrumsdirektor. Sieben konnten wieder aufgegriffen werden.

Sechsmal abgeschoben

Sybertz nutzte auch die Gelegenheit, den Abgeordneten ein paar Zahlen und Statistiken vorzulegen. Die meisten Flüchtlinge, die im Abschiebezentrum landeten, kamen aus dem Kosovo. Insgesamt waren das 185 Menschen – jeder zehnte Flüchtling. Am zweitstärksten waren Menschen aus Serbien vertreten. Insgesamt wurden 175 Flüchtlinge vom Findel aus zurück in das Balkanland geführt. Am dritthäufigsten durchliefen Immigranten aus Algerien das Zentrum. Insgesamt waren es 162 Algerier, die über den Luxemburger Flughafen abgeschoben wurden.

Einige Flüchtlinge versuchen, trotz Abschiebung zurück nach Luxemburg zu kommen. 103 der Zentrumsinsassen waren demnach mehr als einmal am Findel einquartiert. „Manchmal unter verschiedenen Namen“, steht im Bericht. Einer der Flüchtlinge war sogar insgesamt neunmal im Zentrum. Er wurde sechsmal abgeschoben und kam jedes Mal zurück nach Luxemburg. Er verbrachte nicht weniger als 310 Tage im Abschiebezentrum. Den traurigen Rekord stellte aber ein anderer Flüchtling auf, der fünfmal ins Zentrum gebracht wurde: Er musste – alle Aufenthalte einbegriffen – insgesamt 366 Tage dort verbringen. Also mehr als ein Jahr. Das Durchschnittsalter der Flüchtlinge – abgesehen von den Familien, die in einer getrennten Einheit leben – betrug 31 Jahre.