Die fast ausgestorbene Spezies „Stoßstürmer“ kehrt in die Luxemburgische Liga zurück

Die fast ausgestorbene Spezies „Stoßstürmer“ kehrt in die Luxemburgische Liga zurück

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Es gibt hierzulande talentierte Verteidiger, Flügelspieler oder auch defensive Mittelfeldspieler. Eine Spezies hat jedoch in Luxemburg Seltenheitswert: durchsetzungsfähige Stoßstürmer. Daran hat sich in den vergangenen Wochen etwas geändert. Die beiden 21-jährigen Angreifer Edvin Muratovic (D03) und Florik Shala (RFCUL) haben bereits vier und acht Tore auf ihrem Konto stehen und könnten die Zukunft auf dieser wichtigen Position darstellen.

Nationaltrainer Luc Holtz hat – wenn es um einen richtigen Mittelstürmer geht – nicht immer die Qual der Wahl. Aurélien Joachim ist der einzige Auswahlspieler, der diese Rolle noch klassisch ausfüllt: kopfballstark, körperlich robust und wertvoll mit dem Rücken zum Tor. Neben dem 32-Jährigen von Excelsior Virton stehen mit Dave Turpel und Maurice Deville zwei weitere Angreifer im Kader der „Roten Löwen“. Beide verfügen jedoch über andere Qualitäten und suchen oft die Tiefe. Da kommt etwas Nachwuchs gerade recht.

Derzeit gibt es in der BGL Ligue gleich zwei 21-Jährige, die mit dem Torriecher ausgestattet sind und die Rolle des Mittelstürmers zudem klassisch interpretieren. Florik Shala vom Racing hat bereits acht Tore auf seinem Konto stehen, während Edvin Muratovic viermal ins Schwarze getroffen hat. Eine Seltenheit, wie man beim Blick auf die besten Torschützen unter 21 Jahren der vergangenen 15 Saisons feststellen kann (siehe Kasten). Nur David Turpel (Saison 2012/13), Stefano Bensi (2008/09) und Daniel da Mota (2004 bis 2007) gelang es in diesem Alter, zweistellig zu scoren.

Er hat die physischen Voraussetzungen, um ein Stoßstürmer zu werden, aber derzeit ist er das noch nicht

Arno Bonvini über Edvin Muratovic

Und auch im den Jugendnationalmannschaften sind klassische Stürmer zur Seltenheit geworden, wie FLF-U21- und U19-Nationaltrainer Manuel Cardoni weiß. Umso erfreulicher ist für den ehemaligen Mittelfeldspieler die Entwicklung des torgefährlichen Duos: „Vor einigen Jahren haben wir uns entschieden, Florik Shala nicht mehr in die Auswahlmannschaften zu berufen, weil er zu langsam war. Seitdem hat er sich körperlich sehr gut weiterentwickelt. Dass es jetzt bei ihm so gut läuft, hat er sich selbst zu verdanken, er hat an sich gearbeitet und das freut mich. Ich bedauere es, dass ich ihn zuletzt nicht in die U21 berufen habe. Ich denke, dass es nie zu spät ist und wir bei der FLF die Türen in alle Richtungen offen halten sollten.“

Dass Shala irgendwann als Mittelstürmer auflaufen würde, daran hätten vor einigen Jahren nur die wenigsten gedacht. Der Neffe des ehemaligen Aris-Spielers Haxhe Shala wurde als zentraler Mittelfeldspieler ausgebildet, war eher kleingewachsen und ist in seine neue Rolle erst in den vergangenen zwölf Monaten richtig reingewachsen. Auch weil er mit über 1,90 Metern mittlerweile über Gardemaß verfügt. „Mit zunehmender Zeit wurde er empfänglicher für Ratschläge. Florik hat verstanden, dass es nicht darum geht, ihn zu bevormunden, sondern ihm zu helfen. In den vergangenen Monaten hat er sehr viel an sich gearbeitet. Seine Torquote muss noch gesteigert werden, aber er setzt seinen Körper immer besser ein und verinnerlicht die Laufwege immer besser“, sagt RFCUL-Trainer Patrick Grettnich über seinen Torjäger.



