Flüchtlingsfamilie: Widersprüchliche Informationen

Flüchtlingsfamilie: Widersprüchliche Informationen
Das Lyzeum in Esch/Alzette

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Die bisherigen Informationen zur Situation der Familie sind umstritten

Im Fall der albanischen Familie Laze gibt es neue Erkenntnisse. In der vergangenen Woche wandte sich das Schülerkomitee des „Lycée de Garçons Esch“ mit einer Mitteilung an die Presse. Beide Kinder der Familie besuchten das Lyzeum und sollen bald mit ihrer Mutter abgeschoben werden – obwohl der Vater erst kürzlich in Albanien unter „mysteriösen“ Umständen gestorben sei. Das Schülerkomitee befürchtete Gefahr für die Familie.

Hat die Mafia den Rechtsanwalt umgebracht? Nach neuesten Erkenntnissen ist das unwahrscheinlich. Der Tod des Vaters in der albanischen Hauptstadt Tirana, hinter der ein Racheakt vermutet wurde, hatte laut Polizei natürliche Ursachen. Darüber hinaus wurde aber bekannt, dass Ardian Laze im Jahr 2005 selbst wegen Mordes verurteilt worden war. Er habe auch anders als behauptet nie als Anwalt gearbeitet.

Darstellung der albanischen Medien

Ardian Laze habe laut albanischen Presseberichten im Jahr 2005 zusammen mit einem Geschäftspartner einen albanischen Drogendealer erschossen. Der Grund: Streit um Geld. Das Opfer habe Schulden nicht bezahlen wollen und zudem Lazes Mitarbeiter bedroht. Laze habe damals eine Spielhalle betrieben, in welcher der Mord auch stattfand. Dafür wurde Laze angeklagt und verurteilt, berichtet das albanische Nachrichtenmagazin Panorama Online.

Rund zwei Monate nach seinem Tod in der albanischen Hauptstadt geht die Polizei dort weiterhin nicht von einem Verbrechen aus. Es fanden sich keine Spuren von Gewalteinwirkung an Ardian Lazes Körper. Laut Aussage des Hotelpersonals habe niemand außer ihm selbst sein Hotelzimmer zum fraglichen Zeitpunkt betreten, so Panorama Online. Ein Gutachter berichtete darüber hinaus von Herzproblemen.

Ardian Laze sei auch kein Anwalt gewesen, teilte ein Mitarbeiter von Panorama Online dem Tageblatt auf Nachfrage mit. Damit widerspricht das Magazin der bisherigen Informationen zum Fall in den luxemburgischen Medien. Eine Kontaktperson in Albanien konnte diese Information ebenfalls bestätigen. Daher ist nun unklar, warum sich Ardian Laze zum Zeitpunkt seines Todes in Albanien aufhielt – und wie viel Zeit er überhaupt in Luxemburg bei seiner Familie verbracht hat.

Die Familie ist untergetaucht

Laut bisherigen Informationen flüchtete Laze mit seiner Familie vor fünf Jahren nach Luxemburg – nur sieben Jahre nach seinem Mordprozess. Warum war er nach so kurzer Zeit wieder frei? Dazu erklärte Panorama Online: „In Albanien bekommen manche Mörder sehr niedrige Haftstrafen und werden einige Jahre später wieder freigelassen. Darum nehmen die Familien der Opfer die Justiz oft selbst in die Hand. In Herr Lazes Fall war das aber nicht so. Sein Tod hatte natürliche Ursachen.“ Laut unserer Kontaktperson erwarten Mörder in Albanien üblicherweise Strafen von fünf bis zehn Jahren.

Lazes Witwe kann unterdessen nicht persönlich zu den neuen Erkenntnissen befragt werden – derzeit ist sie mit den Kindern laut Angaben des Außenministeriums untergetaucht. Zuvor hatte Außenminister Jean Asselborn gegenüber dem Luxemburger Wort geäußert, dass der Fall schwieriger und komplexer sei als dargestellt. Der Junge und das Mädchen besuchten bisher die 7. Klasse des Lyzeums, davor drei Jahre eine Grundschule in Esch/Alzette. Sie gelten als sehr gut integriert und beherrschen alle drei Landessprachen.

 

Unser Kommentar

Das Bild eines Anwalts, der in einem von Korruption gebeutelten Land den Hass der Mafia auf sich zog und aus diesem Grund flüchten musste, wird durch unsere neuen Erkenntnisse infrage gestellt. Doch was bedeutet das für Ardian Lazes Kinder?

Seit seinem achten Lebensjahr lebt das Zwillingspaar in Luxemburg, hat den Sprung aufs Lyzeum gemeistert, drei ihm fremde Sprachen gelernt. Fünf Jahre war das Großherzogtum seine neue Heimat, fünf Jahre zog sich das Asylverfahren in die Länge. Die bisher bekannte Geschichte hat zwar eine unerwartete, gänzlich unerfreuliche Wendung genommen – aber was können die beiden Siebtklässler dafür?

In Deutschland sorgte unlängst der Fall einer nepalesischen Schülerin für Aufsehen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist und trotzdem im Alter von 15 abgeschoben wurde. Sie durfte zurückkehren, obwohl zwischenzeitlich bekannt geworden ist, dass ihr Schicksal nicht das Werk eines unmenschlichen Staatsapparates war, sondern ihre Eltern die zuständigen Behörden jahrzehntelang betrogen haben. An der Tragik ihres Falls änderte das nichts – und es ist gut, dass sie die Gelegenheit bekommt, ihre Ausbildung abzuschließen.

