Gegenpressing, die EM-Kolumne„Slava Lukaku“

Gegenpressing, die EM-Kolumne / „Slava Lukaku“
Schönes Trikot haben sie da, die Jungs von Ex-Topspieler Andrej Schewtschenko (Mitte) Foto: AFP/Olaf Kraak

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„Slava Ukraini!“, hallt es durch die engen Katakomben. Ein uniformierter Mann packt ein paar Gläser aus und serviert Wodka. Wer in der westukrainischen Stadt Lwiw in diese Kellerbar will, muss erst einmal einen patriotischen Salut wiederholen und das Nationalgesöff runterschütten.

Lwiw ist die wohl luxemburgischste Stadt jenseits der Donau. Immerhin haben dort mit Marvin Martins, Tim Hall und Enes Mahmutovic bereits drei Nationalspieler ihr Brot verdient. Wer in Lwiw versucht, mit seinen paar Brocken Russisch, die er im Collège Pouchkine erworben hat, durchzukommen, kann sich eigentlich sofort wieder nach Hause begeben.

„Slava Ukraini! Heroiam slava!“ – stand auch vor dem Beginn der Europameisterschaft auf den Trikots der ukranischen Nationalmannschaft, heißt übersetzt so viel wie „Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden“ und gehört in der ehemaligen Sowjet-Republik mittlerweile zum guten Ton.

Und damit ist dann auch die Politik bei der diesjährigen Europameisterschaft angekommen. Die UEFA verbot den Aufdruck „Ruhm den Helden“, weil er zu „militaristisch und politisch“ sei und wollte damit auch einen überbordenden russischen Chauvinismus verhindern.

Ganz verhindert werden konnte eine Reaktion aus dem Riesenreich jedoch nicht, denn das ukrainische Trikot hat ein weiteres Merkmal: eine große Landkarte mit der von Russland annektierten Krim. Da die Vereinten Nationen die territorialen Grenzen genau so festlegen und sich die UEFA darauf bezog, musste der russische Bär seine erste Niederlage bei dieser EM einstecken. Und das noch bevor am Samstag die rote belgische Armee über die „Sbornaja“ rollte. „Slava Lukaku“ haben sich danach wohl einige gedacht.

Großturniere wie die Europameisterschaft bleiben eine politische, populistische Bühne – davon profitieren nicht zuletzt diesjährige Gastgeber wie der ungarische Präsident Viktor Orban oder der aserbaidschanische Diktator Ilham Alijew.

Die UEFA und die FIFA versuchen, sich dagegen zu wehren und alles Politische aus den Stadien zu verbannen – allerdings sind die Grenzen bei diesem Vorhaben oft sehr schwer zu definieren.

Besonders aufpassen müssen demnächst vielleicht sogar die Franzosen, die Italiener oder die Portugiesen. In ihren Nationalhymnen geht es um Waffen, Blut, Krieg und Tod.  Es wäre also nicht verwunderlich, wenn in Zukunft David Guetta, Eros Ramazzotti oder Salvador Sobral eine neu komponierte Hymne schmettern würden.