TRIATHLON: Über die langen Distanzen in die Weltspitze

TRIATHLON: Über die langen Distanzen in die Weltspitze

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Spätestens seit seinem 25. Platz bei den Olympischen Spielen in Peking und seinem Ausritt auf der Radstrecke, als Dirk Bockel das TV-Interesse auch auf Luxemburg lenkte, stieß der Triathlonprofi in höhere Sphären vor. Nach diesem Rennen suchte der 33-Jährige eine neue Herausforderung auf den langen Distanzen./ Marc Biwer

Zu Beginn der Saison standen drei Ironman an, beim ersten Triathlon in Neuseeland (8. März) schaffte der Luxemburger mit Rang drei sofort einen Podiumsplatz. Es folgten Platz vier beim Ironman St. Croix (3. Mai) auf den Jungferninseln und schlussendlich der erste Sieg beim Ironman Florida (17. Mai). Dies trotz reduzierten Lauftrainings wegen einer Beinverletzung, die immer noch nicht abgeklungen ist.

Tageblatt: Hand aufs Herz, hast du dir vor deinem Wechsel auf die langen Distanzen solch gute Ergebnisse vorgestellt?
Dirk Bockel: „Ich hatte es gehofft. Von den Resultaten vom Training her wusste ich, was ich drauf habe. Dass ich aber auf Anhieb in jedem Rennen und jeder Disziplin luxemburgischen Rekord schaffen könnte, hatte ich nicht erwartet. Ein dritter und ein erster Platz bei meinen drei ersten Versuchen waren gar nicht so schlecht, oder? Wobei ich kaum Erfahrung auf den langen Distanzen aufweisen konnte, 2000 und 2004 habe ich einmal die Halbdistanz bestritten. Dass ich aber jetzt gleich beim dritten Versuch gewinnen kann und Leute hinter mir lasse, die 18-mal auf dem Podium standen, das ist unglaublich. Ich glaube, damit kann ich mich zur Weltklasse zählen. Und ich bin schon ein bisschen stolz darauf.“

„T“: Wie krass ist der Unterschied von der olympischen Distanz zum Ironman?
D.B.: „Vom Wettkampf her ist das grundverschieden. Das fängt schon bei der Ernährung an. Ein Ironman dauert rund acht Stunden. Während du über die olympische Distanz nur auf Wasserzufuhr achten musst, kommen auf der langen Strecke Powergels, -riegel usw. hinzu. Der Verlust an Kohlehydraten darf nicht zu groß werden. Außerdem geht man das Rennen im Kopf anders an, weil man auf die Reserven achten muss. Man ist ziemlich auf sich allein gestellt. Während du beim olympischen Triathlon taktisch vorgehst und dich nach der Konkurrenz richtest, beschäftigst du dich beim Ironman nur mit dir selbst. Im Kopf spielt denn auch die Dauer eine Rolle. Beim ersten Versuch war ich nach dem Schwimmen und Laufen fast schon erledigt. Und da musste ich noch einen Marathon laufen, meinen ersten Marathon.“

„T“: Und trainingsmäßig?
D.B.: „Das Training ist nicht so intensiv, vom zeitlichen Aufwand her aber mehr. Man muss sich auch im Kopf vorbereiten. Statt beispielsweise einem Wettrennen auf dem Rad ist es eher ein Einzelzeitfahren über 180 km. Im Grunde genommen sind es zwei verschiedene Sportarten. Wobei ich mir hier und dort einen Rat eingeholt habe, das meiste aber autodidaktisch ausprobierte.“

„T“: Welche Ziele hast du dir für diese Saison noch gesteckt?
D.B.: „Zu Beginn der Saison stand der Block mit den drei Ironman. Im Sommer kommen zwei Einsätze mit Buschhütten in der Bundesliga über die olympische Distanz. Am 8. August folgt in Prag die EM über die Langdistanz, eigentlich nur die zweifache olympische Distanz. Danach steht nur noch die Vorbereitung auf Hawaii im Vordergrund, mein primäres Saisonziel. Eine Top-Ten-Platzierung oder sogar ein Podiumsplatz bei diesem Ironman wäre das Höchste für mich. Hawaii ist das Mekka des Triathlons, hier wurde diese Sportart mit dem Ironman erfunden.“