Um das zu ermöglichen, bewiesen die zuständigen Behörden einiges an Flexibilität. Etwas ganz Ähnliches wäre auch den Kindern der Familie Laze zu wünschen. Sie sind bereits integriert, haben fünf prägende Jahre ihres jungen Lebens hier verbracht. Die Kinder haben ihre ganze Zukunft noch vor sich. Aus humanitären Gründen sollte ihnen erlaubt sein, diese hier zu verbringen – nicht nur trotz, sondern gerade wegen der Vergangenheit ihres verstorbenen Vaters. In Albanien stünden sie vor dem Nichts. In Anbetracht dessen sind die bisherigen Fehldarstellungen zwar nicht entschuldbar, aber doch zumindest verständlich.

Aline Pabst

Anmerkung: Dem Tageblatt wurden zwischenzeitlich Kopien von Dokumenten vorgelegt, aus denen hervor geht, dass Ardian Laze zwischen 1999 und 2003 an der Universität von Tirana Jura studiert hat. Der Pressesprecher der Polizei von Tirana hat uns auf Nachfrage erneut bestätigt, dass sein Tod natürlichen Ursprungs war.

Pazifist
14. August 2017 - 22.00

Super wéi Dir hei Är Mënschlechkeet an Ären Altruismus weist, well Iech geet et jo bestëmmt net schlecht...

Anne
11. August 2017 - 11.28

Wann Mamm näicht ze verstoppen huet ,firwaat as se dann ennergedaucht mat hieren Kanner. Also wees sie jo och dass eppes net stëmmt. Mais höchstwahrscheinlech hun mir eis un daat gut Liewen hei zu Letzeburg gewinnt, a sollen mer elo nëss zreck mussen goen ,gët daat schwéier. Jo fir Kanner ass et net flott,mais firwaat sollen se kënnen hei bleiwen? Fannen an esou engem Fall soll an durf keng Ausnahm gemacht gin ,a sollen se fonnt gin ,direkt zreck an hirt Land dann iwerléen se vläicht emol dass et vläicht besser as Wourecht ze soen.

philippe
11. August 2017 - 8.01

Super recherche! Als next géif ech iech bieden ze rechercheieren virwaat dei Famill säit 5 Joer an der Asilprozedur ass? Eventuell well se hieren 1. refus net accepteiere' wollt, genee sou wei se en 1. Geriichtsentscheed net accepteiere wollt, dunn eng 2. Demande deposeiert huet, de refus nees net accepteiert huet an nees viru' Geriicht gezun ass mat de selwechten Argumenter op Käschten vum Steierzueler ? Merci

Jeannosch
11. August 2017 - 6.48

Sippenhaft gibt es in unserem Lande nicht !!!

Fruppsi
11. August 2017 - 0.45

Gute Leistungen in der Schüle dürfen nicht ausschlaggebend sein für ein Bleiberecht. Dies wäre diskriminatorisch gegenüber kognitiv schwächeren Kindern.

Ferreu
10. August 2017 - 19.37

Wir nehmen ja auch gerne in Luxemburg aus Mitleid alles auf ohne zu kontrollieren was mit den Leuten vorher los war. Hab meine eigene Meinung über das Problem Flüchtlinge. Mal schauen wozu dies noch alles führt, ob die uns später auch vielleicht dankbar sind. In Luxemburg gibt es Leute die Luxemburger sind und auch einer geregelten Arbeit nachgehen, krankheitshalber nicht voll im Leben arbeiten konnten, aber immer gearbeitet haben, zu 25 Stunden die Woche, heute eine Rente beziehen und somit finanziell schlechter da stehen als Luxemburger, wie unsere Flüchtlinge. Das darf es doch im reichen Luxemburg nicht geben

svendorca
10. August 2017 - 19.24

Irreführung der Behörde..punkt,aus.

Nomi
10. August 2017 - 18.25

Wann hir Prozedur so'u laang gedau'ert huet dann ass och vill Sand am Gedriff vun der Administratio'un. So'u eng Prozedur 6 Meint an keen Daag mei' laang !!!!

ClaudeP
10. August 2017 - 18.17

Dass der Journalist der Woxx sich dafür einsetzt, dass die Familie bleiben darf, ist sein gutes Recht : man sollte durchaus die guten schulischen Leistungen würdigen, was wiederum für eine vernünftige Erziehung der Mutter spricht, und dementsprechend eine humanitäre Bleibe-Erlaubnis für die Familie erteilen. Aber er fand eben auch, dass es seiner politischen Anschauung dienlich und in Ordnung ist, einen Beamten bloßzustellen, ohne die Fakten zu überprüfen (was durchaus möglich ist, wie das TB hier löblicher Weise beweist). Da muss man sich nicht über "Fakenews"-Angriffe gegen die Presse wundern. Wer mit Methoden der B**d/Afd arbeitet, trägt zu deren Erfolg bei.

Laird Glenmore
10. August 2017 - 17.29

Die Kinder sollten mit ihrer Mutter hier bleiben sie können schließlich nicht dafür was der Vater damals gamacht. Es wäre mehr als Unmenschlich die Familie wieder nach Albanien zu schicken, denn wenn die Kriminellen dort so gestrickt sind wie die ehrenwerte Familie ( Mafia oder Camorra ) dann sind sie ihres Lebens nicht sicher.

Romain
10. August 2017 - 16.27

Dass och emol gutt dass Wourecht eraus kennt an offen gesot gëtt si sinn net alleguerten Engelen.

DanV
10. August 2017 - 16.18

@ TB Guter Kommentar. Ganz Ihrer Meinung.