Steckbrief  

Edvin Muratovic (in Rot) ist in Differdingen der Topscorer

Name: Edvin Muratovic
Geboren am: 15.2.1997
Position: Mittelstürmer
Bisherige Vereine: F91, Jeunesse, FC Metz (F), 1. FC Saarbrücken (D), Excelsior Virton (B), F91, Déifferdeng 03
Leistungsdaten 2018/19: 8 Spiele, 4 Tore


„Ein Arbeiter“

Edvin Muratovic ist im Gegensatz zu Florik Shala bereits seit Kindesbeinen Stürmer und war in allen Jugendnationalmannschaften eine feste Größe. Geradlinig verlief seine Karriere bisher jedoch nicht. Nach Stationen bei der Jeunesse und Düdelingen in Luxemburg führte sein Weg in die Jugend des 1. FC Saarbrücken und später zu Excelsior Virton.

Beim belgischen Drittligisten befand er sich auf einem guten Weg. Vor allem nach seinen zwei Toren im U21-EM-Qualifikationsspiel gegen Frankreich hatten einige gute belgische Profivereine Interesse am Luxemburger. Nachdem in Virton keine Gehälter mehr gezahlt wurden, zog es Muratovic jedoch vor, im vergangenen Winter nach Düdelingen zu wechseln, wo er insgesamt nur auf 86 Minuten Einsatzzeit in der BGL Ligue kam. Sein Wechsel auf Leihbasis nach Differdingen bedeutete eine Art Neustart für den Rechtsfuß.

Dass es jetzt bei ihm so gut läuft, hat er sich selbst zu verdanken, er hat an sich gearbeitet

Manuel Cardoni über Florik Shala

„Nach einem halben Jahr fast ohne Spielpraxis war es am Anfang schwer für ihn, Fuß zu fassen. Aber Edvin ist ein Arbeiter und bewegt sich sehr viel auf dem Platz. Ab und zu läuft er noch zu viel, weshalb ihm dann die Konzentration vor dem Tor fehlt“, sagt sein Trainer Arno Bonvini. Das lief zuletzt besser. In den vergangenen sechs Meisterschaftspartien lochte er viermal ein. „Trotzdem fehlt ihm noch der Killerinstinkt, aber er ist auch noch sehr jung. Seit Saisonbeginn hat er sehr viele Fortschritte gemacht.

Jetzt muss er nur noch lernen, besser mit seinem Körper umzugehen und den Ball auch mal zu halten. Er hat die physischen Voraussetzungen, um ein Stoßstürmer zu werden, aber derzeit ist er das noch nicht. Er macht den Unterschied vor allem dann, wenn er genügend Raum hat, um seine wuchtigen Antritte einzusetzen. Edvin muss jetzt Geduld zeigen und sich stetig entwickeln. Ab und zu will er zwei Schritte vor dem ersten machen“, erklärt Bonvini.


Steckbrief

Florik Shala erzielte am Sonntag zwei Tore für den Racing

Name: Florik Shala
Geboren am: 19.7.1997
Position: Mittelstürmer
Bisherige Vereine: Red Star Merl/Belair, RFCUL, FC Metz (F), RFCUL
Leistungsdaten 2018/19: 10 Spiele, 8 Tore


Auch U21-Nationaltrainer Manuel Cardoni schätzt die Willenskraft von Muratovic und weiß noch nicht, wie er den Mittelstürmer in der nächsten Qualifikationskampagne ersetzen will. „Er ist ein sehr wertvoller Spieler, der jedem Gegner wehtut. Seine Entwicklung kann eigentlich in alle Richtungen gehen.“

Bis zur Nationalmannschaft ist es aber für beide noch ein langer und steiniger Weg. Derzeit ist es für einen BGL-Ligue-Spieler nämlich schon fast eine Sache der Unmöglichkeit, in den Kader der FLF-Auswahl zu kommen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und in dieser Hinsicht ist der luxemburgische Mittelstürmer schlechthin das beste Beispiel: Aurélien Joachim wurde erst mit 26 Jahren Profi und ist mittlerweile der erfolgreichste luxemburgische Torschütze in A-Länderspielen.