„T“: Aber beim Hawaii-Ironman wird die Konkurrenz stärker ausfallen als bei deinen letzten Rennen?
D.B.: „Ich hatte mir jetzt extra Wettbewerbe ausgesucht, bei denen mindestens zwei Topleute am Start waren, wie beispielsweise Cameron Brown und Weltmeister Terenzo Bozzone in Neuseeland. Das sind die Leute, nach denen ich mich richten muss. Da diese Leute schon länger im Geschäft sind, war ich mit dem Ergebnis zufrieden und es stimmt mich optimistisch. Ich weiß aber auch, dass es eine sehr schwere Herausforderung sein wird. Auf Hawaii kommen ja auch noch die klimatischen Bedingungen mit möglichen Hitze- und Windschlachten hinzu. Der größte Gegner kann nur ich selbst sein, wie schon angesprochen.“

„T“: Vor deinem Wechsel in diese neue Aufgabe war von einem Versuch für eine Saison die Rede, bleibt es dabei?
D.B.: „Bis Ende des Jahres will ich eigentlich nicht groß in die Zukunft blicken. Ich habe eine Auszeit gebraucht und in Abstimmung mit FLTri und COSL habe ich diese neue Herausforderung gesucht. Nach Hawaii werden wir uns dann noch einmal zusammensetzen und die kommende Saison planen. Da noch keine Qualifikationskriterien für die nächste Olympiade vorliegen, kann ich in diese Richtung auch noch nicht planen. Ich weiß nicht, ob und wie es möglich sein wird. Im Juni 2010 sollen die Bedingungen bekannt gegeben werden, bis dahin kann ich auch nichts dazu sagen.“

„T“: Also bleibt London 2012 für dich ein Thema?
D.B.: „Definitiv. Peking war der größte Erfolg in meiner Karriere. Deshalb kann ich auch nicht sagen, dass Olympia mich nicht interessiert. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren Triathlonprofi und habe 1989 mein erstes Rennen bestritten. Auch deshalb war der Tapetenwechsel notwendig. Aber die Olympischen Spiele waren so eine schöne Erfahrung, die will ich nicht missen.“

„T“: Wie sehr hat sich dein Leben seit dem Olympiaauftritt verändert?
D.B.: „In Luxemburg hat sich seitdem wenig verändert. International hat das Rennen aber große Wellen geschlagen. Ich erhalte mehr Einladungen und meine Meinung wird gefragt, insbesondere in Amerika häufen sich die Interviewanfragen. Nach den letzten Ergebnissen ist das Interesse noch gestiegen. Bei einer Fahrrad-Ausstellung in Las Vegas wurden beispielsweise nur drei Sportler von cycling.tv zu einem Interview gebeten, Mark Cavendish, George Hincapie und ich. Gleichzeitig wird auch Luxemburg in diesen Ländern bekannter. Ich sehe mich auch ein bisschen als Botschafter für das Großherzogtum. Deshalb trage ich auch überall die luxemburgische Flagge und den ‚Roude Léiw‘ mit mir rum. Schade nur, dass meine letzten Ergebnisse kaum registriert wurden.“

„T“: Erfährst du genug Unterstützung?
D.B.: Da wird jeder Elitesportler gleich behandelt. Mir steht ein gewisses finanzielles Budget zur Verfügung und damit muss ich haushalten. Da ich den Sport aber so professionell wie möglich ausüben will, muss ich zusätzlich viele Sponsorengelder auftreiben. Die vielen Wettkämpfe rund um den Globus verschlingen Geld. Zumal ich auch auf meinen eigenen Trainer zurückgreifen muss. Das Management erledigt zum Glück meine Ehefrau, und das sehr gut. Seit ich auf eigenen Füßen stehe, ist es mit der Leistung vorangegangen. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen.“