LSAP wird stärkste Kraft in Diekirch bleiben

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DIEKIRCH – In Diekirch ist seit 2011 die LSAP alleine an der Macht. In der Eselsstadt wurde seitdem viel erreicht.

In Diekirch ist seit 2011 die LSAP alleine an der Macht. In der Eselsstadt wurde seitdem viel erreicht. Aber während die Sozialisten auf eine erfahrene Mannschaft setzen, haben die Oppositionsparteien ihre Erneuerung vorangetrieben.

Diekirch ist eine der ältesten Städte des Landes. Ihr Name wird zum ersten Mal im 8. Jahrhundert erwähnt. Die Stadt mit dem Esel als Wahrzeichen ist ebenfalls eines der administrativen Zentren Luxemburgs. Bekannt ist sie aber auch in juristischer Hinsicht: Dort befindet sich nämlich das Bezirksgericht für die nördlichen Kantone Luxemburgs. Außerdem ist seit 1955 die einzige Kaserne des Landes in Diekirch, auf dem „Härebierg“, zu finden.

Vergessen darf man aber auch nicht die vielen Lehranstalten, die sich an der Sauer niedergelassen haben: die Hotelfachschule „Lycée technique hotelier Alexis Heck“ (LTHAH), das „Lycée classique de Diekirch“ (LCD) und das „Nordstad-Lycée“. In Diekirch befindet sich außerdem seit 2000 der internationale Dachverband „European Association of Hotel and Tourism Schools“.

Kulturell hat die Stadt ebenfalls viel zu bieten. Jedes Jahr finden zum Beispiel der Armeemarsch, die Kavalkade und das Volksfest „Al Dikrich“ statt. Ferner locken das Museum der Geschichte der Brauerei, das Automobil-, das Militär-, das Bienen- und das Diekircher Geschichtsmuseum Besucher in die Stadt. Mit seinen rustikalen Cafés ist der Platz im Zentrum ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt.

Bekannt ist Diekirch aber auch wegen des Bieres mit dem selben Namen. Und wussten Sie schon, dass 1977 hier die erste Fußgängerzone des Landes eröffnet wurde?

Darüber hinaus ist Diekirch nicht nur der Distrikthauptort der Region, sondern bildet zusammen mit den Gemeinden Bettendorf, Colmar-Berg, Ettelbrück, Erpeldingen und Schieren den Kern der „Nordstad“. Diese Region gilt neben den Städten Luxemburg und Esch/Alzette als „pôle de développement“ des Landes.

Herausforderungen gibt es aus diesem Grunde genug für die Stadtverantwortlichen. Seit sechs Jahren leitet eine absolute LSAP-Mehrheit die Geschicke der Gemeinde. Bürgermeister ist der nationale Präsident der Sozialisten Claude Haagen.

Fortschritt durch absolute Mehrheit

Die LSAP ist traditionell stark in der Gemeinde. An der Macht war sie dennoch nicht immer. 1999 wurden die Sozialisten stärkste Kraft im Gemeinderat. Die Bürgermeisterin, die bekannte Anwältin Danièle Wagner, trat im Mai 2001 aus persönlichen Gründen zurück und überließ ihrem Stellvertreter Claude Haagen den Posten. Gerade mal vier Jahre saß dieser im Bürgermeistersessel. Dann kam ein Wechsel an der Spitze.

Einerseits konnten die Sozialisten ebenso wie ihr Spitzenkandidat Haagen bei den Kommunalwahlen 2005 ihr Resultat nochmals verbessern und errangen fünf Mandate – die gleiche Anzahl wie die CSV. Die LSAP konnte 38,17 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, die CSV 33,76 Prozent. „déi gréng“ kamen auf 16,27 Prozent (zwei Mandate), die DP erreichte 11,79 Prozent (ein Mandat). Claude Haagen erhielt mit 2.102 Stimmen fast 700 Stimmen mehr als der Erstgewählte der CSV und etwa 900 Stimmen mehr als der Spitzenkandidat der Grünen.

Andererseits kamen die CSV und „déi gréng“ zusammen auf sieben Mandate und bildeten eine Koalition, sodass die LSAP in die Opposition musste. Jacques Dahm (CSV) wurde damals Bürgermeister.

Wähler nehmen Parteien die Koalition übel

Die Wähler nahmen beiden Mehrheitsparteien aber ihre Ehe übel und straften sie bei den Gemeindewahlen 2011 ab. Die CSV bekam nur noch 21,63 Prozent der Stimmen und verlor zwei Mandate. „déi gréng“ schafften es sogar nicht mehr über die 10-Prozent-Hürde und zählten fortan nur noch ein Mitglied im Gemeinderat. Die DP (13,34 Prozent) wurde indes zum Gewinner mit einem zusätzlichen Gewählten.

Der strahlende Sieger des Urnengangs 2011 war aber die LSAP mit ihrem Spitzenkandidaten Claude Haagen. 53,11 Prozent gaben den Sozialisten ihre Stimme und verschafften der Partei so mit sieben Mandaten zur absoluten Mehrheit.

Haagen bekam mit 2.473 Stimmen mehr als doppelt so viele Stimmen wie sein Kontrahent von der CSV (Paul Bonert: 1.034 Stimmen). Frank Thillen von „déi gréng“ wurde mit 503 Stimmen sogar weniger häufig gewählt als die Nummer eins der DP, Jean-Luc Majerus (653 Stimmen).

LSAP konnte Programm ohne Widerstand durchsetzen

Die Folge: Die LSAP regierte alleine und konnte daher ihr Wahlprogramm ohne Widerstand durchsetzen. Die Stadt hat sich dann auch gut entwickelt. Das geben die Vertreter sämtlicher anderer Parteien auch zu. Die LSAP-Wähler von einem Wechsel zu überzeugen, ist demnach nicht leicht.

Nur an einem Punkt wird Kritik seitens der Oppositionsparteien laut: wenn es um die Rolle der Gemeinde geht. Die LSAP begrenze ihr Engagement unter anderem auf die Schaffung einer Gewerbezone auf „Fridhaff“ und beteilige sich nicht an vielen anderen Projekten, so die Verantwortlichen von CSV, „déi gréng“ und DP.

Auch bei der Frage des Erhalts der Eisenbahnlinie „Ettelbrück – Diekirch“ sei man zu passiv gewesen. Die Folge sei, dass die Region jetzt immer öfters vom Staat „vergessen“ würde.
Claude Haagen widerspricht. Solange man bei der Eisenbahnlinie keine akzeptable Alternative habe, müsse sie bestehen bleiben. Er weist auch Vorwürfe zurück, in „Nordstad“-Fragen zu passiv zu sein und erinnert in diesem Zusammenhang an die Notwendigkeit von Schnittpunkten – und das Vorhandensein der nötigen Finanzmittel.

„Never change a winning team“

Die „Nordstad“ ist auf jeden Fall ein Thema im Wahlkampf, vor allem bei „déi gréng“. Es gebe ausreichend Projekte, die kurz- und mittelfristig realisierbar seien. Aber auch das demokratische Mitspracherecht steht auf dem Programm: „déi gréng“ sprechen sich, wie die DP, für mehr Mitbestimmung der Bürger bei wichtigen Fragen aus.

In einem Punkt sind sich alle Parteien aber einig: Der Tourismus bergt großes wirtschaftliches Potenzial für die Gemeinde. Die DP spielt außerdem noch die Karte der Jugend aus. Auf der Liste findet man in diesem Jahr viele neue Gesichter. Mit einem Altersdurchschnitt von nur 36 Jahren habe man den Generationenwechsel vollzogen, über den die anderen Parteien nur reden würden.

Dementsprechend fordern die Demokraten dann auch einen Wechsel an der Spitze der Gemeinde und wollen unter anderem mit „jugendlichen Themen“ wie der Digitalisierung, Jugendpolitik und einer Verbesserung der administrativen Dienstleistungen punkten.

Viele verwirklichte Projekte

Die LSAP bleibt aber gelassen. Sie kann auf die zahlreichen verwirklichten Projekte verweisen, angefangen mit dem neuen Kinokomplex über den Wildwasserkanal und den Spielplatz neben der „Al Schwemm“ bis hin zum Ausbau der Jugend- und Freizeiteinrichtungen sowie dem Wohnungsbau. Viele dieser Projekte stießen bei der Opposition auf nur wenig bis gar keine Kritik.

Die Sozialisten wollen folglich dann auch auf dieser Linie weitermachen. Dafür benötigen sie aber eine Mehrheit im Gemeinderat. Diese sei jedoch laut Opposition „ungesund“, weil ein einziger Mann und eine einzige Partei nicht die Geschicke der Stadt leiten sollen. Sie stellen sich dann auch als Alternativen zu der LSAP dar.

Ob ihnen das gelingt, ist jedoch fraglich. Denn die LSAP stützt sich auf ihren Wahlerfolg von vor sechs Jahren an, wendet die Regel „Never change a winning team“ an und tritt mit 10 der 13 Kandidaten von 2011 an. Die CSV setzt hingegen auf neue Gesichter im Vergleich zum Wahldebakel von 2011. Idem bei den Grünen: Dort ist die Hälfte der Kandidaten neu.

Verzeihen die Wähler den Putsch?

Bleibt abzuwarten, ob der Wähler der CSV und den Grünen ihren „Putsch“ von 2005 verziehen hat und wie er ihre Oppositionsarbeit bewertet. Die Bilanz der LSAP-Mehrheit kann sich sehen lassen. Ob die Ideen und Akzente der Oppositionsparteien auf fruchtbaren Boden bei den Wählern fallen, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Was ihnen aber in die Karten spielen könnte, ist der Wunsch eines Teils der Bevölkerung nach einem Ende der Alleinherrschaft der Sozialisten. Die LSAP dürfte aber auf jeden Fall stärkste Kraft in der Gemeinde bleiben.

Um alleine weiterregieren zu können, müsste sie jedoch bei 13 Sitzen im Gemeinderat mindestens ihre aktuelle Sitzanzahl von sieben Mandaten verteidigen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es kann also sein, dass sie sich nach dem 8. Oktober nach einem Koalitionspartner umsehen muss.